Alterndes Deutschland; Herausforderung des demographischen Wandels |
Journal/Book: Deutsche Rentenversicherung 1-2/2000 S. 72-91. 2000;
Abstract: Prof. Dr. Dr. h.c. Bert Rürup Technische Hochschule Darmstadt Finanz- und Volkswirtschaftspolitik Darmstadt Zusammenfassung Während das Medianalter der Bevölkerung Japans am schnellsten ansteigt ist gemessen am Anstieg des Altenquotienten Deutschland die am schnellsten alternde Gesellschaft der Welt Bereits heute und verstärkt in der Zukunft sind "Kapital" und "Wissen" die wichtigsten Produktionsfaktoren. Die Träger des neuen wachstumsintensiven Wissens sind die 20- bis 30-Jährigen. Und hier ist nicht der quotale Anteil an der Gesamtbevölkerung relevant sondern die absolute Zahl. Diese wird - legt man die derzeitige Standardprojektion zugrunde - von derzeit 12 Mio. auf 8 5 Mio. in 2040 zurückgehen. Hinzu kommt eine alterungsbedingt nachlassende "Ergiebigkeit" des Humankapitals. Ausmaß und Intensität dieser negativen Wachstumskonsequenzen hängen allerdings entscheidend von der Entwicklung der konkreten - und unternehmenspolitisch gestaltbaren - Arbeitsplatzstruktur ab. Denn da sich nicht alle Fähigkeiten in gleicher Weise verändern sondern die altersspezifischen Leistungskurven je nach Arbeitsplatz und Beruf unterschiedlich verlaufen kann - zumindest im Prinzip - die Fähigkeit jeder Altersgruppe durch entsprechende Arbeitsplatzgestaltung wachstumseffizient genutzt werden. Derzeit sind nach den massiven Restrukturierungsprozessen der deutschen Wirtschaft in den neunziger Jahren nur noch gut 450.000 Beschäftigte über 60 und nur 2 1 Mio. Arbeitnehmer zwischen 55 und 59 Jahre alt. Die Wohnbevölkerung in Deutschland altert die Belegschaften in den Betrieben werden dagegen jünger. Es ist unstrittig dass eine "jugendzentrierte" unternehmerische Personalpolitik nicht nur zu kurzfristigen Finanzierungsproblemen in unseren lohnzentrierten Sozialversicherungssystemen führt sondern die demographiebedingten Probleme der Sozialversicherungen zeitlich vorsieht und verschärft. Und man kann sagen dass es kaum gelingen kann unsere derzeitigen Sicherungssysteme demographiefest - oder zumindest demographiefester - zu machen wenn die betriebliche Personalpolitik nicht mitspielt bzw. dies sogar unterläuft. Wenn die betriebliche Personalpolitik mithelfen soll den demographischen Druck auf unsere umlagefinanzierten Systeme zu verringern dann sind es drei Felder auf denen - ggf. in einem Bündnis für Arbeit für Ältere - Antworten auf das Problem der Beschäftigung - präziser dem Beschäftigungsaufbau älterer Belegschaften - gefunden werden müssen: die Lohnpolitik die Arbeitsplatzgestaltung und die Qualifizierungspolitik. wt
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