Nachweis periodischer Langwellenschwankungen bei der absoluten Arhythmie des Herzens |
Journal/Book: VII.intern.Conf.ritmi biolog.incl.basimetria Siena 5.-7.9.60. 1960;
Abstract: Institut für Kur- und Bäderwesen und für Physikalische Therapie Bad Elster (Direktor: a.o. Doz. Dr. med. habil. H. Jordan) Im Rahmen grösserer Untersuchungen über die rhythmischen langwelligen Veränderungen der Momentanfrequenz des menschlichen Herzens war das klinische Bild der sogenannten absoluten Arhythmie besonders interessant da man mit guten Gründen von der Ueberlegung ausgehen konnte dass selbst laufende Rhythmusstörungen durch rhythmische Verschiebungen des vegetativen Tonus überlagert sein könnten. Voruntersuchungen hatten hierzu bereits ein entsprechendes Material geliefert und es blieb die Frage des objektiven Nachweises solcher langwelliger Einflüsse bei diesem Krankheitsbild. Objektiv würde in diesen Fällen gleichzeitig "Messbarkeit" bedeuten und somit eine Verschiebung des Problems auf die Frage seiner mathematischen Behandlung bedingen. Wie schon früher benutzte ich für dieses Vorhaben die von Blume angegebene Periodogrammanalyse deren methodische Eigentümlichkeiten und Grenzen in diesem Kreis als bekannt vorausgesetzt werden dürfen. Auch hatte ich bereits Gelegenheit auf dem letzten Kongress der Gesellschaft über die Anwendbarkeit dieser Methode für Untersuchungen im physiologischen Bereich zu sprechen. Vorhergegangene Diskussionen über diese Methodik insbesondere auch ein Referat von mir auf der letzten Tagung der Deutschen Region der Biometric Society in Bad Nauheim warfen die Frage auf inwieweit mit dieser Periodogrammanalyse nachgewiesene Rhythmen auch tatsächlich den im Körper vorhandenen Rhythmen entsprechen. Das solchen Fragestellungen zugrunde liegende Problem lässt sich im Modell etwa dadurch veranschaulichen dass man aus einer Reihe willkürlich gewürfelter Zahlen mittels Bildung gleitender Mittelwerte wellenförmige Kurvenzüge erhalten kann die sich über die Abszisse der Zeitdauer des Versuches hinziehen und die nun mittels der modifizierten Fourier-Analyse wie sie die Blume'sche Analyse darstellt zweifelsohne gegebenenfalls in Perioden zerlegt werden können. Es würden also dann in einem solchen Falle echte Perioden vorgetäuscht werden die in Wirklichkeit keinem periodischen Vorgang entsprechen. Es war deshalb notwendig bei der Frage der absoluten Arhythmie nicht nur beim Nachweis periodischer Veränderungen stehenzubleiben sondern auch Vergleiche mit den Wellenlängen anzustellen die beim unbeeinflussten physiologischen Herzschlag vorkommen. Ganz kurz ein Wort zur Methodik: Die zeitlichen Abstände der einzelnen Herzschläge von Kranken mit absoluter Arhythmie werden ausgemessen und daraus über genügend lange Zeitläufe hin (Versuche bis zu 20 Min. fortlaufend registrierter Herzschläge) gleitende Mittelwerte gebildet und diese graphisch dargestellt. Der so entstehende mehr oder minder regelmässig geformte Wellenzug wird dann der Periodogrammanalyse unterzogen. Die gefundenen Perioden werden sodann mit denen aus physiologischen Untersuchungen bekannten verglichen. Aus Gründen der statistischen Ueberprüfung haben wir dieses anscheinend etwas umständliche Verfahren des zeitlichen Ausmessens jedes einzelnen Herzschlagintervalles bewusst gewählt da wir mit fortlaufend registrierenden Geräten keine Kenntnis der Verteilung der Grundgesamtheit erhalten und keine Möglichkeit vergleichender statistischer Bearbeitung der Streuungsverhältnisse gesehen hätten. Zweifelsohne würde aber zur Durchführung der Periodogrammanalyse auch ein fortlaufend die Herzfrequenz registrierendes Gerät genügen. Die Ergebnisse waren nun insofern interessant als die aus einem Material von 13 242 Einzelmessungen ausgewählten 16 Beispiele die Existenz langwelliger periodischer Veränderungen der Herzperiodendauer bei verschiedener Grundfrequenz des Herzens bewiesen. Gruppierungsversuche der gemessenen Perioden zeigten qualitativ zwar gleiche aber stärker variierte Grössenänderungen wie beim Herzgesunden. Als eigentliches Anzeichen der Arhythmie wurden dabei Phasensprünge festgestellt. Gerade diese Phasensprünge sind es aber die zu den anfangs diskutierten Bedenken der Methode zurückführen da ja mit ihnen das plötzliche Abbrechen einer Periode und das zeitlich verschobene Einsetzen einer neuen gemeint ist. Diese Phasensprünge traten häufiger als bei Gesunden auf. Daneben konnte eine statistisch gesicherte negative Korrelation der Wellenlänge dieser Perioden zur Herzfrequenz gefunden werden. Die beim Herzgesunden nachgewiesenen etwa um 12-15 28-33 und 55-65 sec. dauernden Perioden konnten auch bei der absoluten Arhythmie bestätigt werden wenn auch Zwischenfrequenzen auftraten. Die methodischen Bedenken liessen sich in den Fällen entkräften in denen es gelang mittels der Blume'schen Periodogrammanalyse nicht nur Wellenlänge und Phase sondern auch den Geltungsbereich der gefundenen Perioden anzugeben. In über 50% der untersuchten Beispiele konnten wir solche über den ganzen Versuch hin nachgewiesene Geltungsbereiche der Wellen feststellen insbesondere galt dies für die Minutenrhythmen. Das würde also bedeuten dass wir auch bei der sogenannten absoluten Arhythmie der Herzschlagfolge keine eigentliche " absolute Arhythmie " vorfinden sondern dass doch hinter dieser für den klinischen Untersucher ganz willkürlich erscheinenden Rhythmusstörung eine - wie ich es bezeichnet habe - "rhythmische Kulisse" existiert deren Substrat vermutlich die vegetative Tonusschwankung des extracardialen Steuerungsmodus darstellt. Kann man gegen diese Untersuchungen insoweit methodische Bedenken erheben als Phasensprünge und gelegentlich auch Amplitudenveränderungen gemäss dem angezogenen Würfelbeispiel aufzufassen wären so konnte doch in den verschiedensten Wellentypen Uebereinstimmung mit dem Vorkommen solcher bei Herzgesunden nachgewiesen werden. Da solche Untersuchungen naturgemäss ziemlich zeitraubend sind haben wir uns vorerst auf wenige Beispiele beschränken müssen. Wir werden aber in kürzester Zeit in der Lage sein mittels einer technisch erheblich verbesserten und vereinfachten Apparatur die Aufzeichnung der Kurren zu erleichtern und hoffen dann eine weitere Beobachtungsreihe diesen jetzigen Ergebnissen hinzufügen zu können. Die klinischen Folgerungen die sich aus dem Nachweis rhythmischer Prozesse auch bei der sogenannten absoluten Arhythmie ziehen lassen sind durchaus von Bedeutung. Es lassen sich von diesem Blickpunkt aus bestimmte Beiträge zur Klärung der Pathogenese der absoluten Arhythmie geben über die hier zu sprechen nicht meine Aufgabe ist.
Keyword(s): Rhythmusstörungen Arhythmie
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