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December 2024

Grundlagen der Therapie des Cor pulmonale chronicum mit CO2-Wasserbädern

Journal/Book: Z. angew. Bäder- u. Klimaheilk. 11 (1964) 4 318-322. 1964;

Abstract: Forschungsinstitut für Balneologie und Kurortwissenschaft Bad Elster (Direktor: Dr. med. habil. H. Jordan) Angesichts der für jede Bädertherapie geltenden Indikationen und Kontraindikationen engt sich der Betrachtungskreis meines Diskussionsbeitrages ein auf das kompensierte chronische Cor pulmonale im engeren Sinne d. h. auf den Krankheitszustand mit direkter Belastung des rechten Herzens aus primär pulmonaler Ursache. Der Ausdruck "Cor pulmonale" sollte u. E. auch stets in dieser Definition gebraucht werden derzufolge wir dann auch unter Verwendung einer eindeutigen Nomenklatur mit L a n d e n (14) festhalten an der Formulierung daß die Mehrzahl der Kranken mit Cor pulmonale als Lungenkranke und nicht als Herzkranke angesehen werden muß. Gerade diese Entscheidung nämlich wird für den balneotherapeutischen Aspekt von größter praktischer Bedeutung. Sie wirft die Frage auf was das "Herzbad" in welches die Cor-pulmonale-Kranken zum Teil zur Kur geschickt werden mit seinem spezifischen Heilmittel den kohlensauren Wässern in dieser Situation zu leisten vermag. Aus den drei großen pathischen Bereichen des Lungenparenchyms und der Bronchialwege der Lungengefäße und der Thoraxwand können nur verhältnismäßig wenig Erkrankungsformen als kurfähig für Bäderkuren gelten; so vom ersten Bereich das Emphysem mit chronischer Bronchitis Bronchiektasien Asthma bronchiale Pneumokoniosen vom zweiten höchstens die Pulmonalissklerose vom dritten die Kyphoskoliosen der Morbus Bechterew Pleuraschwarten Thorakoplastikfolgen. Diese Aufzählung mag unvollständig sein. Voraussetzung ist dabei allerdings stets daß die Situationsdiagnose des betreffenden Kranken an sich keine Kontraindikation zur Bäderbehandlung darstellt daß also z. B. keine Kreislaufdekompensation vorliegt. Mit der Bäderbehandlung in kohlensäurehaltigen Wässern stehen die beiden unspezifischen Effekte des hydrostatischen Druckes und der Temperatur neben dem spezifischen des CO2-Effektes zur Debatte. Nach den Untersuchungen von S j ö s t r a n d (20 21) und den experimentellen Überlegungen von G a u e r und H e n r y (5 6 8) folgend haben wir bei einem Vollbad von 15 cm Wasserstand über dem Nabel mit einer Druckwirkung von ca. 0 03 atü zu rechnen die allerdings genügt um im Zusammenwirken mit dem in liegender Körperposition ohnehin thorakalwärts verschobenen Blutvolumen eine Menge von etwa 1 5 l Blut in Richtung Thorax und Herz zu verschieben. Der 200mal niedrigere Elastizitätskoeffizient des venösen Systems gegen das arterielle läßt große Volumenverschiebungen durch kleinste Druckänderungen in solchem Umfange durchaus zu (5). Die daraus u. a. resultierende Erhöhung des zentralen venösen Druckes um 25% (7) ist nach den Herzkathetermessungen von K n e b e l und W i c k (11) nicht durch Rückflußsteigerung infolge Auspressens der peripheren Venen wie bisher angenommen sondern durch eine Steigerung des intrathorakalen Druckes bedingt nachdem nachzuweisen war daß der effektive Füllungsdruck oder transmurale Druck in der V. cava superior höher liegt als in der V. cava inferior. Dieser thorakal ausgerichtete hydrostatische Druck bleibt für die gesamte Dauer des Bades bestehen während die gravitations- und hydropressorisch bedingte Blutvolumenverschiebung sicherlich gegenregulatorische Auswege findet. Da die Lunge einerseits kurzfristig bis zu 80% des kreisenden Blutvolumens gefäßkapazitiv deponieren (5 6 20 21) und etwa 1/4 der Gesamtblutmenge des Körpers aufnehmen kann ohne daß es zu Steigerungen des Pulmonalis- resp. Aortendruckes kommt (9) ist ein relativ großer Ausgleichsraum in hämodynamischer Hinsicht gegeben. Trotzdem resultiert im Bad eine Absenkung der Atemmittellage (12) ferner eine primäre Steigerung aber nachfolgende Senkung des Atemminutenvolumens und eine Abnahme des O2-Verbrauches als Folge hydrostatischer Effekte. Zur Temperaturwirkung ist festzuhalten daß in warmen Bädern der O2-Verbrauch nach der vant' H o f f schen Regel um 17% je 1 Grad Celsius ansteigt und sich das Atemminutenvolumen um das 3- bis 4fache vergrößert. Durch die zunehmende Hyperventilation sinkt der alveoläre CO2-Druck gelegentlich - und besonders bei heißen Bädern - bis unter die Azidosegrenze ab. In kalten Bädern ist eine geringe in fast thermoindifferenten eine deutliche Steigerung der Atemminutenvolumina festzustellen letztere in diesem Fall wohl als Folge einer gegenregulatorischen Ankurbelung der Wärmeeigenproduktion des Organismus zu deuten. Die CO2 wird über die Haut des Badenden nach der Diffusionsgleichung für gelöste Gase in einer Quantität von ca. 30ml/min/m² Körperoberfläche aufgenommen (13). Eine CO2-Stauung in der Haut findet nicht statt so daß zum sofortigen Abtransport dieses CO2-Volumens bei einer mittleren arteriovenösen Sauerstoffdifferenz von 5 Vol.% etwa 600 ml Blut - also ca. 1/6-1/8 des strömenden Kreislaufvolumens - mobilisiert werden müssen: der Kardinaleffekt der CO2-Wirkung der wirksam durch die spezifische axonreflektorisch ausgelöste Kapillarerweiterung mit konsekutiver peripherer Mehrdurchblutung von 400-600% unterstützt wird. CO2 steigert ferner den arteriellen CO2-Druck um etwa 4 mm Hg (= 0 55 Vol.%) und den alveolären um den gleichen Betrag ohne daß diese Effekte aber völlig widerspruchsfrei als ausschließlich CO2-spezifisch interpretiert werden können. K r a m e r und S a r r e (12) fanden nämlich den quantitativ gleichen Anstieg des atveolaren CO2-Druckes als Effekt der Atemminutenvolumensenkung und der erniedrigten respiratorischen Atemmittellage a conto der Hydrostatik. Zudem ist erwiesen daß ein CO2-Überschuß zentral schwächer auf die Regelung des Atemminutenvolumens einwirkt als etwa ein Mangel an O2. Aus der Tatsache daß Atem- und Vasomotorenzentrum experimentell nicht zu trennen sind und CO2 die sensible Erregbarkeit den Stoffwechsel den Blutdruck und die Herzfrequenz senkt ist als gleichsinnige Reaktion bei CO2-Gas- oder thermoindifferenten CO2-Wasserbädern mit W i t z l e b (22) eine verminderte Erregbarkeit des Atemzentrums zu postulieren. Setzen wir nun - wie dies im Sinne der Situationsindikation für Bäderkuren verlangt werden muß - einen ausreichenden Kompensationszustand des Herzens voraus wobei wir eine sog. "Subsuffizienz" noch akzeptieren so bedeutet das für die Situationspathologie das chronischen Cor pulmonale eine drohende Verschiebung der Relation zwischen enddiastolischem Ventrikelvolumen und systolischem Austreibungswiderstand des rechten Herzens. Ein solches Mißverhältnis hat L ü t h y (17) jedenfalls aufgrund eingehender Messungen mit der Thermodilutionsmethodik als Wesen der Rechtsinsuffizienz definiert. Dabei ist zu bedenken daß das rechte Herz ein um ca. 30% günstigeres Verhältnis seiner Kapillaren zu seine muskulären Oberfläche hat als das linke - etwa 1 : 2 rechts gegenüber 1 : 3 links - und daß daher das rechte Herz zwar eine relativ größere Leistungsbreite aber auch eine viel größere Stoffwechselgefährdung besonders gegenüber hypoxischer Situation besitzt (4). Die entscheidende Frage ist nun die nach der funktionellen Koordination des rechten zum linken Herzen d. h. die hämodynamische Beziehung des kleinen zum großen Kreislauf. Hier sind nun die experimentellen Ergebnisse von B u c h e r und Mitarb. (1 2) aus Basel interessant die im Tierversuch eine zweite fundamentale Regulation neben der die das S t a r l i n gsche Gesetz beschreibt für das Abstimmen der Herz-Kreislaufleistung in beiden fraglichen Abschnitten sicherstellten: Eine Erhöhung des Widerstandes in der A. pulmonalis führt zu einer Abnahme der Minutenvolumenleistung des l i n k e n Ventrikels; das Gleiche fand sich bei Erhöhung des Blutzuflusses zum rechten Vorhof. Anatomisches und physiologisches Substrat dieses Vorganges sind uns bisher noch nicht sicher erfaßbar geworden. Vergegenwärtigen wir uns nun die Situation des Cor pulmonale. Dessen erhöhter pulmonaler Druck - Kapillär oder arteriell bedingt - führt zur zeitlichen Verkürzung des Diffusionsvorganges von Blut- und Alveolargas und mithin zur partiellen oder globalen Hypoxie mit erniedrigter O2- und erhöhter CO2-Spannung und Engerstellung der Arteriolen. Die Erregbarkeit des Atemzentrums ist herabgesetzt (10) das rechte Herz leistet eine unökonomische vermehrte Druck- und Volumarbeit (18 3) die letztlich auch nicht mehr durch eine erhöhte arteriovenöse Kurzschlußdurchblutung gemildert werden kann wie sie als erzwungener Kompensationsversuch einsetzt (10 15). Hinzu kommt die Reihe der mechanisch wirksamen Faktoren der pathologischen Atmung (Verminderung der in- und exspiratorischen Druckschwankungen mit Überwiegen des positiven Ausatmungsdruckes ungenügende Zwerchfellaktion) die zur Venenstauung Pulmonalisdrucksteigerung und pulmonalen Hypertonie führen. Die Druck- und Füllungszunahme im rechten Vorhofsbereich erschwert den Abfluß des Koronarsinus und der Thebesischen Venen die der rechten Herzkammer die koronare Zirkulation. Auch die Entwicklung der kardiokoronaren Hypertrophie (19) kann nur bis zum Limit des sog. "Kritischen Herzgewichtes" (16) die relative Koronarinsuffizienz verhindern. Überdenken wir uns alle bisher angezogenen Fakten - ihre Auswahl kann hier genügen - so läßt sich anscheinend zunächst mehr gegen als für die CO2-Bädertherapie des Cor pulmonale anführen. Die hydrostatischen Druck- und Füllungseffekte und die spezifische CO2-Wirkung am Gasstoffwechsel sind zweifelohne echte Passiva in dieser Bilanz. Wir müssen aber zugeben daß Belastungen durchaus heilsam und funktionsverbessernd sein können - ohne diese Erkenntnis wären wir keine Physiotherapeuten. Am ehesten zu vernachlässigen ist wohl die Erhöhung der CO2-Spannung im alveolären und/oder arteriellen Bereich durch die Kohlensäure der Heilquelle. Sie ist nicht als spezifischer Effekt widerspruchsfrei erwiesen und wird insbesondere bei thermoindifferenten Bädern außer Acht gelassen werden können. Dagegen dürfte die sog. periphere Autotransfusion als CO2-Effekt d. h. die Steigerung der peripheren Durchblutung von wesentlicher Bedeutung im Sinne einer mäßigen Steigerung des Minutenvolumens um etwa 30% bei gleichzeitig beträchtlich gesenktem peripherem Gefäßwiderstand sein. Die damit verbundene Blutdepotentleerung dürfte in erster Linie den wichtigsten Depotraum als der der Thoraxraum anzusprechen ist ( S j ö s t r a n d ) betreffen wenn dem auch im Bad aus hydrostatischen Gründen im gewissen Sinne entgegengearbeitet wird. Man muß deshalb rein hydrotherapeutische Maßnahmen o h n e spezifische CO2-Wirkung mit größerer Vorsicht handhaben was insbesondere etwa von Unterwasserbehandlungen gilt die sich aus anderen Gründen vielleicht als notwendig oder empfehlenswert zu erweisen scheinen. Wenn ferner nach den Befunden von B u c h e r eine chronische Verminderung der Minutenvolumenleistung des linken Herzens auf Grund der chronischen Druckerhöhung im kleinen Kreislauf vorliegt erscheint damit die Gefahr der koronaren Hypämie resp. Hypoxie zusätzlich im Sinne der geschwächten vis a fronte zu der Koronarinsuffizienz infolge der erhöhten vis a tergo der pulmonal-dextrokardialen Hypertonie zu bestehen. Somit erscheint eine Therapie des kleinen Kreislaufs durch Angriff am großen unter den bekannten schonenden Bedingungen des CO2-Bades im Hinblick auf eine Verbesserung der Koronargüte doch wiederum sinnvoll. Daß wir mit unseren Bädern grundsätzlich aber im Thermoindifferenzbereich oder eher noch ein wenig darunter bleiben müssen ist ebenso selbstverständlich wie die sorgsame Abwägung der Wasserhöhe und der Lage des Kranken in der Badewanne - die grundsätzlich eine entspannende Drittel-Schräglage sein soll wenn dies die Wannenverhältnisse nur immer zulassen. Wie immer so ist auch hier der Weisheit letzter Schluß daß der Erfolg einer Therapie von der richtigen Stellung der Situationsdiagnose abhängig ist. So werden es besonders Frühfälle mit noch nutzbarer kardial-pulmonaler Belastungsfähigkeit sein die einer solchen Behandlung zugeführt werden können die selbstredend nur eine unter den möglichen Therapieformen des physiatrischen Bereiches sein soll. Betont sei nochmals daß ich hierbei nur das chronische Cor pulmonale im engeren Sinne berücksichtigt habe. Ich darf hoffen mit dem in aller Kürze Dargelegten meine Meinung begründet zu haben daß diese eine Therapieform einen definierten und wenn definiert dann auch erfolgversprechenden Platz in der Behandlung dieser Krankheit hat. Literatur 1. Bucher K. D. v. Capeller: Helv. physiol. pharmacol. Act 12: 253 (1954). 2. Bucher K. L. Dettli K. Weisser D. v. Capeller: Hev physiol. pharmacol. Acta 13: 79 (1955). 3. Bühlmann A. F. Schaub P. Luchsinger: Schweiz. med. Wschr. 1955: 253. 4. Doerr W.: Z. Kreisl.-Forsch. 40: 92 (1951). 5. Gauer O. H.: Dtsch med. J. 6: 462 (1955). 6. Gauer O. H. J. P. Henry: Klin. Wschr. 1956: 356. 7. Gollwitzer-Meier Kl.: Nauh. Fortb. Lehrg. XI S. 128 Steinkopff Dresden u. Leipzig 1935. 8. Henry J. P. O. H. Gauer H. O. Sieker W. E. Wendt: Amer. J. Physiol. 171: 735 (1952). 9. Hochrein M. I. Schleicher: Med. Klin. 48: 765 (1953). 10. Julich H.: Klin. Wschr. 1952: 638. 11. Knebel R. E. O. Wick: Z. Kreisl.-Forsch. 46: 272 (1957). 12. Kramer K. H. Sarre: Klin. Wschr. 1936: 473. 13. Kramer K.; H. Sarre: Arch. exp. Path. Pharmak. 180: 545. (1936). 14. Landen H. C.: Medizinische 1955: 1435. 15. Liebow A. A.: Amer. J. Path. 29: 251 (1953). 16. Linzbach A. J.: Klin. Wschr. 1948: 459. 17. Lüthy E.: Die Hämodynamik des suffizierten und insuffizierten rechten Herzens. S. Karger Basel-New York 1962. 18. Scharf R.: Med. Mschr. 9: 159 (1955). 19. Schoenmackers J.: Zur Anatomie und Pathologie der Koronargefäße In: Bad Oeynhausener Gespräche II: Probleme der Koronardurchblutung. Springer Berlin-Göttingen-Heidelberg 1958. 20. Sjöstrand T.: Acta physiol. scand. 26: 312 (1952). 21. Sjöstrand T.: Klin. Wschr. 1956: 561. 22. Witzleb E.: Arch. phys. Ther. Lpz. 8: 204 (1956).

Keyword(s): Balneotherapie CO2-Wasserbad Herz


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