Strombahneffekte des Phenylaethylessigsäure-ß-diaethylaminoaethylesters |
Journal/Book: Arzneimittel-Forschung 8 (1958) 716-717. 1958;
Abstract: Aus den Kliniken der Staatlichen Rheumaforschungsanstalt in Bad Elster (Vogtland); Chefarzt: Prof. Dr. med. habil. K. Lühr Spasmolytica mit anticholinergischer atropin- oder papaverinartiger Komponente sind im Hinblick auf ihren Kreislaufeffekt von praktischer wie theoretischer Bedeutung. Aus der Gruppe der basischen Ester von (-substituierten Phenylessigsäuren deren krampflösende Eigenschaften bekannt und z.T. auch in cardiodynamischer Hinsicht studiert worden sind [Lit. s. 1 ferner 9 10 11 12) lag der Phenylaethylessigsäure-(- diaethylaminoaethylester in wasserlöslicher Form (Contvenil(r)*) injectabile HH 205) zur Prüfung seiner Wirkung auf den Kreislauf vor. Das statistisch gesicherte Ergebnis dieser Untersuchung wird im folgenden vorgelegt. Methodik: Bei 12 gesunden Versuchspersonen im Alter von 35-60 Jahren wurden nach einer entsprechenden Ruhepause Kreislaufanalysen nach Wezler-Boeger [2] sowie die Bestimmung der hämodynamischen Werte nach Blumberger [3] bzw. Holldack [4)] unter Berücksichtigung der Grundschwingung des Femoralispulses und der Gipfelzeit dieser Pulskurve nach Jungmann u. Rohr [5] vorgenommen. Die Untersuchungen wurden vor sowie 5 10 20 und 30 min nach der Injektion von 0 049 g Convenil iv. in 2-5 min durchgeführt und nach dem Differenz-t-Testverfahren abgesichert. Dabei wurden Streuungsprüfungen und korrelative Beziehungen erwogen. Auf Signifikanz wurde bei p ist gleich ( 0 05 erkannt. Die 5 Versuchstermine sind im folgenden mit I II III IV und V bezeichnet. An statistischen Abkürzungen finden Verwendung: r: Korrelationskoeffizient p: Überschreitungswahrscheinlichkeit t: Prüfwert der Mittelwertdifferenzen nach Student [5] x-: Mittelwerte der 12 Vp. zu den einzelnen Versuchterminen. Es bedeuten ferner: Ps Pd Pm: Systolischer diastolischer mittlerer Blutdruck Fr: Herzfrequenz a: Pulswellengeschwindigkeit Tfem: Grundschwingung und Gzfem: Gipfelzeit des Femoralispulses E': elastischer W: peripherer Widerstand E'/W: Dämpfungsfaktor Vs: Schlag- Vm : Minutenvolumen L: Herzleistung UFZ: Umformungszeit DAZ: Druckanstiegszeit ATZ: Austreibungszeit ASZ: Anspannungszeit ATZ/ASZ: Quotient nach Blumberger SD (BR) u. SD (BL):Systolendauer nach Broemser-Ranke VZ: Verzögerungszeit bzw. Blumberger Ergebnisse In Tab.1 seien vorerst für jede Meßgröße die Mittelwerte der Versuchstermine I-V mitgeteilt wobei signifikante Differenzen mit * markiert sind. Besprechung der Ergebnisse Tab.1 läßt zunächst erkennen daß die meisten signifikanten Änderungen zum II. bzw. IV. und V. Versuchstermin eintreten also grob ein "Früheffekt" von einem "Späteffekt" unterscheidbar wird. Ersterer betrifft nur die ATZ letztere ist für Ps-Pd W E'/W Vm UFZ DAZ ASZ und VZ nachweisbar. Für Pd wird die Signifikanz für I/V nicht ganz (+) erreicht. Die Verkleinerung von Ps-Pd geht aber offenbar vor allem auf Kosten von Pd und nicht Ps. Da sich Pm nicht wesentlich ändert dürfte auch mit keiner nennenswerten Änderung der Druckarbeit des Herzens zu rechnen sein. Tabelle 1 --------------------------------------------------------------------------------------------------------------------------------- x- für I II III IV V Maßeinh. -Wert p --------------------------------------------------------------------------------------------------------------------------------- Ps 122 1 123 5 122 5 117 8 120 8 mm Hg - - Pd 74 2+) 77 2 76 0 77 9 78 3+) mm Hg - - Ps-Pd 48 7* 47 1 46 1 43 3 42 7* mm Hg 3 67 <0 01 Pm 98 4 100 7 99 7 99 8 99 3 mm Hg - - Fr 71 3 68 0 65 8 70 3 71 2 pro min - - a 6 70 6 71 6 75 6 60 6 59 msec - - Tfem 393 388 390 391 389 msec - - Gzfem 128 131 131 132 130 msec - - E' 1579 1590 1580 1560 1560 dyn/cm5 - - W 1380* 1548 1523 1628* 1633 dyn/sec 2 87 <0 05 cm5 E'/W 1 16* 1 06 1 06 1 00* 1 00 - 3 45 <0 01 Vs 83 4 80 9 81 3 77 9 76 3 ml - - Vm 5 89* 5 46 5 46 5 26 5 17* l/min 3 0 <0 05 L 0 131 0 121 0 122 0 117 0 117 mkg/sec - - UFZ 54 9 52 9 55 3* 52 7* 53 7 msec 3 11 <0 01 DAZ 46 4 44 7* 47 5 52 3* 47 3 msec 2 24 <0 05 ASZ 101 0 97 5* 102 9 105 0* 101 0 msec 3 21 <0 01 ATZ 275 2* 287 7* 283 8 285 4 283 0 msec 6 35 <0 001 ATZ/ASZ 2 77 2 96 2 79 2 77 2 75 - - - VZ 32 8 32 3 29 5 28 7* 29 7 msec 3 63 <0 01 SD(BR) 239 246 270 263 270 msec -- SD(BL 378 385 388 391 385 msec Aus Gründen der Raumersparnis wird auf die Aufstellung der Einzelwerte verzichtet. Sie können jederzeit vom Verf. angefordert werden. Die Amplitudeneinengung des Blutdruckes müßte aber zu einer Abnahme des cardialen Fördervolumens führen wie sie sich wohl auch in der Reduzierung des Minutenvolumens (Vm) kundtut. Diese geht wahrscheinlich auf die konstante (aber hier noch nicht signifikant nachweisbare) Verringerung des Schlagvolumes (Vs) zurück da die Herzfrequenz zum fraglichen Zeitpunkt ohne erkennbare Änderung befunden wird. Korrelativ ist der periphere Widerstand (W) angestiegen und E'/W als Quotient signifikant abgesunken. In gleicher Richtung liegt der Rückgang der Herzleistung der wenn auch nicht signifikant so doch deutlich erkennbar zutage tritt. Als "Späteffekt" tritt die Verlängerung der ASZ auf die sich mit dem bisher geschilderten hämodynamischen Verhalten gut deckt. Das verminderte Füllungsvolumen des Herzens läßt die Anspannungszeit verlängern. Diese Änderung geht auf Kosten der Druckanstiegsphase: die DAZ wird verlängert woraus sich eine relative Verkürzung der UFZ ableiten läßt. Es ist nach den eingehenden Untersuchungen von Emmrich Klepzig u. Reindell [7] auch weniger die UFZ als die DAZ der sich wandelnde und der die Größe der ASZ bestimmende Faktor. Die signifikante Zunahme der ATZ als "Früheffekt" läßt sich nicht ohne weiteres erklären. Eine Vergrößerung des Vs liegt zum fraglichen Versuchstermin nicht vor. Auch zur Systolendauer resp. zur Herzfrequenz läßt sich keine sichere Relation finden. W vergrößert sich allerdings deutlich so daß eine Beziehung beider Größenänderungen vermutet werden könnte [6]; hingegen fehlt eine solche zur Änderung der Windkesselverhältnisse. Schließlich ist einer Veränderung speziell nur der ATZ keine allzu große Bedeutung beizumessen. Auffällig bleibt daß sich in keiner der hierzu verwertbaren hämodynamischen Meßgrößen ein gesicherter Einfluß des Convenils auf die Elastizitätsverhältnisse des Windkessels finden läßt. Tfem Gzfem a und E' sind ohne signifikante Änderungen. Dieses Ergebnis steht in Parallele zu meinen früheren Versuchen mit Isoamyl-(-(2-diaethylaminoaethylamino)-phenylacetat (Avacan(r)) das zur gleichen Stoffgruppe gehört. Auch im Hinblick auf das Verhalten des cardialen Füllungsvolumen stimmen beide Ergebnisse überein. In theoretischer Hinsicht ist noch bedeutsam daß sich eine gut gesicherte positive Korrelation von Gzfem zu Tfem nachweisen ließ. Sie liegt für die 60 Wertepaare bei r = 0 56 (tr = 5 1; p < 0 01) und entspricht den Befunden von Jungmann u. Rohr [5]. Die fehlende Signifikanz hierfür beweist natürlich keineswegs daß Convenil die elasto-muskulösen Elemente der Windkesselwandung ohne Einfluß ließe. Das ist theoretisch kaum vorstellbar. In der angewendeten Dosierung und Versuchsfolge aber gehen diese Einflüsse nicht über den Bereich der Zufallsschwankungen hinaus. Die "fehlende Signifikanz" ist theoretisch ja zumeist eine Folge der zu großen Streuung der Meßwerte wobei das verschieden hohe Ausgangsniveau von einschneidender Bedeutung ist. Wir sind aber berechtigt am kleinen Versuchskollektiv gerichtete Änderungen zu fordern ehe wir einen Einfluß als sicher hinstellen können. Bei pharmakologischen Effekten ist eine Änderung beobachteter Kreislaufgrößen immer darauf zu prüfen ob oder in welchem Umfange der Ausgangswert als solcher die Richtung und die Ausschlaggröße der Änderung dirigiert. Es wäre also mithin der Ausgangswert mit der experimentell erreichten Änderung (im Falle einer Signifikanz) zu korrelieren. Hierbei sind aber rangkorrelative Probleme im Spiel deren mathematische Analyse für so kleine Kollektive recht fraglich und schwierig ist. Auf Grund gewisser mathematischer Bedenken [8] bin ich deshalb nicht auf diese Korrelationen eingegangen. Prüft man dagegen die korrelativen Beziehungen der Wertepaare der sich als signifikant heraushebenden beiden Versuchstermine so erhält man jeweils eine Aussage darüber wie sich "End"- und "Anfangs"-wert verhalten. Meine Korrelationen sind in Tab.2 zusammengestellt. Das bedeutet also praktisch daß keine gegenläufigen Beziehungen darstellbar werden da es sich durchweg um positive und zudem gut gesicherte Korrelationen handelt. Im Falle Vm habe ich noch versucht die Differenz dem Anfangswert zuzuordnen und die Gruppe mit hohen der mit niedrigen Anfangswerten gegenüberzustellen. Die zu große Streuung verhindert jedoch die Signifikanz der Mittelwertdifferenzen (t = 1 19). Die Ergebnisse meiner Untersuchungen zeigen daß es unter der Wirkung von Convenil zu faßbaren Kreislaufveränderungen kommt wenn die hier gewählte Dosis iv. injiziert wird. Wir dürfen eine Verminderung der Minutenvolumenleistung des Herzens bei einer Erhöhung des Gesamtwiderstandes der Strombahn (als Dilatationseffekt?) annehmen wobei korrelative Begleitänderungen der Cardiodynamik registrierbar werden. Die Effekte erreichen etwa nach 20 min post inj. ihre Signifikanz. Es ist sicher daß diese Beziehungen bei der therapeutischen Anwendung von Convenil Beachtung finden müssen. ________________________________________________ Meß- sinifik. größe Termine r tr p ________________________________________________ ASZ II/IV +0 67 2 86 <0 005 ATZ I/II +0 68 2 91 <0 05 Vm I/V +0 74 5 28 <0 001 W I/III +0 67 2 86 <0 05 E'/W I/V +0 84 4 88 <0 001 UFZ III/IV +0 80 4 21 <0 01 DAZ II/IV +0 61 2 44 <0 05 Ps-Pd I/V +0 89 6 17 <0 001 ________________________________________________ Tab. 2: r = Korrelationskoeffizient tr = Testwert für r p = Risiko Es sei abschließend betont daß bei genügend langsamer Injektionsdauer keine so störenden Nebenwirkungen auftreten daß die iv. Anwendung dieser Substanz nicht verantwortet werden könnte. Die Injektionsdauer sollte allerdings nicht unter 3-5 min betragen und die Applikation am liegenden Patienten erfolgen. Bei schnellerer Injektion kam es zu Schwindelerscheinungen Palpitationen und Nausea-ähnlichen Zuständen. Zusammenfassung: 0 049 g Phenylaethylessigsäure-(-diaethylamino-aethylester (Convenil(r) HH 205) iv. injiziert rufen bei gesunden Probanden eine Umstellung des Kreislaufes mit Einengung der Blutdruckamplitude durch Anstieg des diastolischen Druckes und des Gesamtwiderstandes der Strombahn sowie Absinken der Förderleistung des Herzens hervor. Diese Effekte sind etwa 20 min post injectionem signifikant. Korrelativ ändern sich alle hierfür in Frage kommenden gemessenen Kreislaufgrößen. Störende Nebeneffekte traten bei langsamer im Liegen durchgeführten Injektion (2-5 min Dauer) nicht auf. Literatur: [1] Jordan H. Arzneim.-Forsch. 6 66 (1956) [2] Wezler K. u. Boeger A. Erg. Physiol. 41 359 (1939) [3] Blumberger K. J. Erg. Inn. Med. 62 424 (1942) [4] Holldack K. Dtsch. Arch. Klin. Med. 198 71 (1951) [5] Jungmann H. u. Rohr H. Pflügers Arch. Physiol. 258 38 u. 47 (1953) [6] Blumberger K. J. Klin. Wschr. 825 (1940) [7] Emmrich J. Klepzig H. u. Reindell H. Arch. Kreislaufforsch. 24 177 (1956) [8] Lienert K. Vortr. 5. Biometr. Coll. Bad Nauheim 26. Januar 1957 [9] Wirt H. Schweiz. Med. Wschr. 83 498 (1953) [10] Haudenschild W. Schweiz. Med. Wschr. 82 360 (1952) [11] Felber J. Praxis 41 1024 (1952) [12] Müller A. Praxis 43 1066 (1954) *)Convenil-Hommel inject. (HH 205). Für die Überlassung der Versuchsmengen sei der Firma Hommel Zürich auch an dieser Stelle herzlich gedankt.
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