Behandlungspflicht beim Früh-und Neugeborenen aus juristischer Sicht |
Journal/Book: Z. ärztl. Fortbild. 87 (1993/Heft 10-11) 875-881. 1993;
Abstract: Prof. Dr. Dr. Klaus Ulsenheimer Rechtsanwalt München I. Einleitung: Der enorme wissenschaftliche und technische Fortschritt der modernen Hochleistungsmedizin in den letzten 20 Jahren hat die ärztlichen Behandlungsmöglichkeiten die Effizienz der medizinischen Praxis in atemberaubender manchmal fast beängstigender Weise gesteigert. Hochspezialisierte Ärzteteams können mit Hilfe hochkomplizierter Geräte Leben erhalten oder verlängern das in früheren Zeiten überhaupt nicht geboren oder unmittelbar nach der Geburt gestorben wäre . Damit haben die verantwortlichen Ärzte Macht über Leben und Tod in einem bisher nie gekannten Ausmaß erlangt das die alte immer wieder diskutierte Grundsatzfrage nach den Grenzen ärztlicher Behandlungspflicht am Anfang des Lebens neu und in besonders akzentuierter Weise stellt: Muß aus rechtlicher Sicht alles medizinisch Mögliche zur Lebenserhaltung oder -verlängerung auch im Falle einer schweren Schädigung des Früh- oder Neugeborenen bzw. bei mangelnder Überlebensfähigkeit infolge hochgradiger Unreife eingesetzt werden oder darf der Arzt unter gewissen näher zu bestimmenden Umständen ausnahmsweise auf die Vornahme derartiger Maßnahmen verzichten? II. Rechtliche Grundlagen 1. Eine spezialgesetzliche Regelung dieses Fragenkreises gibt es in der Bundesrepublik nicht. Maßgebend sind insoweit daher die allgemeinen Normen des Grundgesetzes des Strafrechts und des ärztlichen Standesrechts. Gem. Art. 2 Abs. 2 Satz 1 GG hat jeder das Recht auf Leben und körperliche Unversehrtheit. Nach den §§ 211 bis 222 StGB besteht vom Zeitpunkt der Geburt des Menschen an ein grundsätzlich uneingeschränktes Tötungsverbot während vor der Geburt der Lebensschutz im Rahmen des § 218a StGB durchbrochen ist. Wichtig sind in diesem Zusammenhang ferner die Tatbestände die die körperliche Unversehrtheit und Gesundheit des Menschen schützen (§§ 223 ff. StGB) sowie das an jedermann gerichtete Gebot die erforderliche und ihm zumutbare Hilfe in Unglücksfällen zu leisten (§ 323c StGB). ... Stö_
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