M. Rothkopf-Ischebeck zur "lmpfmüdigkeit" in Deutschland Ein Begriff der in die Irre führt? |
Journal/Book: Münch. med. Wschr. 141 (1999) Nr. 3 S. 24/14. 1999;
Abstract: Dr. med. Margret Rothkopf-Ischebeck Chiron Behring GmbH Höchster Str. 70 D-65835 Liederbach. Es gibt Begriffe die zwar einen Mißstand beschreiben aber nichts zur Analyse seines Zustandekommens aussagen und erst recht nicht zur Behebung dieses Mißstands beitragen. Richtig ist daß - von den Kindern abgesehen - vor allem bei der erwachsenen Bevölkerung erhebliche Impflücken zu beklagen sind; falsch ist es jedoch in diesem Zusammenhang von "lmpfmüdigkeit" zu sprechen. Dies würde voraussetzen daß die Impfwilligkeit auf seiten der Bevölkerung und die Impftätigkeit auf seiten der Ärzte in den vergangenen Jahren nachgelassen hätte. Dies trifft so pauschal nicht zu. Zu berücksichtigen ist nämlich daß sich die Impfsituation in Deutschland gegenüber früheren Jahrzehnten stark geändert hat: Demographische Verschiebungen hin zu älteren Menschen Massentourismus hohe Durchimpfungsraten bei Kindern und neue oder verbesserte Impfstoffe zwingen zu einer differenzierteren Betrachtung. Dem dichten Netz der Routine-Untersuchungen im Kindesalter stehen fehlende Impfanlässe bei Erwachsenen mangelndes Wissen bezüglich Wirksamkeit Verträglichkeit und Notwendigkeit von Impfungen Illusionen über die Behandelbarkeit von Infektions- Nur knapp 40% der Ärzte sprechen ihre Patienten direkt auf Impfungen an. krankheiten und vor allem Vergeßlichkeit gegenüber. Hieraus setzt sich die sog. Impfmüdigkeit der Bevölkerung zusammen. Die Erwartungshaltung der Bevölkerung über Impfungen aufgeklärt zu werden und Impfungen zu erhalten richtet sich hauptsächlich an den Arzt der seine Rolle allerdings bisher noch unzureichend wahrgenommen hat: Nur knapp 40% der Ärzte (Pädiater ausgenommen) sprechen laut einer kürzlich durchgeführten Studie ihre Patienten direkt auf Impfungen an. Folgende Impfhindernisse wurden von den Ärzten angeführt: Länderweise unterschiedlich umgesetzte STIKO-Empfehlungen bis auf einzelne KV-Bezirke heruntergebrochene unterschiedliche Abrechnungsmodi und Impfziffern Budgetierung Fallzahlbegrenzung Mißverhältnis zwischen zeitaufwendiger Impfaufklärung und Vergütung juristische Aspekte um nur das Wichtigste zu nennen. Auch das Fehlen einer soliden Impfausbildung während des Medizinstudiums wurde beklagt. Dies muß angegangen werden um dem Impfmißstand in Deutschland beizukommen. In diesem Sinne stellt die Aufstellung eines 10-Punkte-Planes zur Verbesserung der Durchimpfungsraten in Deutschland von seiten des Robert-Koch-Institutes (publiziert in Epidem. Bulletin 28/1998) einen echten Fortschritt dar. ___MH
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