Woran scheitert die bessere Diabetestherapie? Optimale Therapiekonzepte werden oft aus Kostengründen aufgegeben |
Journal/Book: MMW-Fortschr. Med. - Nr. 13/ 2000; S. 285/ 25; (142 Jg.). 2000;
Abstract: Dr. med: Wolfgang Sohn; Arzt für Allgemeinmedizin Schwalmtal; Schriftleiter der MMW-Fortschritte der Medizin Unverändert werden Defizite in der Betreuung von Diabetespatienten kritisiert. Dabei besteht prinzipiell kein Zweifel daran dass es möglich ist eine gute "Einstellqualität" zu erreichen d. h. Begleit- und Folgeerkrankungen stärker zu vermeiden und gleichzeitig die Kosten zu verringern. Folglich sucht man nach Ansätzen die Strukturqualität zu verbessern und Anreize (Honorar Budgetentlastung) für die Einhaltung von Empfehlungen zu schaffen (s. Beitrag G. Meincke ab S. 30). Als Maßstab gelten nach wie vor die Ziele der St. Vincent-Deklaration von 1989: Reduktion von Beinamputationen um 50% von Erblindungen und Nierenversagen um jeweils 30% und ein Schwangerschaftsverlauf wie bei Nichtdiabetikerinnen. Wenn die Auswertung nach fünf Jahren zeigte dass nur spezialisierte Diabetesambulanzen diese Ziele erreichen konnten (Berger 1996) dann waren entweder die Zielvorgaben irreal oder die Hemmnisse in der Allgemeinpraxis wurden unterschätzt (s. Beitrag A. Gandorfer M. Ulbig ab S. 26). Offenbar besteht ein ausgeprägtes Kommunikationsproblem zwischen Ärzten und Diabetikern einerseits sowie Diabetologen und Hausärzten andererseits. Unbestritten wird dem Hausarzt die wesentliche Screening- und Koordinationsaufgabe zugeschrieben. Ein Hemmnis für die Verbesserung der interdisziplinären Kooperation ist die unzureichende Diffusion universitärer Forschungserkenntnisse in den ambulanten Bereich. Auch die unterschiedliche Patientenstruktur (ausgeprägte Komorbidität beim Hausarzt) und der weniger strikte Einfluss auf den Patienten (Rückzug durch Arztwechsel) in der Praxis darf als Rahmenbedingung nicht unterschätzt werden. Unverändert besteht ferner das Schnittstellenproblem ambulant-stationär wodurch ca. 30 Millionen Mal pro Jahr Therapiekonzepte sofort nach Entlassung geändert werden - in 44% aus Kostengründen (Busse et al. 1999). Patientenschulung ist sicherlich erfolgreich bei denen die dazu bereit sind. Da es sich bei der großen Zahl der Typ-2-Diabetiker aber um über 63-Jährige handelt (Sohn et al. 1996) ist zu begrüßen dass die neuen Strukturverträge gerade der individuellen Betreuung Rechnung tragen. Nur wer für sich persönlich den Nutzen einer Lebensstiländerung wahrnehmen kann ist bereit die im Vergleich zu anderen Alltagsbedürfnissen abstrakten Chancen einer guten Einstellung als Ziel zu akzeptieren. Um dies zu vermitteln muss der ältere Patient wiederholt auf seiner Verständnisebene angesprochen werden. ab
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