Biometrische Analyse therapeutisch erreichter Blutdruckänderungen |
Journal/Book: Tagungsber. Sekt. Inn. Med. (1967) 15 S.229-230. 1967;
Abstract: Forschungsinstitut für Balneologie und Kurortwissenschaft Bad Elster (Direktor: Dr. med. habil. H. Jordan) Eine biometrische Beurteilung therapeutisch erreichter Blutdruckänderungen stößt deshalb auf Schwierigkeiten weil die Höhe des Blutdruckes periodisch rhythmisch und als Folge kybernetisch beantworteter Auslenkprozesse ständig wechselt. Die sich hieraus ergebende Schwankungsbreite die wir intraindividuelle Variation genannt haben erfährt eine weitere Änderung durch die Faktoren der sog. interindividuellen Variation zu denen z. B. Sexualdifferenzen biorheutische oder konstitutionelle Verschiedenheiten und in erweitertem Sinne auch Unterschiede der Krankheitsgruppen der Therapieverfahren der Jahreszeiten und ähnliche kollektivtypische Variationen zu zählen sind [8]. Jedes Kollektiv an dem Blutdruckwerte z. B. vor und nach einer Behandlung gemessen werden weist also eine Streubreite dieser Meßwerte auf die zunächst physiologisch unbedingt relevant ist im statistischen Sinne aber als Fehlerstreuung in Erscheinung tritt. Eine Aufgliederung nach Alter Geschlecht und den übrigen Kriterien der interindividuellen Variation vermag diese Streuung teilweise zu reduzieren. Es bleibt aber die Schwankungsbreite der intraindividuellen und der Anteil der interindividuellen Variation der nicht durch klare Gruppenbildung des Kollektivs ausgeschaltet werden kann. Die prinzipielle Kontinuität zweier Blutdruckwerte ist eine Tatsache die gegen die vom Mathematiker geforderte Unabhängigkeit zweier Meßwerte voneinander verstößt und dies ist eine prinzipielle Schwierigkeit der biologischen Statistik der Biometrie. Die Funktionstypik der Blutdruckregulation läßt erwarten daß ein zunächst niedriger Blutdruckwert bei späterer Messung höher angetroffen wird und umgekehrt. Jene Ausgangswertabhängigkeit - sie entspricht prinzipiell dem Gesetz Wilders - ist von v. d. Bijl; Proppe und Bertram; Jessel; Hungerland und Walter als Zufalls- oder Scheineffekt - der sog. "a:a-b-Effekt" [1) - gewertet worden wofür mathematische Beweise zu erbringen sind [7]. Inwieweit jedoch nur dieser Scheineffekt oder eine wahre ausgangswertbezogene Änderung im gegebenen Falle vorliegt läßt sich unter der Prämisse klären daß die Kollektivstreuung im Falle des Scheineffektes für Anfangs- und Endwerte gleichgroß sein muß. Vieljährige Beobachtungsreihen [4-6 10] haben uns bewiesen daß am Ende einer Behandlungsserie (z.B. bei Kurpatienten) die Kollektivstreuung stets kleiner ist als am Anfang und daß nur die nach Wilder sog. paradoxe Reaktion das gegenteilige Verhalten aufweist. Man benötigt zu solchen Rechnungen nur Mittelwert Streuung Korrelationskoeffizient und die daraus resultierende Regression also leicht handhabbare mathematische Mittel. Die Drehung der Regressionsgeraden zeigt die Verhältnisse an wie es Abbildung 1 wiedergibt: c stellt das normale aber nicht zufällige Verhalten d die sog. paradoxe Reaktion dar die von Wagner und Hengst z. B. am Wachstum von Fichtenstämmchen einmal nachgewiesen wurde. Abbildung 2 zeigt ein solches Normalverhalten bei 8744 Blutdruckmeßwerten am Anfang und Ende einer Kur. Daß sy im Normalfalle kleiner ist als sx kann man sich mit Auslenk- und Einschwingvorgängen mit Labilitäts- und Stabilitätsphasenwechsel u.ä. erklären. Es scheint zu den Reaktionseigentümlichkeiten eines behandelten Kollektivs zu gehören daß seine Reizantwort anfänglich groß und different später aber kleiner und einheitlicher gerichteter ausfällt. Jede betrachtete therapeutisch erzielte Änderung von Blutdruckwerten bedarf einer solchen biometrischen Überprüfung der Streuung und der Regression; Rückschlüsse allein aus Veränderungen von Mittelwerten zu ziehen ist unzulänglich. Durch den Drehungsgrad der Regressionsgeraden kann ein Normalverhalten gegenüber dem a:a-b-Scheineffekt abgelesen werden was sich hier am Beispiel einer typischen regulierten Meßgröße - des Blutdruckes - beweisen läßt. Ohne Abb. 1. Lage bzw. Abweichung der Regressionsgeraden RKE für den Fall rKA KE = 1 0; rKA KE =+ 0 8; rKA KE =+0 8; rKA KE =+0 8; SKE (a); SKA = SKE (b); SKA = 0 5 SKE = 3 0 (c); SKA = 3 0 SKE = 5 0 (d) Ohne Abb. 2. Änderungen der Blutdruckwerten von 8744 Kurpatienten in Bad Elster dargestellt durch die Regressionsrechnung Zusammenfassung. Die regulatorischen Schwankungen des Blutdruckes erschweren die biometrische Auswertung z.B. therapeutisch erreichter Blutdruckänderungen. Intra- und interindividuelle Variation der Meßwerte sind biologisch relevante Variable; die durch sie verursachte Streuung kann daher statistisch nicht einfach als Fehlerstreuung abgetan werden. Mit Hilfe der Regressionsrechnung läßt sich eine Abgrenzung gegen eine zufallsbedingte Abhängigkeit solcher Meßwertänderungen vom Ausgangswert erzielen. Damit ist ein relativ einfacher andererseits aber auch unbedingt einzuhaltender biometrischer Arbeitsweg gegeben der an Beispielen erläutert wird. Literatur [1] V. d. Bijl W. Ann. Meteorol. 4 183 (1951). [2] Hungerland W. u. M. Walter Klin. Wschr.35 105 (1957) [3] Jessel U. Klin. Wschr. 35 641 (1957). [4] Jordan H. VII. Conf. Intern. d. Soc. p. 1. stud. d. Ritmi Biol. Siena (Ediz. Panminerva Med.) 1980. [5] Jordan H. u. H. Wagner Abh. Dtsch. Akad. Wiss. Berlin Klasse Math. Physik und Technik 1964 69 (Akademie-Verlag Berlin 1984). [6] Jordan H. D. Reinhold u. H. Wagner Zschr. inn. Med. 19 897 (1984). [7] Proppe A. u. G. Bertram Strahlenther. 88 573 (1952). [8] Wagner H. Biometr. Zschr. 2 117 (1960). [9] Wagner H. u. E. Hengst Arch. Forstwes. 14 443 (1965). [10] Wagner H. u. H. Jordan Zschr. inn. Med. 17 193 (1982). [11] Wilder J. Klin. Wschr. 10 1889 (1931).
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