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December 2024

Multiple Xanthinsteinbildung

Journal/Book: Dtsch. Z. f. Verdauungs- u. Stoffwechselkrankh. 15 (1955) 3. 1955;

Abstract: Dr. med. H. Jordan Staatliche Kliniken und der Rheumaforschungsanstalt des Staatsbades Bad Elster (Chefarzt: Prof. Dr. med. habil. K. Lühr) Xanthinsteine (XSt.) - sowohl in reiner als auch in zusammengesetzter Form - gelten als klinische Seltenheiten (44) wenn sie auch in letzter Zeit offenbar etwas häufiger beobachtet wurden. Unsere Mitteilung ist als Beitrag zur Diskussion über die Pathogenese dieser Erscheinung gedacht. Die ersten Beobachtungen der Xanthinnephrolithiasis sind bei Ebstein (1) niedergelegt: Xanthin (Xa.) wurde als Steinbestandteil erstmals von Marcet (2) ("Xanthoxyd") erkannt. 1810 hat Langenbeck (3) einen eigroßen XSt. operiert der verschiedentlich untersucht und beschrieben worden ist (4 5 6 7). Die weiteren Beobachtungen (8 9 10 11) betrafen reine und zusammengesetzte Steine verschiedener Größe; bei dem bekannten Tübinger XSt. wurde 97 % Xa. in der äußeren und 78 % Xa. in der inneren Schicht nachgewiesen (12) hingegen fehlten Harnsäure Hypoxanthin Guanin Zystin oder oxalsaurer Kalk. Ein späterer Bericht hat 15 einschlägige Fälle unter Hinzufügen einer eigenen Beobachtung gesammelt (13). Bis 1946 sind weitere kasuistische Mitteilungen erschienen (14 15 16) die Gersh und Meltzer referiert (17) haben. Das jüngste japanische Schrifttum1 nennt 23 Fälle von XSt. (18) die Beobachtungen bis 1950 enthalten (19 20) und diese um 5 weitere aus Japan vermehren. Dem uns greifbaren Schrifttum nach sind demnach 28 Mitteilungen bisher erfolgt. In etwa zwei Drittel der beschriebenen Steine handelt es sich um reine Xa.-Konkremente. Während über die Lage von 5 der beschriebenen XSt. nichts bekannt ist wurden von den anderen gefunden eine Verteilung die an sich keine besonderen Schlüsse zuläßt. im Nierenbecken 7 im Ureter 4 in der Blase 11 in der Urethra. 1 Unser jetzt 68 jähr. Patient leidet seit 4 Jahren an typischen z. T. subfebril verlaufenden Nierenkoliken. Mitte August 1954 wurden innerhalb etwa 10 Tagen 12 kleine glatte runde Steinchen bei der Miktion zutagegefördert wie sie auch schon früher gelegentlich anderer Koliken beobachtet worden waren. Die weiteren Erörterungen ergaben nun: Der Urin sei vor dem Steinabgang wie "schwarzer Tee". Zystoskopisch waren keine Blasenkonkremente gesichtet worden obwohl sie "immer lange in der Blase liegen". Eine Röntgenaufnahme einer dieser Steine ergab keine Darstellbarkeit. Patient war nie krank. 1914 Schrapnellkugelverwundung an der rechten Schulter; die Kugel sei 1915 am II/III Lwk. und 1926 "im Becken gelegen" festgestellt worden. Befund: Mäßige Adipositas (89 kg). Volumen pulmonum auctum mit beginnender respirator. Insuffizienz. Arterieller Hypertonus (160/75-190/105 im Liegen). Kreislauf an der Grenze der Kompensation. Osteochondrose der LWS. Zustand nach Schrapnelldurchschuß re. Schulter. Arthrosis deformans der Ileosakralgelenke und des re. Schultergelenks. Nierenlager druck- und stoßempfindlich. Laborative Befunde: Röntgendiagnose: Spondylochondrose der LWS. Arthrosis deformans der Ileosakralgelenke. Tendoperiostitis der Darmbeinkämme und der beiden Trochanteren. Lumbosakraler Übergangswirbel. Metallfremdkörper in den Weichteilen der Kreuzbeingegend. Rest-N.: 28mg-%. Harnsäure/Serum: 4 39mg-% (!). Urin: pH 4 9 ( Folienkoloimeter). Ubg.: normal. Ubl.: negativ. Sed.: wenig Schleim Urate und Zylinderepithel. Mäßig viel geschwänzte und Plattenepithelien sowie Leukozyten. Viel Erythrozyten. Zimtfarbene Kristalle (Xa.?). Keine Harnsäure. Untersuchung der Harnkonkremente: Keinerlei anorganische oder organische Substanz außer reinem Xa. und nur ein Hauch als Glührückstand. Steine völlig säureunlöslich (auch in konz. HCl); in Alkalien unter Gelbfärbung löslich. Nach Abrauchen mit HN03 sowie nach vorheriger Lösung der Steins in Natronlauge oder Ammoniak und zusätzlichem salpetersauren Eindampfen ergab sich nach Anfeuchtung des Rückstandes mit Kalilauge eine leuchtend orangerote Färbung. Murexidprobe negativ. Verbrennung der Steine völlig geruchlos. Ein uns später vom Patienten zugeschickter 13. Stein enthielt zusätzlich Ammoniumkarbonat. Murexidprobe war diesmal positiv so daß neben reinem Xa. auch Ammoniumurat bestanden hat. Es handelte sich also um 12 reine und einen mit Ammoniumurat kombinierten XSt. Unsere Steine entsprachen den geläufigen Beschreibungen: Glatte Oberfläche matt hart und fest (1) graubraunrötlich (21). Der Wachsglanz (22) fehlte. Typisch war die leichte Löslichkeit in Alkalilauge (17 22) und Ammoniak. Die Gegenwart stark sauren Harnes als Voraussetzung zur Steinbildung (21 23 24 25) war gegeben. Bei einem kombinierten Xa.-Kalziumstein ist allerdings auch alkalisches Harnmilieu beschrieben worden (17). Die XSt. erwiesen sich ferner als röntgennegativ (17). Obschon die Konkrementbildung aus Xa. eine Seltenheit ist gelangt auch physiologischerweise ein geringer Anteil der niederen Oxydationsstufen der Purinkörper als Hypoxanthin oder Xa. zur Ausscheidung (23). Die 0xydation des 2 6-Dioxypurins aus Hypoxanthin kann offenbar noch im Muskel stattfinden und ist hier ein Ergebnis des Inosinabbaus. Durch hydrolytische Desaminierung kann Xa. auch direkt aus dem Guanin entstehen (Schmidtsches Ferment in der Leber). Normalerweise schließt die Oxydation von Xa. zur Harnsäure den Purinstoffwechsel ab - entweder frei oder noch im Verbande des Nukleosids (26). Hierfür ist die Aktivität der Xanthinoxydase (eines Flavinenzyms (27) vom Charakter eines Schwermetallprodeids das Molybdän enthält (28)) erforderlich. Für die Steinbildung wird allgemein eine vermehrte Bereitstellung von Purinkörper anerkannt; die Seltenheit der Konkrementation ist offenbar durch die bessere Löslichkeit von Xa. etwa gegenüber der Harnsäure erklärbar. Daß die exogene Purinzufuhr erhöht sein müsse (29) ist sehr zweifelhaft; in unserem Falle auszuschließen. Diätetisch-therapeutische Gebote (29) scheinen danach nicht notwendig zu sein (17). Erhöhte Muskelarbeit käme als endogener Faktor in Frage (22) da die Muskulatur als hauptsächliche Quelle der endogenen Harnsäurebildung anerkannt ist (27 30 31). Dieser Theorie des Überangebotes (22) steht die Vermutung einer Behinderung der Xa. dehydrase gegenüber. In vitro ist eine Hemmung der Xa.-0xydase bekannt. Als Inhibitoren wurden z. B. Isatin Ninhydrin und Alloxan gefunden (32). In vivo ist Xa. in hohen Dosen selbst als Hemmstoff ebenso wirksam wie viele andere körpereigene Metaboliten als kompetitive Inhibitoren (28). Im Falle gleichzeitiger Ammoniumuratsteinbildung muß allerdings mit dem wirksamen Ferment gerechnet werden. Eine erhöhte Purinsynthese des 0rganismus wäre weiter in Betracht zu ziehen -. etwa als Analogen zur Harnsäuresynthese bei der Gicht. Beziehungen zu dieser Krankheit aufzugreifen erschiene uns zu spekulativ wenn nicht jene - allerdings geringe - Hyperurikämie bei unserem Patienten vorläge. Das Fehlen oder das spärliche Auftreten von Uraten kann in dieser Richtung diskutiert werden (33) wenn auch Uratstein- und Gichtdiathese kombiniert auftreten kann (1 30). Faßt man die Hyperurikämie als Ausdruck einer Störung des intermediären Purinstoffwechsels auf (34) so ließe sich immerhin fragen ob nicht solche Störungen auch auf den Endabbau von Xa zu Harnsäure übergreifen könnten etwa derart daß die vermehrte Harnsäuresynthese infolge der mehr oder minder starken Aktivitätsbehinderung der Xanthinoxydase nur einen relativ kleinen Harnsäureüberschuß zustande kommen läßt während sich die Oxydationsvorstufe anreichert. Die endogene Harnsäuresynthese ist aus Glykokoll Ammoniak und CO2 über 5(4)-Amino4(5) imidazol-carboxamid und dessen weitere Umbildung durch Hinzutreten eines C-Atoms zu Hypoxanthin bzw. Xa. möglich (35). Im Gichtikerblut war der Hypoxanthinspiegel erhöht (36). Schließlich ist interessanterweise bekannt daß die Leberxanthindehydrase durch Cortison z. B. aktivierbar ist worauf sich der "Gicht-Hormon-Test" gründet (37). Vielleicht müssen also Stress-Situationen oder funktionelle Leberschäden eingreifen um über eine fermentative Hemmung die Voraussetzung zur XSt.-Bildung zu schaffen. Ist doch überhaupt der gesamte Purinstoffwechsel stark von hypophysären und suprarenalen Konditionen abhängig. Der originellen Unterscheidung Muglers nach (38) wäre dann der XSt. als Stein des 0rganismus" und nicht als "0rganstein" anzusprechen und würde etwa neben die Zystinsteinbildung zu plazieren sein. Müssen wir zudem doch wohl zugeben daß "Xanthin noch Wege im Stoffwechsel einschlägt die wir heute nicht kennen" (39). Die Tatsache daß die Xanthinoxydase nächst der Leber am häufigsten in der Niere vorkommt (30) gibt dabei Anlaß an eine Nierenstörung zu denken. Kann doch eine leichte Hyperurikämie bei normalem Rest-N (wie dies bei unserem Patienten vorliegt) ein Frühzeichen der Nierenminderleistung bedeuten (40). Wir konnten allerdings sonst keinen weiteren Anhaltspunkt in dieser Richtung finden. Die Schrapnellverletzung scheidet für die Pathogenese auch unter der Annahme aus daß die Kugel gewandert ist. Sie lag 1926 "im Becken" also wohl an der Stelle an der sie auch heute noch sitzt. Segmental ist dies allerdings der Bereich in dem auch die Niere liegt (D10-12). Die neurogene Theorie der Harnsteinbildung (41) erkennt Beziehungen an bei Schädigung von Th12 -L1 wenn der Sympathikus betroffen ist. Sind solche Verhältnisse bei akuten Traumen gegeben (42 23) so ist doch sehr zweifelhaft ob jene neurodystrophen Prozesse eine Folge chronischer Schäden (Bindegewebswall 0steochondrosen der LWS) sein können. Eine Infektion der Harnwege als Anlaß zur Kernbildung der Steine (38 41 43) hat auch nicht erkennbar vorgelegen. Wenn wir auch abschließend noch immer Ebstein rechtgeben müssen daß uns die Ätiologie der XSt.-Bildung "unbekannt" sei (1) so mag doch die Besprechung des vorliegenden Falles die Möglichkeit offenlassen diese seltene klinische Erscheinung als Folge einer Purinkörperstoffwechselstörung in gewisser Parallele zur Gicht und zur Zystinsteinbildung zu deuten. Zusammenfassung Nach einer Übersicht über das bisherige Schrifttum wird auf einen Fall von Xanthinurolithiasis eingegangen der 12 reine und einen mit Ammoniumurat kombinierten XSt. aufwies. Auf Grund einer gleichzeitigen Hyperurikämie wird eine Störung im Purinkörperstoffwechsel evtl. durch Hemmung der Xanthinoxydase vermutet. Literatur 1. Ebstein W. Die Natur und Behandlung der Harnsteine J. F. Bergmann Wiesbaden 1884. 2. Marcet zit. nach Ebstein. 3. Langenbeck zit. nach Ebstein. 4. Stromeyer zit. nach Ebstein. 5. Liebig u. Wöhler zit. nach Ebstein 6. Unger zit. nach Ebstein 7. Staedeler zit. nach Ebstein. 8. Taylor zit. nach Ebstein. 9. Laugier zit. nach Ebstein. 10. Herzfelder u. Rampold zit. nach Ebstein 11. Lebon zit. nach Ebstein 12. Hoppe-Seyler zit. nach Ebstein. 13. Kretschmer H. L Xanthine calculi: Report of a case and review of the Literature. J. Urol. Baltimore 38 183 (1937) 14. Rabner M. u. A. Strasberg A case of xanth. calculosis Canad. Med Ass. J. 40. 350 (1939) 15. Hyman A. u. A. E. Leiter A case of xanthine calculi. J. Mt. Sinai Hosp 8 84 (1941) 16. Butt A. J. u. H. D. Holliman Xanthine calculus: A case report J Urol. Baltimore 52 89 1944) 17. Gersh J. u. H. L. Meltzer Xanthine urinary calculi. Report of two cases. J. Urol. Baltimore 55 I 169 (1946). 18. Schitawa T. Xanthine calculi of the Kidney. J. Urol Baltimore 72 770 (1954) 19. Bergmann zit. nach Schitawa. 20. Pearlman zit. nach Schitawa. 21. Garrè A. A. Borchard R. Stich u. K. H. Bauer Lehrb. d. Chirurgie. J. Springer Berlin 1941 S 493. 22. Kleinschmidt 0. Die Harnsteine ihre Physiographie u. Pathogenese. J. 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Keyword(s): Urologie Harnsteine Xanthinsteinbildung


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