Effektivitätsüberprüfung von Rückenschulen mit einer mehrdimensionalen Funktionsanalyse der Wirbelsäule |
Journal/Book: DRV-Schriften Band 11/98 Seite 356-357 Interdisziplinarität und Vernetzung 7. Rehabilitationswissenschaftliches Kolloquium vom 10. bis 12. März 1997 in Hamburg Tagungsband. 1998;
Abstract: Johann Wolfgang Goethe-Universität Frankfurt Institut für Sportwissenschaften Abt. Sportmedizin Frankfurt Im Bereich der Prävention und Rehabilitation von Rückenerkrankungen haben gesundheitsorientierte Bewegungsangebote in den letzten Jahren zunehmend Anwendung gefunden. Aus einzelnen Untersuchungen sind Zusammenhänge zwischen den Umgebungsbedingungen am Arbeitsplatz (z.B. Häufigkeit von Haltungsveränderungen) dem individuellen Lebensstil der körperlichen Konstitution (Muskelkraft Anthropometrie Geschlecht Alter etc.) und dem Auftreten von Rückenerkrankungen bekannt (King Lee 1988). Di Fabio (1995) ermittelte im Rahmen einer Metaanalyse der Wirksamkeit von Rückenschulangeboten allerdings nur schwache Effekte (mittlere Effektgröße d=0.28 (nach Cohen)) die vornehmlich in den Bereichen der Verbesserung von Muskelkraft und der Vermittlung von kognitiven Inhalten auftraten. Bei der Literaturanalyse zum Thema Rückenschule fällt auf daß nur selten funktionelle Veränderungen des Bewegungspapparates erfaßt wurden. Meist wurden Daten zur Veränderung des Verhaltens und des subjektiven Schmerzempfindens erhoben. Zielsetzung der vorliegenden Untersuchung war die Ermittlung von Veränderungen funktioneller Parameter nach der Durchführung eines Rückenschulprogramms mit Hilfe eines mehrdimensionalen Testverfahrens (BackPainMonitor). Die Durchführung der Untersuchung erfolgte mit Unterstützung der Techniker Krankenkasse (Landesvertretung Hessen). Methodik 75 Teilnehmer (n=37 47.4±11.4 Jahre; n=48 41.2±13.2 Jahre) von Rückenschulkursen nahmen an der Untersuchung teil. Zur Erfassung von Veränderungen wurde ein mehrdimensionales Testverfahren zur Beurteilung der Rückenfunktion verwendet mit dem unter standardisierten Bedingungen die Haltung und Beweglichkeit von Wirbelsäule und Extremitäten der Muskelfunktionsstatus in Bezug auf Dehnfähigkeit und Kraftausdauer sowie subjektive Parameter (Schmerz Alltagsbelastungen etc.) ermittelt werden können. Die Reliabilität des Testverfahrens wurde im Vorfeld durch eigene Untersuchungen geprüft (Pfeifer et al. 1996). Vor Beginn der Intervention wurde der Ausgangsstatus ermittelt direkt im Anschluß an das Rückenschulprogramm erfolgte der Retest und nach weiteren 6 Monaten ein Follow-Up. An der Zweituntersuchung nahmen noch 56 und am Follow-Up noch 32 Probanden teil. Die statistische Prüfung der Daten erfolgte mit einer Varianzanalyse für Meßwiederholungen. Ergebnisse Die Kraftausdauer der Bauch- und Rückenmuskulatur verbesserte sich über die drei Meßtermine um 21.9% (p < .05) bzw. 12% (n.s). Die Dehnfähigkeit des M. iliopsoas und der ischiocruralen Muskulatur verbesserte sich um 118% bzw. 11.5% (p<.01). Der Sacrumwinkel im Stand verringerte sich um 3.4 (p<.01) und die Rotationsbeweglichkeit der HWS nahm um 4.67 zu (p<.01). 65% der Teilnehmer berichteten von einer Verbesserungen der Beschwerdesituation. Diskussion Die Veränderungen der funktionellen Parameter zeigen daß neben Verbesserungen der muskulären Parameter auch Haltung und Beweglichkeit der Wirbelsäule durch eine verhaltensorientierte Rückenschulintervention beeinflußbar sind. Das verwendete Testverfahren erscheint als sinnvolles Instrumentarium zur Effektivitätsüberprüfung und Steuerung von gesundheitsorientierten Interventionen. Insgesamt bietet sich hier eine Möglichkeit die multifaktoriellen Einflüsse bei der Entstehung von Rückenerkrankungen (Riihimäki 1991) im individuellen Fall zu berücksichtigen und in die Planung von präventiven und rehabilitativen Maßnahmen einzubinden. ___MH
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