Appell aus dem Elfenbeinturm Verantwortung für den medizinischen Nachwuchs |
Journal/Book: Münch. med. Wschr. 140 (1998) Nr. 18 S. 20-21. 1998;
Abstract: In seiner Eröffnungsrede beklagte der diesjährige Präsident des Kongresses der Deutschen Gesellschaft für Innere Medizin P. von Wichert Marburg Mangel an Verantwortung der Politik für den medizinischen Nachwuchs und fordert die Festlegung der Zahl von Studienanfängern den Universitäten selbst zu überlassen. H.S. Füeßl berichtet. Klagen und Mahnungen haben in Eröffnungsreden von Ärztefunktionären eine gute Tradition. In den letzten Jahren hat sich aber die Qualität der Klagen eindeutig geändert. Klagte man früher "auf hohem Niveau" vorwiegend in der Sorge die ansehnlichen Errungenschaften zu verlieren so machen sich heute wirkliche Frustration und Verwirrung tatsächliche Hoffnungslosigkeit Verbitterung und Resignation breit. Eine Untersuchung von Jurkat et al. zeigt vielleicht am besten wie schlecht die Stimmung in der Ärzteschaft ist: Nur 35% der Internisten würden wenn sie diese Entscheidung noch einmal zu treffen hätten wieder den Arztberuf wählen. Noch bemerkenswerter erscheint daß nur 8% der Internisten ihren Kindern heute zum Arztberuf raten würden. Die miserable emotionale Situation des Ärztestandes ist aber bei weitem kein hausinternes Problem einer relativ kleinen aber doch einflußreichen Berufsgruppe. Ein verzweifelter Verteilungskampf der Ärzte untereinander hat sicher auch negative Auswirkungen auf die Versorgung der Bevölkerung und den Zustand der Gesellschaft insgesamt. Der Lauf im Hamsterrad ist auf längere Zeit hinweg nicht durchzuhalten und mündet in eine Haltung die Karl Adam als die "wütende Resignation der Leistungsträger" benannt hat. Die Geister die ich rief ... Bezogen auf die Bevölkerung beginnen in der Bundesrepublik Deutschland fast dreimal so viele Studenten ein Medizinstudium wie in den USA Großbritannien oder den Niederlanden. Obwohl seit mindestens fünf Jahren klar sein muß daß ein guter Teil dieser jungen Ärzte nie in ihrem Beruf wird tätig sein können gelang es bislang nicht von den hohen Studentenzahlen herunterzukommen. Lediglich die Zahl der Bewerber um einen Studienplatz ging deutlich zurück. Von Wiehert wies auf das Konzept einer Kommission des medizinischen Fakultätentages hin das nicht nur die Ausbildung zum Arzt praxisnäher gestalten wollte sondern vor allem auch auf eine Änderung der Kapazitätsverordnung abzielte. Durch die Aufsplitterung der Kompetenzen zwischen Bund und Ländern war es bis heute nicht möglich diesen Ausbildungsentwurf zu realisieren. Das deutsche Prinzip der zentralen Vergabe von Studienplätzen und die Kapazitätsverordnung rufen bei Kollegen in anderen Ländern bestenfalls Mitleid meist aber nur Unverständnis oder Hohn hervor. ... ___MH
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