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December 2024

Experimentelle Untersuchungen zum Studium von Therapieeffekten bei sog. "kombinierter Balneotherapie" 2.: Mitt. Untersuchungen mit Pholedrin

Journal/Book: Fund. baln.-bioclim. 2 (1962) 85-92. 1962;

Abstract: Kardiologisch-balneologische Abteilung des Instituts für Kur- und Bäderwesen und für Physikalische Therapie Bad Elster (Direktor: Doz. Dr. habil. H. Jordan) Die zweite Versuchsanordnung unserer Untersuchungsreihe1 sollte den Einfluß einer Bäderkur auf eine ergotrope Kreislauffunktionsprüfung im akuten Versuch klären. Methodik Methodisch gingen wir so vor: 25 Kurpatienten die eine CO2-Bäderkur (12 Bäder üblicher Verordnungsweise) absolvierten und keine Zeichen organischer Schäden am Kreislauf und Herz aufwiesen wurden zu den Versuchen herangezogen. Alle Probanden boten das Bild leichter funktioneller Kreislaufstörungen vasomotorischer Angina pectoris und flüchtiger orthostatischer Störungen - Zustandsbilder deren Klärung einen Pholedrintest rechtfertigte. Dieser Test wurde (analog dem Veritoltest) mit 2 ml Pholedrin-isis (1-p-Oxyphenyl-2-methylaminopropan) intramuskulär durchgeführt wobei Herzfrequenz Blutdruck Anspannungszeit Austreibungszeit Druckumformungs- und Druckanstiegszeit [nach B l u m b e r g e r (1) und H o l l d a c k (4)] nach halbstündiger Ruhezeit vor der Injektion sowie alle 5 Min. post inj. bis zu 30 Min. (insgesamt 7 Messungen) festgehalten wurden. Eine solche Untersuchung wurde am 2. Wochentag jeder Kurwoche insgesamt 4mal durchgeführt. Die Analyse wurde im Sinne einer dreifachen Streuungszerlegung ("Versuchspersonen" Versuchsverlauf Kurwochen und deren Wechselwirkungen) vorgenommen (Signifikanzgrenze: p=0 05). Die Streuungszerlegung umfaßt hier also folgende Faktoren: Varianz Freiheitsgrade Gesamtvarianz 699 Gesamtversuch 6 Gesamte Probanden 24 Kurwocheneffekt 3 Versuch im Kurverlauf 18 Probanden im Kurverlauf 72 Probanden im Versuch 144 Restvarianz 432 Zur Statistik s.a.1.Mitt.und (8). Ergebnisse Anstelle der 7mal 700 Meßwerte die im Original jederzeit bei uns eingesehen werden können führe eine Tabelle die interessierenden errechneten Signifikanzen zunächst summarisch auf. Abkürzungen: Fr: Herzfrequenz; Ps Pm Pd: Systolischer mittlerer diastolischer Blutdruck; ASZ: Anspannungszeit; UFZ: Umformungszeit; DAZ: Druckanstiegszeit. ------------------------------------------------------------------------------------------------------- Faktoren Ps UFZ Fr Pd ASZ Pm DAZ ------------------------------------------------------------------------------------------------------- Gesamtversuch + +++ +++ ( +++ ( ++ Kurwochen +++ +++ +++ D +++ +++ +++ Versuch im Kurverlauf + ( ( ( ( ( ( Probanden im Versuch + ( ( ( ( ( ( Probanden im Kurverl. + +++ +++ ( ++ +++ ++ ------------------------------------------------------------------------------------------------------- + = p <0 05 > 0 01 ++ = p <0 01 +++ = p <0 001 Die Tabelle weist etwas Wichtiges sofort aus: Der Pholedrintest (PhT) wird durch den Einfluß der Kur in seinem charakteristischen Verlauf nur hinsichtlich der Herzfrequenz beeinflußt nicht aber in der Hämodynamik. Der diastolische Druck erreicht nirgends signifikante Änderungen die Kurwochen zeigen die stärksten Effekte. Nun zu den Einzelheiten (vgl. dazu stets Abb. 1 bis 4). 1. Herzfrequenz Sie sinkt vom Ausgangswert vor Injektion bis zum ersten Meßtermin 5 Min. post inj. in jeder Kurwoche (maximal 1. und 3. Woche) erheblich ab steigt jedoch im weiteren Verlauf des PhT kontinuierlich an. Die Ausgangswerte der 2. 3. und 4. Kurwoche sind untereinander nicht signifikant verschieden wohl aber gegenüber dem der 1. Kurwoche. 2. Systolischer und mittlerer Blutdruck Beide steigen im Versuch konsequent an der diastolische ändert sich kaum das Ausgangsniveau wird aber in jeder Kurwoche weiter erniedrigt. 3. Anspannungs- und Druckanstiegszeit werden im Versuch kontinuierlich verkürzt während entscheidende Änderungen der UFZ nicht eintreten. Das Niveau der Ausgangswerte wird aber hierbei erhöht während es bei der UFZ zunächst absinkt in der 4. Kurwoche aber wieder ansteigt. Ohne Abb. 1: Darstellung aller gemessenen Kreislaufgrößen der 4 Pholedrinteste sämtlicher Probanden ( = "Gesamtverbrauch"). Abszisse: Meßzeiten des Testes 4. Wechselwirkungen zwischen den Probanden im Kurverlauf sind allenthalben nachzuweisen nicht dagegen solche von Probanden und Versuch (mit Ausnahme einer schwachen Reaktion der Frequenz). Erörterungen zu den Ergebnissen Der beobachtete Frequenzabfall im Versuch ist nicht pathologisch. Als "normaler" Testverlauf wird bekanntlich der Blutdruckanstieg ohne Tachykardie beschrieben. Auch die fehlende Frequenzänderung ist noch "normal" pathologisch hingegen ein positiv-chronotroper Erfolg. Über die Bewertung der Pulsfrequenz im PhT s. a. (3 10). Auch der Druckanstieg nach Pholedrin (Ph) ist normal (2). Mit ihm gekoppelt ist der positiv inotrope Effekt des Ph mit der konsequenten Verkürzung der ASZ und der DAZ. Daß Füllungsveränderungen des linken Ventrikels dabei generell keine Rolle spielen scheint uns durch das wenig auffällige Verhalten der UFZ bestätigt. Ohne Abb. 2: Darstellung der Ausgangswerte der gemessenen Kreislaufgrößen vor Beginn des Pholedrintestes aller Probanden in den 4 Kurwochen Ohne Abb. 3: Verlaufskurve der Herzfrequenz aller Probanden im Pholedrinversuch nach Kurwochen aufgegliedert. Abszisse: Meßzeiten des Testes Zahlenbezeichnung: Kurwochen Ohne Abb. 4: Darstellung des systolischen Blutdruckes analog Abb. 3 Diese Änderungen der Hämodynamik unter Ph fügen sich in die hierüber bestehenden Vorstellungen absolut ein (6). Diese Änderung der Ausgangswerte zu Beginn jeden Versuches in den einzelnen Kurwochen ist für Herzfrequenz und Systemdruck gleichsinnig. Abb. 3 zeigt daß die tachykarde Situation vor jedem Versuchsbeginn immer besteht daß sie sich aber von der 2. Kurwoche an auf einem niedrigeren Niveau abspielt. Welcher Faktor des Kurgeschehens hier steuert ist nicht zu entscheiden - Gewöhnung an den Versuch Eingewöhnung im Kurort histiotrope Tendenz des Kurgeschehens überhaupt sind zu diskutieren. Wir wissen aus der Hypertonieproblematik nur zu reichlich über welche Vielzahl von Reaktionen eine Reduzierung erhöhter Frequenz - resp. Blutdruckwerte möglich ist - dieser Hinweis mag hier als genügend akzeptiert werden. Prinzipiell wichtig dagegen erscheint die Tatsache daß sich trotz veränderter Nullwerte vor Versuchsbeginn keine wesentlichen Typenwandlungen der sich anschließenden Kreislaufreaktion finden lassen. Da dies aber nach der Kybernetik durchaus erwartet werden kann haben wir noch eine systematische statistische Durchprüfung nach dem t-Verfahren vorgenommen. Ein solches Prüfverfahren erscheint dann angezeigt wenn sich zwei Versuchstermine auffällig verschieden verhalten. So kann der Fall eintreten daß die t-Prüfung signifikante Unterschiede zwischen ihnen aufdeckt die bei der Prüfung der Gesamtvarianz mit dem f-Test nicht faßbar werden. Es bleibt natürlich abzuwägen ob der hiermit erhaltene Informationsgewinn als reell und demonstrativ bewertet werden kann. So war z. B. auf Grund bestimmter Erfahrungen der Wiederanstieg der Herzfrequenz beim 4. Versuchstermin der 1. Kurwoche (s. Abb. 2) auffällig der nur bei der Versuchskurve mit dem höchsten Nullwert vor Versuchsbeginn (1. Kurwoche) zu finden ist. Er ist mit 2 045 (für p = 0 05 wäre 2 06 zu fordern) fast signifikant. Auf solche Abhängigkeitsfragen soll hier jedoch nicht weiter eingegangen werden. Notwendig ist nur noch die Feststellung daß nirgends sonst weitere Unterschiede mit dem t-Testverfahren ermittelt werden konnten. Abschließend sei noch auf Abb. 4 verwiesen die die Verlaufskurven des systolischen Blutdruckes in den einzelnen Kurwochen (analog Abb. 3) während des PhT aller 25 Probanden demonstriert. Sie läßt erkennen daß in der 4. Kurwoche bei tiefstem Nullwert vor Versuchsbeginn auch der höchste Anstieg nach Ph erzielt wird. Allerdings reicht auch diese Differenz nicht zur Signifikanz. Trotzdem könnte der Befund darauf hindeuten daß die Wirkung blutdrucksteigernder Pharmaka im Kurverlauf mit zunehmender vagotoner Tendenz eine regulative Verstärkung erfahren kann. Daß die ASZ im Kurverlauf verlängert wird bleibt als Besonderheit zu erwähnen. Wir begegneten dieser Tatsache des öfteren und haben erst jüngst wieder auf diesen Umstand hingewiesen (5) der von uns nunmehr laufend überwacht wird. Unabhängig aber von ihrem Niveau erfolgt die Beeinflussung der ASZ durch Ph stets im Sinne einer Verkürzung. Festgehalten zu werden verdient noch in welchem Prozentsatz die Reaktion normal ausfiel da die bloße Berechnung der statistischen Signifikanz hierüber noch nichts Verbindliches aussagt [Begründung hierzu s. bei K ü h n e (7)]. Bezüglich Ps (der am meisten interessierenden Größe des PhT) konnten wir feststellen daß von den 4mal 25 PhT 76 regelrecht (= 76%) 13 ohne Ps-Anstieg und (= 13%) 11 mit Ps-Abfall verliefen (= 11%) Von den 11 letzten lagen 7 in der 1. Kurwoche und normalisierten sich im Laufe der Kur so daß kein Proband über alle 4 Prüfungen hinweg einen pathologischen Ausfall des PhT aufwies. Mehr als zwei Drittel der Probanden waren demnach im Sinne des Testes unauffällig. Die Auswahl des Kollektivs kann also (auf gewöhnlich vorliegende Verhältnisse bezogen) nachträglich als gut angesehen werden. Von den pathologischen Fällen entfallen 63% auf die 1. Kurwoche die sich auch in der statistischen Struktur entsprechend auswirken. Das umgekehrte Verhalten ("Verschlechterung") konnte nicht ein einziges Mal vorgefunden werden. Die Ergebnisse lassen sich in Erweiterung der in der 1. Mitteilung gezogenen Folgerungen etwa folgendermaßen zusammenfassen: 1. Der bereits in der 1. Mitteilung gefundene histiotrope Effekt des Kurgeschehens läßt sich durch vorliegende Untersuchungen weiter bestätigen und auf das Verhalten des Systemdruckes erweitern. 2. Der pharmakologische Reiz in Gestalt des PhT bleibt unabhängig von der erwähnten histiotropen Richtungsänderung im Kurverlauf typenmäßig unverändert. Die Amplitude z. B. der mit Ph erzielten systolischen Drucksteigerung ist möglicherweise vom Nullwert vor Versuchsbeginn beeinflußbar. Diese Kreislauffunktionsprüfung ist demnach einschränkungslos als aussagekräftig in jeder Phase des Kurverlaufes zu bewerten. Keinesfalls wird ein "pathologischer" Versuchsverlauf durch das allgemein drucksenkende Geschehen der Kur als Scheinergebnis zu befürchten sein. Im Gegenteil dürfte die mögliche Erhöhung des maximalen Blutdruckanstieges im Kurverlauf die Bewertung "nicht kreislaufgefährdet" (im Sinne der allgemein gültigen Bewertung des PhT) verstärken. Wir konnten schon auf die Tatsache hinweisen daß 63% der in der 1. Kurwoche pathologisch verlaufenden Teste sich im weiteren Kurverlauf "besserten". Darin könnte ein Kureffekt gesehen werden. Weitere orientierende Untersuchungen laufen über die Ph-Wirkung bei Dauermedikation während einer Kurbehandlung. Zusammenfassung An 4 gleichmäßig über den Kuraufenthalt verteilten bei 25 kreislauflabilen CO2-Badekurgästen durchgeführten Pholedrin- (entspricht Veritol-)Testen wurde ein Kureffekt zu studieren versucht. Die statistische Bearbeitung läßt den Schluß zu daß der Typ des Pholedrintestes durch die Kurwirkung nicht alteriert sogar im Aussagewert beeinträchtigt wird. Im Einzelfall lassen sich im Gegenteil sogar "Verbesserungen" des Testtyps beobachten. Im Hinblick auf die Herzfrequenz und den Systemblutdruck nimmt das Kurgeschehen an sich einen dämpfenden Einfluß. Diese offenbar histiotrope Situation begünstigt möglicherweise das Ansprechen der Kreislaufregulation auf ergotrope Reize und verlangt u. U. den therapeutischen Einsatz entsprechender Medikamente. Literatur 1. Blumberger K. J.: Die Untersuchung der Dynamik des Herzens beim Menschen. Ihre Anwendung als Herzleistungsprüfung. Erg. inn Med. Kinderheilk. 62: 424 (1942). 2. Heim Fr.: Über die Blutdruckwirksamkeit von Sympatol an Menschen nach Vorbehandlung mit Ephedrin Veritol und Pervitin. Arch. exp. Path. u. Pharmakol. 205: 470 (1948). 3. Hentschel F.: Klin. Erfahrungen mit Pholedrinisis in der Chirurgie. Dtsch. Gesundh.-Wes. 1955: 976. 4. Holldack Kl.: Die Bedeutung der "Umformungs- und Druckanstiegszeit" für die Herzdynamik. Dtsch Arch. klin. Med. 198: 71 (1951). 5. Jordan H. H. Lachmann und H. Wagner: Kardiodynamische Effekte bei CO2-Bäderkuren. Z. angew. Bäder- u. Klimaheilk. 7 5: 525 (1960). 6. Klepzig H. H. Reindell und W. Berg.: Veränderungen des Kreislaufs und der Hämodynamik des linken Ventrikels nach kleinen oralen Veritolgaben. Med. Welt 1951: 422. 7. Kühne P.: Zur Schätzung der klinischen Bedeutsamkeit von Unterschieden mit Hilfe des "prospektiven Aussagewertes". Biometr. Z. 1: 81 (1959). 8. Linder A.: Statist. Methode f. Naturw. Med. und Ing. Basel 1951. 9. Rein H.: Über die Kreislauf- u. Stoffwechselwirkungen des ß-(p-Oxyphenyl)-Isopropylmethylamins. Naunyn-Schmiedeberg's Arch. exp. Path. Pharmak. 187: 617 (1937). 10.Stiegert K. und G. Eckelt: Erfahrungen mit dem Pholedrin-(Veritol-)Test. Zbl. Chirurg. 81: 2366 (1956). *Pholedrin-isis der Firma Isis-Chemie Zwickau/Sa. Für die Überlassung der Versuchsmengen sei auch an dieser Stelle verbindlichst gedankt. 11. Mitt. s.d.Zschr. 1: 303 (1960)

Keyword(s): Therapieeffekt medikamentöser Therapie Balneotherapie


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