Naturgemäße Heilmethoden und kurörtliche Behandlung |
Journal/Book: H u K 37 9-10/85. 1985;
Abstract: Professor Dr. med. Horst Jungmann Hamburg/Timmendorfer Strand Die kurörtliche Therapie wird von vielen zu den naturgemäßen Heilmethoden gerechnet meist mit der Begründung die Heilmittel die ortsgebundenen Kurmittel stammen unverfälscht aus der Natur. Hierbei wird aber vergessen daß fast alle Arzneien aus der Natur stammen. Sie wurden in Pflanzen entdeckt z. B. Digitalis Opium Atropin Baldrian usw. Einige kann man heute synthetisch rein herstellen. Dadurch ist eine genauere Dosierung möglich. Aber noch vor 50 Jahren mußte das wichtige Herzmittel Digitalis als getrocknete pulverisierte Blätter des Fingerhutes verordnet werden. Die Dosierung wurde wegen des unterschiedlichen Gehalts an wirksamen Glykosiden von pharmakologischen Instituten an Fröschen ausgetestet. Aber die Digitalistherapie hat nie zu den naturgemäßen Heilmethoden gehört ebensowenig die Behandlung mit Opiumextrakten aus Mohnkapseln oder mit Atropin aus Tollkirschen. Auch die modernen Mittel gegen Bluthochdruck stammen aus Pflanzen z. B. der Rauwolfiawurzel. So ist es auch für die Kneippsche Hydrotherapie belanglos ob das Wasser aus der Leitung oder aus einer "natürlichen" Quelle entnommen wird. Heute sind die Begriffe "natürlich" und "biologisch" durch Geschäftemacherei und Werbung kompromittiert. Natürliche oder biologische Waren verkaufen sich besser. Man kann also die naturgemäßen Heilmethoden nicht als eine Therapie definieren deren Heilmittel aus der Natur stammen. Aber was ist dann das "Naturgemäße"? Fast alle Pharmaka üben eine Zwang auf den Organismus aus sie lenken die Organfunktionen. Medikamente beschleunigen oder verlangsamen den Herzschlag bremsen die Darmfunktion oder regen sie an zwingen bei Koliken die glatte Muskulatur sich zu entspannen oder sie erweitern bzw. verengen die arteriellen Blutgefäße um den Blutdruck zu senken oder zu steigern. Gegenreaktionen des Organismus sind unerwünscht und müssen durch entsprechende Dosierung unterdrückt werden. Andere Medikamente ersetzen Substanzen die dem Organismus fehlen z. B. Insulin bei der Zuckerkrankheit. In jedem Fall ist die Wirkung dosisabhängig. Zu viel Digitalis führt zum Herzstillstand zu viel Opium lähmt den Darm zu viel Insulin senkt den Blutzucker bis zum hypoglykämischen Schock. Selbst Vitamine können bei Überdosierung schaden. Außerdem soll bei den Medikamenten die Wirkung sofort eintreten. Sie endet wenn das Medikament aus dem Körper ausgeschieden ist. ... ___MH
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