Phytotherapie heute - die junge Wissenschaft unabdingbarer Bestandteil der Kneipptherapie |
Journal/Book: H u K 38 9/86 274. 1986;
Abstract: Dr. med. Otto Schumacher-Wandersleb 1. Vorsitzender der Ärztlichen Gesellschaft für Physiotherapie - Kneippärztebund e. V. - Bad Münstereifel Die Behandlung mit pflanzlichen Arzneimitteln ist unumstritten eine der ältesten Therapieformen. Als Kräuterheilkunde spielte sie über Jahrtausende (und besonders auch bei Kneipp) in allen Regionen der Erde eine wichtige Rolle in der Medizin zweifelsohne als Erfahrungsheilkunde oft in Verbindung mit mystischen Vorstellungen. Genaue Wirkungsweise wie auch exakte Dosierung waren weitgehend unbekannt. Als gegen Ende des vorigen Jahrhunderts die naturwissenschaftliche Medizin ihren Siegeszug antrat da war für Naturheilverfahren und damit auch für die Pflanzenheilkunde - nur noch wenig Platz in der "neuen" Medizina. Die pflanzlichen Heilmittel entsprachen nicht immer den strengen naturwissenschaftlichen Kriterien; Empirie allein genügte nicht mehr. Zudem trugen die neue chemotherapeutischen Präparate entscheidend zu den großen Erfolgen der naturwissenschaftlichen Medizin bei. Durch den enormen Aufschwung der Chemie in Verbindung mit den Erfolgen der Medizin und dem dadurch bedingten Panoramawechsel der Krankheiten in den letzten Jahrzehnten kam es zu einer Renaissance der Pflanzenheilkunde: moderne chemische Verfahren (Phytochemie) ermöglichten die wissenschaftliche Klärung der Wirkstoffe bzw. der Wirkstoffkomplexe von Arzneipflanzen ließen die standardisierte aber gleichbleibende Fertigung solcher Pflanzenheilmittel und damit deren exakte individuelle Dosierung zu. Vor allem konnten mehr und mehr wissenschaftliche Beweise für die Wirksamkeit also die Indikation solcher Präparate erbracht werden wie dies ja auch das deutsche Arzneimittelrecht fordert - zweifelsohne auch im Hinblick auf Unbedenklichkeit bzw. Nebenwirkungen. So hat sich in letzter Zeit die Phytotherapie als eigene Wissenschaft etabliert und gewinnt immer größere Bedeutung und auch Anerkennung. In dieses Gebiet der Phytotherapie gehört nun - streng genommen - die Behandlung mit allen pflanzlichen Heilmitteln angefangen von den stark wirksamen Präparaten (mit meist isolierten Reinsubstanzen wie z. B. Digitoxin oder Atropin) über die mittelstarken Präparate zur großen Gruppe der mild wirkenden pflanzlichen Arzneimittel. Fälschlich werden leider oft nur die letzten als Phytotherapeutica angesprochen diese dann oft ob ihrer milden Wirkung abgewertet oder gar mehr oder weniger als unwirksam hingestellt. Gerade aber in dieser milden Wirkung liegt eine besondere Bedeutung in ihrer Anwendung sei es bei Befindlichkeitsstörungen oder ganz leichten Erkrankungen sei es bei chronischen Erkrankungen oder funktionellen Störungen bei denen ja meist eine langfristige Behandlung nötig ist. Die wesentlich geringere bzw. gar nicht bestehende Toxizität dieser milden phytotherapeutischen Mittel ist eben ein entscheidender Vorteil erklärt wohl auch ihre steigende Beliebtheit in der Bevölkerung. Damit soll jedoch keinesfalls behauptet werden daß pflanzliche Arzneimittel von vornherein ohne Nebenwirkung sind. Nicht unerwähnt bleiben soll aber auch daß pflanzliche Arzneimittel kostenmäßig günstig sind also einen echten Beitrag zur sinnvollen Kostendämpfung leisten. ... hl
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