Gelingt die Reintegration in das Erwerbsleben nach Langzeitarbeitsunfähigkeit? - Zusammenfassung der Ergebnisse der ISSA Studie aus Deutschland - |
Journal/Book: Deutsche Rentenversicherung 4/99 Seite 219-234. 1999;
Abstract: Dipl.-Soz. Andreas Weber / Prof. Dr. Dr. Heiner Raspe Lübeck Die International Social Security Association in Genf hat eine vergleichende prospektive multinationale Kohortenstudie zu "Work incapacity and reintegration" angeregt die in Deutschland vom VDR unterstützt vom AOK- BKK- und IKK-Bundesverband gefördert wird. Im Rahmen dieser prospektiven Beobachtungskohortenstudie wurden in Deutschland 410 langzeitarbeitsunfähige (AU) Dorsopathiepatienten mehrfach mittels Fragebögen schriftlich befragt. Die Angaben der Befragten wurden anonymisiert mit Sozialversicherungsangaben der Krankenkassen verknüpft. Für den Gesamtzeitraum von 23 Monaten ergaben sich folgende Rückkehrraten: 54.7 % nehmen die Arbeit wieder auf 7.1 % geben an 23 Monate durchgehend AU zu sein (es handelt sich hierbei um Rentenantragsteller deren Anträge noch nicht abschließend behandelt bzw. entschieden worden sind) 20.7 % gehen in Rente und 12.1 % werden arbeitslos. Die Wahrscheinlichkeit nach einer mehr als ein Jahr andauernden Arbeitsunfähigkeit die Arbeit wiederaufzunehmen wird immer kleiner; 95 % der Rückkehrer haben im Zeitraum bis zu einem Jahr die Arbeit wieder aufgenommen. 86 % der Rückkehrer arbeiten nach ihrer Index-AU im gleichen Beruf mit gleichen Aufgaben wie vor der Krankschreibung bei 9 % haben sich die Aufgaben geändert und lediglich 5 % arbeiten in einem anderem Beruf mit anderen Aufgaben. Auf die Frage nach einer Adaption des Arbeitsplatzes antworten 86 % mit "nein". Auch hat sich bei 84 % der Rückkehrer die wöchentliche Arbeitsstundenzahl (Durchschnitt 35.3 Stunden) im Vergleich zur Zeit vor der AU nicht verändert. Die ersten Analysen ergaben als wichtigsten sozio-demographischen Faktor für die Wiedereingliederung das Alter der Befragten weshalb alle Berechnungen geschichtet nach Altersgruppen (bis 50 Jahre und 51 - 59 Jahre) durchgeführt wurden. In beiden Altersgruppen sind die körperlichen Arbeitsanforderungen am letzten bzw. aktuellen Arbeitsplatz als wichtige Determinanten für die Wiederaufnahme der Arbeit anzusehen. Dies bedeutet daß diejenigen Personen an deren Arbeitsplatz starke körperliche Anforderungen gestellt werden eine deutlich geringere Rückkehrwahrscheinlichkeit haben. Setzt man die Teilnahmen an einer medizinischen Rehabilitation zur Wiederaufnahme der Arbeit in Bezug so zeigt sich kein unmittelbarer signifikanter Effekt. Deshalb wurde untersucht ob sich eine medizinische Rehabilitation positiv auf die Funktionskapazität auswirkt. Ein solcher Effekt konnte für die bis 50jährigen bei erfolgter Rehabilitation zwischen den Zeitpunkten T1 (84 Tage AU) und T2 (12 Monate nach AU Beginn) ermittelt werden. Für diese Gruppe ergab sich zwar eine Verbesserung der durch den Funktionsfragebogen Hannover gemessenen subjektiven Funktionskapazität. Es gilt jedoch festzuhalten daß der Wert am Befragungszeitpunkt nach der Rehabilitation immer noch weit unter der für diesen Fragebogen festgelegten klinisch relevanten Schwelle lag. Bei den anderen Gruppen konnte keine Verbesserung durch eine Rehabilitation erzielt werden. Dies liegt darin begründet daß die von uns befragten langzeitarbeitsunfähigen Rehabilitanden vor der Rehabilitation einen extrem schlechten Gesundheitszustand aufweisen. Die subjektive Arbeitsprognose der Betroffenen konnte als guter Indikator für die Nicht-Wiederaufnahme der Arbeit identifiziert werden. Es lassen sich auch Hinweise dafür finden daß eine positive subjektive Arbeitsprognose die Rückkehr an den Arbeitsplatz begünstigt. Einen signifikanten Einfluß auf die Wiederaufnahme der Arbeit hat in beiden Altersgruppen die Variable "Entlassungen im letzten Jahr". So kehren Personen die die Frage "Gab es im letzten Jahr vor Ihrer Krankschreibung in Ihrem Betrieb Entlassungen?" bejahen seltener an ihren Arbeitsplatz zurück. In der Altersgruppe bis 50 Jahre ist außerdem noch die Variable "Könnte Ihr Arbeitsplatz von Entlassungen betroffen sein?" signifikant d. h. Personen mit möglicher drohender Kündigung nehmen die Arbeit seltener wieder auf. Als Ergebnis der statistischen Analysen kann festgehalten werden daß geringe körperliche Anforderungen am Arbeitsplatz hohe Funktionskapazität eine subjektive positive Arbeitsprognose und mit Einschränkungen der sichere Arbeitsplatz entscheidende Faktoren für die Wiederaufnahme der Arbeit darstellen. ___MH
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