Praktische Onkologie H. Pichlmaier zum Thema Palliativmedizin Ganzheitsmedizin in einem rationalen Sinn |
Journal/Book: Münch. med. Wschr. 140 (1998) Nr. 43 S. 23. 1998;
Abstract: Prof. Dr. Dr. H. Pichlmaier Lindenallee 5a D-50968 Köln Im Gegensatz zu kurativer Medizin befaßt sich palliative Medizin mit Krankheiten für die es keine Heilung mehr gibt. Dabei ist das vorrangige Behandlungsziel nicht die Lebensverlängerung sondern die Verbesserung der Lebensqualität. Vor allem sind es Krebskranke die der palliativen Behandlung bedürfen da noch immer ungefähr die Hälfte dieser Patienten nicht geheilt werden kann ihre Zahl nach WHO-Schätzungen in den kommenden 15 Jahren nochmals um ca. 50% zunehmen wird und ihr Anteil an den Todesursachen in den Industrienationen an zweiter Stelle steht. Es ist offensichtlich daß hier ein großes sozial-medizinisches Problemfeld liegt. Aufgabe der Palliativmedizin (PM) ist es Krankheitssymptome zu beseitigen oder zu lindern die sozialen und familiären Bedingungen der Kranken zu verbessern die betroffenen Familien mitzubetreuen. In diesem Sinn ist PM Ganzheitsmedizin in einem rationalen Sinn: Die verschiedenen medizinischen Fachrichtungen die einzelnen Behandlergruppen - Ärzte Pflegende Krankengymnasten Sozialarbeiter Psychologen Geistliche Familienangehörige und andere - und die unterschiedlichen Institutionen wirken in der PM zusammen. Es überrascht nicht daß bei einer so breiten Basis auch die Definition PM strittig ist. Während auf der einen Seite der unheilbar Kranke auch wenn er durch seine Krankheit noch wenig beeinträchtigt ist bereits als Palliativpatient angesehen wird wird auf der anderen Seite der Palliativpatient als derjenige definiert der nur noch Tage oder wenige Wochen zu leben hat. Der Hospizgedanke wendet sich in erster Linie dieser letztgenannten Patientengruppe zu. PM greift weiter. Sie definiert sich aus der Krankheitssymptomatik und der Tatsache daß Heilung nicht mehr das Ziel ist. Daraus ergibt sich die Konsequenz daß zahlreiche Fächer deren primäres Verständnis die kurative Medizin ist sich an der PM beteiligen müssen. Das betrifft beispielsweise die operative Medizin die Strahlenheilkunde sogar die Onkologie und andere. Rehabilitative Maßnahmen spielen eine erhebliche Rolle. So überrascht es nicht daß PM auch zu Methoden greift die ursprünglich der kurativen Medizin entstammen. Allerdings muß wer diese Verfahren anwendet sich der geänderten Zielsetzung bewußt sein. Das hat Auswirkungen auf den Umgang mit dem Kranken der langfristig angelegt ist auf die Gesprächsführung einschließlich Aufklärung und Wahrheitsübermittlung auf tragende psychologische Elemente wie die stabile Weitergabe von Zuversicht und Hoffnung auch wenn die Grenzen spürbar werden auf das Versprechen von Hilfe wenn die Lage sich erkennbar verschlechtert und vieles mehr. PM stellt hohe Anforderungen an die Beständigkeit die Führungskraft und die innere Stabilität des Behandlers und der Behandlergruppen. Mehr als in der kurativen Medizin bedürfen auch diejenigen die PM ausüben der Hilfe. ... ___MH
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