Interdisziplinäre interaktive und indikationsbezogene Aspekte bei psychoonkologischen Gruppentherapien |
Journal/Book: DRV-Schriften Band 11/98 Seite 49-51 Interdisziplinarität und Vernetzung 7. Rehabilitationswissenschaftliches Kolloquium vom 10. bis 12 März 1997 in Hamburg Tagungsband. 1998;
Abstract: Klinik Bavaria Kreischa Fragestellung Psychoedukative Gruppentherapien gewinnen zunehmend an Bedeutung. Ihre Ziele Informationsvermittlung Stärkung von Eigeninitiative Erhöhung von Selbstverantwortung sowie Kompetenzverbesserung im Umgang mit der chronischen Erkrankung entsprechen modernen Rehabilitationszielen. Bezogen auf das Indikationsspektrum einer onkologischen Klinik lautet die Fragestellung: Wie differenziert lassen sich die Ergebnisse der Psychoedukation in Gruppen (Fiedler 1995) auf die Bewältigungserfordernisse von Patienten mit gynäkologischen Erkrankungen inkl. Mammakarzinom sowie colorektalen Karzinomerkrankungen übertragen? Methode Das Gesundheitstraining ist als Basisverfahren an Rehabilitationskliniken etabliert. Eine interdisziplinäre Form wurde von uns für onkologische Patienten entwickelt. In Fortsetzung dieses fünfstündigen Informations- und Kommunikationsangebotes entwickelten wir drei indikationsbezogene psychoonkologische Gruppentherapien. Methodische Kriterien dafür bildeten Interdisziplinarität (Arzt Diplompsychologin Ergo- und Physiotherapeutin) Interaktivität (Kommunikationsorientierung statt Leiterzentrierung soziales Lernen statt Wissenseinprägen Gruppengespräche statt Frontalinformation) und Indikativität (entsprechend der drei Tumorgruppen). In Form von Qualitätszirkeln werden die drei Gruppentherapiekonzepte via Brainstorming unter psychologischer Moderation weiterentwickelt. Ergebnisse Die Patientengruppen "Lymphödem" (nach Mamma-Karzinom) und "Stoma" (nach colorektalen Tumoren) folgen in ihrem Ablauf der psychoedukativen Gruppenprozeßentwicklung: (1) Kennenlernen und Vorstellen (2) Informationsvermittlung und praktische Übungen (3) Erfahrungsaustausch sowie (4) Selbsthilfeentwicklung. Durch die in allen Gruppenstunden teilnehmende Psychologin wird eine offene Atmosphäre garantiert (Beziehungsebene in der Gruppe) der Übergang der einzelnen medizinischen und therapeutischen Themen ermöglicht (Brückenfunktion bei Patienten und Personal) sowie ein ausreichender Informationsaustausch gewährleistet (Sachebene in der Gruppe). In den Feedbackbefunden sind 80-90% der Teilnehmer mit dieser Betreuungsform zufrieden. Die "Kreativgruppe" findet ihren Inhalt in der weiblichen Identitätsthematik bei Patientinnen mit gynäkologischen Karzinomerkrankungen. Dieser wird durch kreative Materialbearbeitung und verbalen Erfahrungsaustausch symbolisiert und reflektiert. Die Gruppenergebnisse zeigen im Durchschnitt bei mehr als 75% der Teilnehmerinnen Veränderungsbefunde. Rehabilitationswissenschaftliches Fazit 1. Die indikationsbezogene Kleingruppenarbeit in der Onkologie wird von den Patienten sehr gut angenommen. 2. Die interdisziplinäre Informationsvermittlung und der psychologisch moderierte Erfahrungsaustausch schaffen für Patienten im Gruppenprozeß eine erkrankungsbezogene Lebenswirklichkeit die sie in dieser Komplexität bisher in der medizinischen Betreuung nicht kennenlernten. Für das Personal wird damit eine Umorientierung ausgelöst die langfristig zur Verwirklichung einer patientenorientierten Betreuung führen kann. 3. Je interaktiver das Gruppenklima ist und je mehr Vertrauen sich unter den Teilnehmern entwickelt desto stärker wird die Motivation zur Verarbeitung erkrankungsbedingter Defizite angeregt und die Wahrnehmung von eigenen Bewältigungsressourcen ermöglicht. 4. Ausgehend von den dargestellten Erfahrungen ist eine Erweiterung der psychoonkologischen Gruppentherapie sinnvoll. In unserer onkologischen Abteilung denken wir an die Indikationen; wie Tracheostoma nach Laryngektomie und KMT-Nachsorge. ___MH
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