Was bringt die Behandlung? Teil I: Interpretation von Studien über Therapieverfahren |
Journal/Book: Münch. med. Wschr. 140 (1998) Nr.1/2 S. 39-42. 1998;
Abstract: Prof. Dr. med. F. Porzsolt J. Sigle (AiP); AG Klinische Ökonomik Klinikum der Universität Ulm. Bei der sog. Evidenz-basierten Medizin (EBM) geht es nicht um "Kochbuchmedizin". Sie will ärztliche Entscheidungen keineswegs ersetzen sondern ergänzen und fundieren d.h. auf wissenschaftliche Erkenntnisse (Evidenz) stützen. Diese von M. Perleth Hannover und G. Antes Freiburg koordinierte Seminarserie stellt erstmals in Deutschland das Konzept der EBM in seiner Vielfalt und seinen Anwendungsmöglichkeiten vor. Kriterien um die Aussagekraft von Therapiestudien zu beurteilen erläutert der folgende Beitrag. Jeder erfahrene Praktiker weiß um die Schwierigkeiten nach Abschluß der Diagnostik die im individuellen Fall optimale Therapie zu wählen. Denn für diese Entscheidung sind die Vorgeschichte des Patienten seine Begleiterkrankungen und derzeitigen Therapien seine persönlichen Präferenzen und sein soziales Umfeld um nur einige Aspekte zu nennen ebenso zu berücksichtigen wie neue medizinische Erkenntnisse. Seit einigen Jahren haben ökonomische Aspekte d.h. der Vergleich von Kosten und Konsequenzen alternativer Handlungsmöglichkeiten [9] diese Liste erweitert. Unter "Kosten ´ sind hier die "in Kauf zu nehmenden" Risiken und Belastungen der Behandlung ebenso wie die finanzielle Last der Solidargemeinschaft zu verstehen. Die Konsequenzen beziehen sich auf den Nutzen des Patienten und die Vorteile der Solidargemeinschaft die aus der Therapie resultieren. Therapieentscheidungen sind in der täglichen Praxis aus drei Gründen schwierig: - Zunächst ist die klinische Relevanz wissenschaftlicher Behandlungsergebnisse (externe Evidenz) mit der Erfahrung des Arztes und der Kenntnis individueller Faktoren des Patienten (persönliche oder "interne" Evidenz) zu verbinden. Dazu ist es erforderlich Kosten und Konsequenzen alternativer Handlungsmöglichkeiten möglichst exakt zu benennen. Ihre Bewertung und Integration werden durch Evidence-Based Medicine unterstützt [22]. - Die zweite Schwierigkeit entsteht aus dem Zeitdruck der täglichen Praxis: Wenn externe Evidenz neben der Routinearbeit gesucht gefunden und bewertet werden soll müssen diese Schritte rasch zu erledigen sein. - Die dritte Schwierigkeit entsteht aus der notwendigen Unterscheidung ob eine Therapie zur Linderung eines bestehenden oder zum Abwenden eines drohenden Problems durchgeführt werden soll: Während bei Linderung bestehender Probleme der Zusammenhang zwischen Intervention und Ergebnis meist offensichtlich ist wird beim Abwenden drohender Probleme die Beurteilung erheblich aufwendiger weil oft nicht bekannt ist ob das Problem ohne Intervention tatsächlich aufgetreten wäre. (Um beispielsweise bei "Knochenmetastasen in der Wirbelsäule" das bestehende Problem "Schmerzen" zu lindern wird Chemo- oder Schmerztherapie verordnet; der Erfolg kann dann leicht überprüft werden. ... ___MH
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