Evidenz-basierte und Patienten-orientierte Medizin |
Journal/Book: Münch. med. Wschr. 141 (1999) Nr. 1/2 S. 3/23-5/25. 1999;
Abstract: Prof. Dr. med. Th. von Uexküll Sonnhalde 15 D-79104 Freiburg; Prof. Dr. med. J. M. Herrmann Rehabilitationsklinik Glotterbad der LVA Württemberg D-79286 Glottertal. Am 31. 12. 1997 brachte die FAZ eine frohe Botschaft. Unter der etwas sperrigen Überschrift "EINE REFORMBEWEGUNG FÜR DIE KRANKEN: Mehr Wissenschaft durch Evidenz-basierte Medizin / Überwindung subjektiver Urteile" berichtete sie daß sich in der Medizin ein Paradigmawechsel angebahnt hat der zu einer besseren Versorgung der Kranken führen soll. Eine Reformbewegung für die Patienten? Versucht man sich dann näher über den verheißenden Paradigmawechsel zu informieren erfährt man zu seiner Überraschung daß er schon zu Beginn des 19. Jahrhunderts mit der Wendung zur experimentellen Medizin stattgefunden hat. Der Autor der FAZ verweist auf Claude Bernard1 dessen kritische Überlegungen zur Faktengläubigkeit noch heute aktuell aber inzwischen vergessen sind (Bernard 1865). Einfacher hätte es der Autor des FAZ-Artikels gehabt wenn er den berühmten Brief des Physiologen Du Bois-Reymond2 von 1842 zitiert hätte.3 Mit seiner These der lediglich "physikalisch-chemischen Natur" aller Vorgänge im Organismus hatte er die experimentelle Methode mit dem Prinzip der Wiederholbarkeit aller Vorgänge zum Prinzip erhoben. Inzwischen hat die Medizin 150 Jahre lang mit überwältigenden Erfolgen nach diesem Paradigma gearbeitet und in allen Industrienationen ein Ausbildungssystem installiert das Ärzte in diesem Sinne erzieht. Man fragt sich daher verwundert was die EBM-Bewegung zur späten Erneuerung des Rütli-Schwurs von Du Bois-Reymond veranlaßt. Das wirkliche Anliegen der neuen Bewegung D. L. Sackett einer der Pioniere der Bewegung definiert Evidenz-basierte Medizin als "Integration individueller klinischer Erfahrung mit der bestmöglichen externen Evidenz aus systematischer Forschung" bzw. "die gewissenhafte explizite und klare Nutzung des augenblicklich besten Beweismaterials bei der Entscheidungsfindung für die Betreuung des individuellen Patienten"4 (Sackett et al. 1996). Das klingt einleuchtend und überzeugend solange man die beiden Aspekte der Medizin die hier integriert werden sollen nicht genauer anschaut. Der eine Aspekt die "klinische Erfahrung" oder "interne Evidenz" wird als "das Können und die Urteilskraft definiert die Ärzte durch ihre Erfahrung und klinische Praxis erwerben". Der andere als "externe Evidenz" definierte Aspekt besteht im Idealfall aus randomisierten kontrollierten klinischen Studien und systematischen Übersichten dieser Studien die als "Goldstandard" bezeichnet werden: "da sie korrekt über die Frage informieren . . . ob Therapiemaßnahmen mehr nützen als schaden." ... ___MH
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