Planung und Bewertung von Behandlungsverfahren in Physikalischer Medizin und Balneotherapie |
Journal/Book: Z. Phys. Med. Baln. Med. Klim. 14 (1985) 2-10. 1985;
Abstract: Aus dem Institut für Medizinische Statistik und Dokumentation der Universität Erlangen-Nürnberg (Vorstand: Prof. Dr. L. Horbach) Anschr. d. Verf.: Prof. Dr. L. Horbach Institut für Medizinische Statistik und Dokumentation der Universität Erlangen-Nürnberg Waldstraße 6 8520 Erlangen In seiner Antrittsvorlesung im Jahre 1851 in Leipzig hat der Internist Wunderlich (8) das Problem der wissenschaftlichen Methode zur Beurteilung neuer Heilverfahren behandelt. Der Kernpunkt seiner Kritik an dem üblichen Vorgehen war daß selbst die"größte Genauigkeit der Einzelbeobachtung" nicht die Entscheidung über das posthoc oder propter hoc eines Behandlungsergebnisses aufgrund der eingeschlagenen Therapie ermögliche; man habe dabei niemals die Gegenprobe welchen Verlauf die Erkrankung mit der Anwendung anderer Verfahren oder gar ohne Therapie genommen hätte. In der Tat gelingt es bei komplexen klinischen Fragestellungen - z. B. der Beurteilungsmöglichkeit von Behandlungsverfahren in der physikalischen Medizin der Balneologie und Rehabilitation - nicht entsprechend den bewährten Prinzipien der exakten Naturwissenschaften die Bedingungen einer Untersuchung so zu gestalten daß alle in einen Prozeß eingreifenden Faktoren kontrolliert und gemessen werden können. Die beobachtbaren Größen in der Medizin sind Variablen die über eine lange Kette von modifizierenden Zwischengliedern mit dem eigentlichen Krankheitsprozeß verknüpft sind und - ihrer Bezeichnung gemäß - mehr oder weniger starken Schwankungen unterliegen wie z. B. der erhöhte Blutdruck bei dem mit "Hypertonie" bezeichneten Krankheitsgeschehen. Bei solchermaßen unvollständig bekannten Prämissen bei einer ärztlichen Untersuchung Labormessung oder Beobachtung versagt das streng deduktive Vorgehen zur Gewinnung neuer Erkenntnisse. Die günstige Beeinflussung eines Krankheitsverlaufs durch eine therapeutische Maßnahme als ein Faktor in einem komplexen Geschehen läßt sich nicht aufgrund grundsätzlicher pathophysiologischer oder in der Arzneimitteltherapie pharmakologischer Überlegungen sicher voraussagen. Zweifellos sind Arbeiten der sogenannten Grundlagenforschung wie sie im inhaltsreichen Programm dieses Kongresses vorgetragen werden von unschätzbarem Wert. Sie eröffnen neue therapeutische Wege und schaffen Kriterien zu deren Beurteilung. Aber gerade aus diesen Arbeiten geht oft genug hervor daß Regulationsmechanismen des Organismus nach Teiluntersuchungen zu erwartende Effekte in erheblichem Maße oder völlig auslöschen. Der Wirksamkeitsnachweis d. h. die Unterscheidung des von Wunderlich angesprochenen post hoc und propter hoc kann nur durch einen statistischen Vergleich erfolgen den der Leipziger Internist schon damals gefordert hat. In Deutschland ist nicht zuletzt aufgrund der Pionierarbeit des Bonner Internisten Paul Martini (6 71 in den letzten Jahrzehnten die Methodik des kontrollierten klinisch-therapeutischen Versuchs entwickelt worden der heute zum Nachweis der Wirksamkeit therapeutischer Maßnahmen im allgemeinen gefordert wird.... ___MH
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