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November 2024

Mechanische Gewebseigenschaften bei der Fibromyalgie - Konsequenzen für die Therapie

Journal/Book: DRV-Schriften Band 11/98 Seite 371-372 Interdisziplinarität und Vernetzung 7. Rehabilitationswissenschaftliches Kolloquium vom 10. bis 12. März 1997 in Hamburg Tagungsband. 1998;

Abstract: Orthopädische Rehabilitations-Abteilung der Rheumaklinik Bad Bramstedt Entsprechend klinischer Beobachtung existiert eine Verbindung der Fibromyalgie mit Gewebsschwäche und postmenopausaler Gewebsinvolution. Dies veranlaßte uns nach konstitutionellen Gewebscharakteristika bei Patienten mit Fibromyalgie zu fahnden. Zielsetzung war das mechanische Verhalten des Gewebes von Patienten mit Fibromyalgie mit demjenigen Gesunder zu vergleichen. Vermutet wurde eine Gewebsschwäche als disponierender Faktor für die Entstehung schmerzhafter Mikroläsionen: Einschlußkriterien für die Fibromyalgiegruppe waren schmerzhafte Punkte entsprechend der ACR-90-Kriterien. Untersucht wurden 55 Patientinnen im Alter von 38 +/- 6 99 Jahren. Einschlußkriterien für die Kontrollpersonen waren weibliches Geschlecht und Rechtshändigkeit. Ausgeschlossen wurden Patientinnen mit systemischen Gelenkerkrankungen. Untersucht wurden 55 Kontrollpersonen im Alter von 41 +/- 8 61 Jahren. Verwendet wurde ein computergesteuertes Finger-Hyperextensometer. Dieses erlaubte die Messung viskoelastischer Eigenschaften der Kapsel und Bänder am Metacarpophalangealgelenk. Das Finger-Hyperextensometer besteht aus einer Armauflagfläche und einer schwenkbaren Schiene für den zweiten Finger. Das MCP-Gelenk wird damit überstreckt. Der Auflagedruck des Fingers auf der Schiene und der Überstreckungswinkel wird kontinuierlich bestimmt. Die Fingerbewegung wird durch einen Computer gesteuert die Werte werden aufgezeichnet. 20 Hyperextensionszyklen des MCP-Gelenkes wurden computergesteuert durchgeführt. Geschwindigkeit: 7 5 sek/90 °; maximales Drehmoment 45 N cm. Nach einer fünfminütigen Pause wurden erneut 10 Überstreckungszyklen ausgeführt. Das MCP II-Gelenk zeigte bei der Fibromyalgie-Gruppe einen erhöhten maximalen Überstreckungswinkel (p<0.01) ein vermindertes relatives Integral der Kraft/Winkel- Regressionskurve (p<0 001) und eine verminderte Gewebe-Erholung innerhalb einer fünfminütigen Pause (p<0 001). Aus biomechanischer Sicht ist damit das Gewebe der Fibromyalgie-Patienten dehnbarer das heißt weniger steif. Unter Belastung können die Sehnen stärker verformt werden und sind vulnerabler. Unter übermäßiger Verformung neigen die Sehnenansätze eher zu Mikrorupturen. Eine zweite Belastung innerhalb einer kurzen Zeit trifft auf bereits gedehnte Sehnenfasern auf Grund der länger andauernden Gewebserholungszeit. Maximale Verformungswerte und die Ausschöpfung des Energie-Absorptionspotentials werden rascher erreicht. Bei isolierten Sehnenansatzerkrankungen konnten Mikrorupturen der Kollagenfasern nekrotische Areale und Ödeme gefunden werden. Es erscheint möglich daß auch bei der Fibromyalgie Mikrorupturen die Ursache der Schmerzen sind. Verschiedene Wege dürften eine Gewebsschwäche bei der Fibromyalgie verursachen. In Frage kommen perimenopausale hormonelle Dysregulationen Schilddrüsenstoffwechselstörungen Corticosteroidapplikationen entzündliche und autoimmunologische Erkrankungen und jeder konsumierende Prozeß. In Analogie zur isolierten Insertionstendopathie kann ein generalisiertes Mißverhältnis von Belastung und Belastbarkeit postuliert werden. Chronisch erhöhte Belastung verursacht bei physischer Aktivität und Haltungsinsuffizienz fördert die Entstehung von Mikrorupturen im geschwächten Gewebe. Die verzögerte Formrückgewinnung nach Belastung korrespondiert mit der Unfähigkeit der Fibromyalgie-Patienten für repetitive Tätigkeiten. Therapeutische Konsequenz Bennett (1993) beschrieb die verminderte aerobe Leistungsfähigkeit bei der Fibromyalgie. Unsere Ergebnisse ergänzen diese Untersuchungen mit dem Nachweis einer verminderten Qualität des Gewebes. Unabhängig von der noch unklaren Ätiologie der Fibromyalgie kann damit die physische Dekonditionierung als essentielles Charakteristikum gelten. Für die Rehabilitation folgert daraus die Erfordernis einer systematischen Steigerung der physischen Leistungsfähigkeit. Dies geschieht anbetrachts des hohen Irritationspotentials des Gewebes sinnvollerweise in Kombination mit einer geeigneten Balneotherapie. ___MH


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