Ambulante Aerosolinhalation im Behandlungsplan bronchopulmonaler Erkrankungen und Erfahrungen mit Düsenaerosolen |
Journal/Book: Zschr. Physiother. Jg. 27 (1975) 347-350. 1975;
Abstract: Aus der Kreisstelle für Tuberkulose und Lungenkrankheiten Halle (Kreistuberkulosearzt: OMR Dr. W. TETZNER) 1 Vortrag gehalten auf dein Symposion "Schleimhaut der Atemwege und Aerosole"' 12. bis 14. 9. 1974 in Bad Salzungen. Zusammenfassung Die dispensaire Betreuung bronchopulmonaler Erkrankungen erfordert als Konsequenz auch die ambulante Aerosol-Inhalationsbehandlung. Unsere Erfahrungen mit der Düsenaerosolanwendung beziehen sich wegen der geringen Störanfälligkeit trotz intensiver Belastung auf eine zentrale Verdichteranlage mit mindestens acht gleichzeitig betriebenen Inhalationsplätzen. Die Zahl der Inhalationen stieg nämlich nach Inbetriebnahme sprunghaft an. Registrierten wir im Jahre 1969 noch 1500 Einzelinhalationen so betrugen diese 1973 über 22000. Vor etwa acht Jahren beschafften wir uns drei Ultraschallgeräte USI 2 der Firma VEB TUR Dresden und ebenso viele Membranverdichter Typ 450 mit dem Düsenvernebler 452 der früheren Firma Kleemann und Kaysser Erfurt. Die Ultraschallgeräte zeigten leider eine sehr große Störanfälligkeit bei unserem intensiven Einsatz. Die langen Reparaturzeiten ließen eine planmäßige Benutzung der Geräte nicht weiter zu. Hatten wir den Patienten überzeugt daß er nur durch regelmäßige und wöchentlich mehrmalige Inhalation Besserung seiner Beschwerden erwarten könne dann mußten wir ihn immer wieder nach Hause schicken vertrösten oder lange warten lassen weil durch den Ausfall auch nur eines Gerätes das Bestellsystem durcheinandergekommen war. Damit aber wird der Patient gegenüber dem Therapieplan unsicher verliert das Interesse und stellt keinen Erfolg fest. Die Membranverdichter liefen zwar länger erlaubten aber eine Dauerbeanspruchung bei einem täglichen Einsatz von zweimal vier Stunden ebenfalls nicht. Außerdem war die Lärmbelästigung bei schon einem laufenden Gerät sehr unangenehm. Schließlich wird bei beiden Gerätearten die verbrauchte Luft des Inhalationsraumes angesaugt für die weiteren Inhalationsbehandlungen. So entschlossen wir uns nach anderen Vorbildern eine zentrale große Verdichteranlage mit 6 m3/h und einem Druckspeicherkessel von 125 l zu bauen. Die in zwei Stadtbezirkstuberkulosestellen aufgebauten Anlagen haben sechs bzw. acht therapeutische Inhalationsplätze. Weiterhin betreiben diese Anlagen noch in einem Nebenraum mehrere Reizaerosolarbeitsplätze für die Sputumgewinnung und einen Platz für den inhalativen Histamintest. An jedem Arbeitsplatz kann der notwendige Betriebsdruck einzeln reguliert werden damit dieser bei unterschiedlicher Besetzung der Plätze immer gleichmäßig zur Anwendung kommt. Diese zwei Anlagen laufen schon jahrelang praktisch ohne Unterbrechung bei täglich 90-120 Einzelinhalationen. Eine regelmäßige Überwachung ist natürliche Voraussetzung. Nach unserer Meinung kann eine solche Anlage wenn sie so störungsfrei arbeitet rationell ausgelastet werden und wie bei uns in zwei Schichten arbeiten vormittags vorwiegend für Patienten die arbeitsunfähig sind und nachmittags für Berufstätige die vom Arbeitsplatz aus zum Inhalieren kommen wollen oder müssen. Als Erfahrung hat sich herausgestellt daß in den späteren Tagesstunden die Frequentierung schnell zurückgeht. Nach 18 Uhr wie auch freitags nachmittags liegt kein Bedarf der Betreibung vor. Wir glauben daß mit diesen 14 Plätzen der Bedarf in Halle d. h. auf etwa 15 000-20 000 Einwohner ein Inhalationsplatz gedeckt werden kann bei zweimal täglichem Einsatz. Voraussetzung für den Betrieb einer Kompressorenanlage ist die Gewinnung einwandfreier d. h. ölfreier Luft die von außen angesaugt wird. Hierzu verwenden wir zwei hintereinander installierte Filter Typ StK 3/10 von VEB Pneumatik in Wurzen mit Aktivkohle bzw. im zweiten Filter mit Mineralwolle aus Basalt gefüllt. Zur Zeit arbeiten wir daran unsere Anlage auf Erwärmung des austretenden Nebels mittels einer elektrischen Schwachstromanlage einzurichten. Der Luftaustritt aus der Düse führt zu einer deutlichen Luftabkühlung. Diese wird bei Beginn der Einzelinhalation vom Patienten der sich im Warteraum an die Zimmertemperatur gewöhnt hatte und diese als "normal" fühlte als unangenehm empfunden. Bei Schleimhautentzündungen führt dies zu einem unvermeidlichen Hustenreiz. Ist die Temperatur des Nebels dagegen wenige Grade über der Zimmertemperatur empfindet der Patient dies als ausgesprochen angenehm. Gerade in der kühlen Jahreszeit macht sich das besonders bemerkbar. Wir glauben daß die Erwärmung um 5 bis 10° bei verhältnismäßig kurzer Einwirkungszeit die Qualität des an der Wärmequelle vorbeistreichenden Nebels nicht wesentlich beeinflußt. Die Teilchen des Düsennebels sind ja sowieso nicht gleich groß. Auf jeden Fall könnte wenn eine Beeinträchtigung doch nachgewiesen werden sollte wenigstens der Beginn der Einzelinhalation mit einer Anwärmung erfolgen um den lästigen Hustenreiz zu vermeiden. Früher hatten wir das noch nicht vernebelte Medikament durch Eintauchen in ein Gefäß mit heißem Wasser erwärmt was aber den Betriebsablauf beeinträchtigte und technisch unsicher war. Welche Formen der Atemwegserkrankungen werden von uns vorwiegend behandelt? Bei der Einführung der Inhalationstherapie nahmen wir zunächst alle Erkrankungen in Behandlung. Später bevorzugten wir mehr die chronischen Kranken für die bisher auf dem ambulanten Sektor nicht viel getan worden war. Hier war der größte Bedarf. Diese Kranken waren ja auch diejenigen die wir nach dem Rückgang der Tuberkulose mehr und mehr in Betreuung nahmen. Schließlich haben wir durch die Integrierung zur Poliklinik auch wieder Patienten mit akuten Erkrankungen übernommen. Etwa 40% der Inhalationspatienten kommen jetzt aus der PALT 60 % werden von anderen Ärzten überwiesen. Von diesen letzteren waren ein Drittel von HNO-Ärzten geschickt worden. Die Hälfte der zur Inhalation kommenden Patienten haben eine Ventilationsstörung. Unter diesen wiederum haben etwa 10 % nur eine Restriktion 40 % eine reine Obstruktion und 50 % eine gemischte Ventilationsstörung. Es ist erklärlich daß zwei Drittel dieser Patienten mit Ventilationsstörungen aus der PALT kommen. Hatten wir doch im Jahr 1969 nur 780 Personen mit chronischen Atemwegserkrankungen in Betreuung und 1973 waren es bereits 5200 Patienten. Wir stellten weiter fest daß von den HNO-Ärzten deren Anteil an den Überweisungen doch verhältnismäßig hoch ist keine Patienten mit Ventilationsstörungen geschickt werden da dort vorwiegend akute Atemwegserkrankungen zur Behandlung kommen. Die Allgemeinpraktiker dagegen schicken gern ateminsuffiziente Patienten da hier oft schon die ganze Palette der Medikamente durchgegangen war und sich die Inhalation zur mindestens zu versuchenden Behandlung anbietet. In großen halleschen Polikliniken mit physiotherapeutischen Abteilungen bestanden bereits lnhalationsmöglichkeiten. Durch die auch dort eingetretenen häufigen Ausfälle der Geräte gab es aber kein allzu großes Interesse am weiteren Ausbau dieser Behandlungsart. Nach unserer Ansicht gehört die Aerosol-Inhalationsanwendung zu den ureigensten Behandlungsmaßnahmen der PALT. Auch weil die PALT das größte Krankengut hierfür hat sollte der Betrieb einer größeren Inhalationsabteilung zweckmäßigerweise durch die PALT erfolgen. Hier besteht die Möglichkeit einer Ventilations- bzw. Leistungsüberprüfung und einer fachärztlichen Beurteilung und Beratung bei Komplikationen. Die Kooperation mit den praktizierenden Ärzten wird verbessert und schließlich können weitere bisher noch nicht erfaßte chronische Atemwegserkrankte in Dispensairebetreuung genommen werden. Da es sich um eine ambulante Einrichtung handelt haben wir keinen endgültigen Einfluß auf die konsequente und vollständige Durchführung der vorgesehenen Anzahl von Einzelinhalationen. Im allgemeinen verordnen wir 10-12 Inhalationen mit gegebenenfalls Verlängerungen. Arbeitsunfähig geschriebene Patienten sollen viermal Berufstätige mindestens zweimal wöchentlich kommen. Wir stellten jedoch fest daß etwas mehr als ein Drittel der Patienten die Behandlung nicht bis zum vorgesehenen Ende durchführt. Die Gründe sind erstens weitere Verschlechterung des Befindens bzw. zu große Anstrengung die Behandlungsstelle aufzusuchen oder zweitens auch gelegentlich therapeutische Desinteressiertheit und schließlich drittens kommt es als häufigste Ursache zu einer schnellen Besserung und der Patient läßt sich vom Hausarzt wieder gesund schreiben was wir nicht erfahren bzw. er bricht aus dem gleichen Grunde die Behandlung von sich aus ab. Die Medikamentenverordnung läßt erkennen daß nach anfänglichen Versuchen mit sehr vielen und den verschiedensten Mitteln jetzt deren Anzahl immer mehr zusammengeschrumpft ist. An erster Stelle verwenden wir Tacholiquin dann folgt Sole in zweiprozentiger Lösung. Bei starkem Hustenreiz hat sich besonders Bromhexin bewährt. Bei akuten Entzündungen geben wir Sanopin hinzu was angenehm empfunden wird nicht jedoch bei den Chronikern. Bei hartnäckigen Bronchitisfällen haben wir Sulfasol gegeben. Kindern wird gern Kamille verabreicht insbesondere um sie an das Inhalieren zu gewöhnen. Auch die alternierende Anwendung von Medikamenten hat sich bewährt. Der Gebrauch von Bronchodilatatoren wird berücksichtigt steht aber nicht im Vordergrund. Die sekretolytische Wirkung erscheint uns wichtiger. Die Anwendung der Antibiotika erfolgt praktisch nicht mehr nachdem außerhalb Fälle von Allergisierung beim Personal bemerkt worden waren. Man müßte dann Einzelkabinen mit intensiver Absaugmöglichkeit haben. Wir glauben auch daß die Antibiotika auf andere Weise besser dosiert und damit wirksamer zugleich mit der Inhalationstherapie verabreicht werden können. Mit der Anwendung indifferenter Mittel ist das Problem der Raumabsaugung für uns auch nicht aktuell. Ein großer Ventilator der die verbrauchte Warmluft absaugt reicht aus um ein angenehmes Zimmerklima zu haben. Auch von seiten der Mitarbeiter die sich ständig im Raum aufhalten haben wir in all den Jahren keine Beschwerden gehabt. Wie steht es nun hinsichtlich des Effektes der Inhalation und insbesondere wie beurteilt der Patient diese Therapie? Es ist klar daß eine rasche Wirkung bei chronischen Kranken kaum erwartet werden kann. Die von uns festgestellten Verbesserungen der Atemstoßtests- bzw. Vitalkapazitätswerte erscheinen von so vielen Zufälligkeiten mit beeinflußt zu sein daß wir sie statistisch nicht zusammenstellen wollten. Wichtig ist aber die Tatsache daß das rein subjektive Befinden fast aller Patienten sich bessert. Der Rückgang von Atembeschwerden die Verminderung des Hustenreizes oder die Erleichterung der Expektoration wird meist angegeben. Es ist dies auch daran zu erkennen daß viele Chroniker und auch andere Patienten bei Befundverschlechterung spontan kommen und um eine neue Serie von Inhalationen bitten. Daß bei akuten und subakuten Erkrankungen eine Besserung eintritt ist klar. Welchen Anteil die Inhalation daran hat läßt sich nicht abmessen. Sicher aber trägt die Inhalationstherapie zu einer Beschleunigung des Heilungsprozesses bei. So können wir zusammenfassend feststellen: Die Aerosol-Inhalationsbehandlung ist besonders bei chronischen bronchopulmonalen Erkrankungen eine unbedingt notwendige und ergänzende Maßnahme im Betreuungs- und Therapieplan. Voraussetzung ist die regelmäßige Anwendung der Inhalation und dies erfordert eine ständig störungsfreie Arbeitsmöglichkeit. Wir haben mit dem Düsenaerosolvernebler in Verbindung mit einer zentralen Verdichteranlage gute Erfahrungen gemacht. Die dispensaire Betreuung bronchopulmonaler Erkrankungen erfordert auch die ambulante Aerosol-Inhalationsbehandlung. Voraussetzung ist die regelmäßige Anwendung. Aus der :Praxis bewährte sich wegen der geringen Störanfälligkeit eine große zentrale Verdichteranlage mit mehreren Düsen-Aerosol-Inhalationsplätzen am besten. Die Medikamentenanwendung kann sich auf wenige Präparate beschränken. Wichtig ist die Sekretolyse. Die subjektive Besserung bei fast allen Patienten rechtfertigt die umfangreiche Anwendung dieser Therapie. ___MH
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