Zur unblutigen Bestimmung eines Druck-Zeit-Indexes der Relaxationsphase des Herzens |
Journal/Book: Z. Physiother. 38 (1986) 211-213. 1986;
Abstract: WISSENSCHAFTLICHE KURZMITTEILUNGEN Forschungsinstitut für Balneologie und Kurortwissenschaft Bad Elster (Direktor: OMR Prof. Dr. med. habil. H. Jordan) 1Nach einem Vortrag auf der 13. Wissenschaftlichen Arbeitstagung der AG "Pathophysiologie der peripheren Zirkulation" in der Gesellschaft für pathologische und klinische Physiologie der DDR am 12. 10. 1983 in Erfurt Zusammenfassung Es wird ein Meßmodell für die indirekte Bestimmung der Druck-Zeitverhältnisse in der Protodiastole des menschlichen Herzens aus dem Karotissphygmogramm und der Blutdruckmessung nach RIVA-ROCCI vorgestellt das die Möglichkeit bietet korrelative Beziehungen zum tension-time-Index herzustellen. Frühere Beobachtungen hatten uns gezeigt daß kinesitherapeutische Maßnahmen mit Trainingscharakter sich begünstigend auf die frequenzunabhängige Streuung der Diastolendauer des menschlichen Herzens auswirken (JORDAN). Es stellte sich daraus die Frage ob auch die Relaxationsphase des Myokards allein an solchen Änderungen teilnimmt; bisher sind uns derartige Untersuchungen nicht bekannt geworden. Da gerade für diese Frühphase der diastolischen Erschlaffung die Beziehungen zu den dabei ablaufenden Druckvorgängen sehr eng sein dürften erweiterte sich der Aspekt zu der Frage ob nicht dem als Produkt Druck x Zeit für die Systole geläufigen "tension time index" ein analoger Index für eine Phase der Relaxation entgegengestellt werden könnte. Mit ihm sollten korrelative Aussagen über druckbedingte Zeitabhängigkeiten der beiden Herzaktionsphasen gewonnen und sodann zur Gesamtdiastolendauer in Beziehung gebracht werden. Dazu erschien es uns notwendig unblutig und mit einfacher Reproduzierbarkeit zu arbeiten d. h. praktikable Vereinfachungen gegen physiologische Genauigkeitsforderungen abzuwägen. Es ist bekannt daß die sog. "pre-isovolumic relaxation time" des linken Ventrikels (LVPIRT) apexkardiografisch oder die "isovolumic relaxation time" (LVlRT) kardioechografisch (= Zeitpunkt der Mitralklappenöffnung) gut bestimmbar sind (8). Beide Meßverfahren sind jedoch keineswegs überall verfügbar. Ventrikuläre und aortale Druckmessungen sind bislang nur blutig zu realisieren [s. dazu (3)]; neuerdings werden radionuklidkinematografische Methoden z. B. mit Technetium (15 mCi Tc-99m) einem Gammastrahler mit niedrigem Strahlenrisiko herangezogen (1). Die in der Sowjetunion entwickelte "noninvasive Komplexbewertungsmethode" zur Ermittlung systolischer und diastolischer Parameter gestattet die Bestimmung der mittleren Geschwindigkeit der isometrischen Relaxation (7) ist somit aber natürlich auch mit einem größeren Meßaufwand verbunden. Wir überlegten ob über eine Messung an der Karotispulskurve unter Verwendung der gewöhnlichen Blutdruckmessung der genannte Zweck erreicht werden könnte und haben dazu folgendes Arbeitsmodell entworfen (s. dazu Abb. 1). Ohne Abb. 1. Schematisierte Karotispulskurve. A: Beginn der LVET. B-C: Protodiastolische Pause. Ps: Systolischer Blutdruck. Pd: Diastolischer Blutdruck AKSD: Aortenklappenschlußdruck. a bzw. b: Vergleichsmeßstrecken (s. Text) Die Meßstrecke A-C im Karotissphygmogramm repräsentiert bekanntlich die Systolendauer (= linksventrikuläre Austreibungszeit LVET). Die Strecke B-C markiert die Zeit innerhalb welcher der Ventrikeldruck soweit abgesunken ist daß sich die Aortenklappe schließt. Diese beiden bei Anwendung einer sauberen Abnahmetechnik der Sphygmografie relativ gut darstellbaren Zeitabschnitte werden zur Messung der Systolendauer und der präisovolumischen Relaxationsdauer herangezogen - in klarer Erkenntnis der damit gegebenen Einschränkung. Zur Ermittlung des Druckablaufes in dieser Relaxationsphase wird ebenfalls ein Relativverfahren benutzt welches sich an das 1959 von GARTEN u. KOLMAR zur Abschätzung des Druckes im linken Vorhof bei Mitralstenosen entwickelte Vorgehen anlehnt. Unter der Annahme daß die Amplitude der Karotispulskurve das Druckniveau zwischen systolischem (ps) und diastolischem Druck (pd) repräsentiert entspricht die Strecke a der Blutdruckamplitude und die Strecke b dem Druckabfall vom ps-Niveau bis zum Zeitpunkt des Aortenklappenschlusses (= Aortenklappenschlußdruck AKSD). Das Streckenverhältnis a:b kann dann zur Ermittlung des AKSD benutzt werden. Der mittlere Druckabfall vom systolischen Druck bis zum AKSD über die Zeit B-C wäre somit (p = ps - AKSD * 0 5. Aus den so gewonnenen Größen kann dann analog der Berechnung des tension time index nach KLENSCH (= gesamtsystolisches Zeitvolumen mal mittlerem systolischen Druck) der relaxation time index als Relaxationszeitvolumen (p abgeleitet werden. ----------------------------------------------------------------------------- Ruhe 75 Watt ---------------------------------------------------------------------------- Ps (torr) 132 176 Pd (torr) 76 76 HFr (je min) 75 96 8 tension time index 12 78 45 43 relaxation time index 0 65 0 86 ---------------------------------------------------------------- Tabelle 1 . Fallbeispiel Pat. Fr. Z.: Zustand nach Myokardinfarkt In welchen Größenordnungen man sich dabei bewegt möge kurz die Tab. 1 anhand eines Fallbeispieles unter Belastung mit 75 W deutlich machen. Theoretisch erfaßt diese Methode also nur die Druck-Zeit-Beziehungen innerhalb der protodiastolischen Pause (WIGGERS) nicht die isovolumetrische Phase der Relaxation. Der Zeitbedarf dieser Phase wird mit 0 02 s angegeben (GREGG). Dieser Zeitanteil ist also noch Bestandteil der Systole falls diese nach herkömmlicher sphygmografischer Methode bestimmt wird. Schwierigkeiten des Vorgehens liegen in der sauberen Registrierung von Karotispulskurven unter körperlicher Belastung - darauf hinzuweisen ist aus der Sicht des Kinesitherapeuten nötig. Sporadische bisherige Vergleiche haben noch keine genügend gesicherten Beziehungen dieses relaxation time index zur Gesamtdiastolendauer erkennen lassen. Literatur 1. ABFALTER F.: Untersuchungen linksventrikulärer Kontraktions- und Relaxationsparameter bei Herzgesunden Patienten mit koronarer Herzerkrankung und Myokardinfarkt mit einer katheterlosen nuklear medizinischen Methode (Radionuklid-Kinematographie). Inaug.-Diss. Univ. Ulm 1981. 2. GARTEN J. D. KOLMAR: Beitrag zur unblutigen Bestimmung der Druckhöhe im linken Vorhof bei Mitralstenose. Z. Kreislaufforsch. 48 (1959) 454-562. 3. ESCHMANN P. H. P. KRAYENBUHL W. RUTISHAUSER: Druckverlauf bei der isovolumetrischen Relaxation des linken Ventrikels des Menschen im Ruhezustand und akuter Druckbelastung. Z. Kardiol. 64 (1975) 444-460. 4. GREGG D. E.: The heart as a pump. The Physiological Basis of Medical Practice. Ed. Charles Best and N. B. Taylor Williams & Wilkins Baltimore 1961. 5. JORDAN H.: Das Verhalten der Diastolendauer des menschlichen Herzens unter dem Einfluß eines 4-6-wöchigen Trainings bei ischämischer Herzkrankheit. Z. ges. inn. Med. 35 (1980) 308-312. 6. KLENSCHY H. G. JUZNIC: Untersuchungen über die hämodynamisch bedingte Sauerstoff-Einsparung des Herzens durch Nitroglyzerin. Z. Kreislaufforsch. 53 (1964) 117-130. 7. MELENTJEV A. S.: Neinvazivnyj kompleksnyj metod v ocenke stepeni narusenija sokratitel'noj funkcii i adaptivnych izmenenii diastoly pri isemiceskoj bolezni serdca. Kardiologija 21 (1981) 5 47-51. 8. VELIMEZIS A. P. TOUTOUZAS P. BONORIS D. AVGOUSTAKIS: Noninvasive study of early diastolic timing events in aortiv stenosis. In: Recent Advances in Noninvasive Cardiology. Hrsg. v. W. J. A. GOEDHARD P. K. TOUTOUZAS: Brussels Alphen a. d. Rijn Stafleu's Scientific Publ. Comp.1981 S. 347-351. 9. WIGGERS C. I.: The Pressure Pulses in the Cardiovascular System. London 1928.
Keyword(s): Kardiodynamische Meßmethoden protodiastolische Pause Karotissphygmografie
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