Entflammte Herzen Welche Rolle spielen Entzündung und Infektion bei koronarer Herzkrankheit und Infarkt? |
Journal/Book: MMW-Fortschr. Med. - Nr. 18/ 2000; S. 375/ 29; (142 Jg.). 2000;
Abstract: Prof. Dr. med. M. Blumenstein Stiftsklinik Augustinum München Schriftleiter für innere Medizin/ Kardiologie/Nephrologie der MMW-Fortschritte der Medizin Die koronare Herzerkrankung als mögliche Folge einer bakteriellen Infektion des Gefäßsystems ist ein aktuelles Thema das nicht nur in der Laienpresse sondern auch in medizinischen Fachkreisen dauerhaft für Gesprächsstoff sorgt. Kaum ein Kongress während der letzten Monate bei dem diesem Thema nicht besondere Aufmerksamkeit geschenkt wurde. Ähnlich der Erkenntnis dass Helicobacter pylori in über 90% die Ursache der Magen- und Zwölffingerdarmgeschwüre ist wird davon ausgegangen dass auch die Koronarsklerose Folge einer Infektion mit verschiedenen infektiösen Erregern bakteriellen und viralen Ursprungs wie beispielsweise Zytomegalievirus oder Chlamydia pneumoniae sein könnte. Der interessierte Zuhörer lernte - nicht selten bei so genannten "Pro-und-Contra"-Diskussionen - Verfechter und Gegner dieser Hypothese kennen. Diese stützt sich auf mehrere Untersuchungen in denen die Persistenz von Erregermaterial in menschlichem Plaquegewebe nachgewiesen werden konnte. Darüber hinaus konnte in einigen klinischen Studien mit Makrolidantibiotika die Zahl kardiovaskulärer Ereignisse bei ausgewählten Patienten signifikant reduziert werden. Erwartungsgemäß wurden diese Daten in der Öffentlichkeit kritiklos verbreitet. Die Vorhersage eine einfache Antibiotikatherapie mache komplizierte und teure kardiologische und herzchirurgische Eingriffe überflüssig darf dabei noch als zurückhaltende Stellungnahme angesehen werden. Zukünftigen Patienten wurde der entscheidende Durchbruch bei den Behandlungsmöglichkeiten der Volkskrankheit Nummer eins versprochen. Sind die Sachverhalte wirklich so einfach? Die Erkenntnis dass es sich bei den verschiedenen Stadien der Atherosklerose um einen Entzündungsvorgang im weiteren Sinne handelt ist nicht neu. Im Sinne der klassischen "Response-to-injury"-Theorie wurde in den letzten fünf Jahren das Prinzip der lokalen und systemischen Entzündungsreaktion eingehend erforscht. Als wichtige Erkenntnis gilt dass unterschiedliche Auslöser in einer gemeinsamen Endstrecke der Gefäßläsion münden und sich nicht alle atherothrombotischen Ereignisse auf die traditionellen Risikofaktoren wie Hypercholesterinämie Diabetes mellitus Nikotinabusus und Hypertonie zurückführen lassen. Hieraus aber bereits jetzt abzuleiten dass sie alleinige Ursache einer chronischen Infektion sind ist sicher nicht gerechtfertigt und schadet der Seriosität evidenzbasierter Medizin. ... ab
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