Europäisierung des Reha-Marktes als Chance |
Journal/Book: H u K Jg. 51; 5/99 S. 144-147. 1999;
Abstract: Dr. Franz Terwey Brüssel Bei dem heute erreichten Integrationsgrad der Europäischen Gemeinschaft sind für die deutsche Sozial- und Gesundheitspolitik viele nachhaltige Veränderungen unmittelbar vorgezeichnet. Der weitestgehend vollendete Binnenmarkt mit gemeinsamer Wirtschaftsverfassung und einheitlicher Währung führt dazu daß nationale Handlungsspielräume sich verengen und die Politiken der Mitgliedsstaaten immer stärker miteinander verzahnt werden müssen. Die geplante Erweiterung der Gemeinschaft nach Mittel- und Osteuropa hin also der Beitritt weiterer Staaten mit höchst unterschiedlicher sozialpolitischer Schieflage sowie die anstehende Teilharmonisierung des Steuerwesens sind nächste Schritte auf diesem Weg. Und nicht zuletzt belegen auch eine Reihe von jüngeren Urteilen des Europäischen Gerichtshofes klar den langsamen Abschied von der sozialrechtlichen Territorialität in der EU. Subsidiarität im Wandel Zwar besteht hinsichtlich des Kompetenzgefüges in der Frage der materiellen Gestaltung der Sozialschutzsysteme in Europa formal Klarheit: Es gilt mit besonderer Strenge der Grundsatz der Subsidiarität wonach den Einzelstaaten so viele Regelungsbefugnisse bleiben wie möglich und der Union nur soviel Kompetenz zugestanden wird wie nötig. Die Sozial- und Gesundheitspolitik wird also auch künftig prinzipiell in nationaler Verantwortung verbleiben. Andererseits ist nicht zu leugnen daß die europäische Einigung ein unumkehrbarer Prozeß mit fortschreitendem Souveränitätstransfer ist. Subsidiarität ist nicht statisch sondern permanent im Wandel. Die Machtbalance zwischen "Brüssel" und den nationalen Regierungen wird also auch in der Sozialpolitik einem ständigen Wandel unterworfen sein. Diesen Wandel aktiv mitzugestalten ist eine der wichtigsten Zukunftsaufgaben aller verantwortlichen Akteure der Kostenträger wie der Leistungsanbieter. Ferner ist zu sehen daß überall dort wo soziale Sicherheit eine Marktdimension hat uneingeschränkt das europäische Wirtschafts- und Wettbewerbsrecht Anwendung findet. Das ist ganz besonders in den Versorgungsstrukturen des Gesundheitswesens der Fall und damit auch im Bereich von Prävention Rehabilitation und Pflege. Hier erzwingen die europäischen Grundfreiheiten namentlich die Waren- und Dienstleistungsfreiheit einen Paradigmenwechsel für die Sozialversicherungsträger und ihre Partner: Eine Überprüfung des Selbstverständnisses wird notwendig die strategische Vorbereitung auf ein immer europäischer werdendes Geschäftsumfeld sowie eine mobilitätsfördernde professionelle Kundenorientierung. Gesundheitspolitische Megatrends In der europäischen Gesundheitspolitik lassen sich vier globale Megatrends feststellen deren Folgen auf nationaler Ebene immer deutlicher spürbar werden: - Der ökonomische und strukturelle Wandel: Er ist bedingt einmal durch eine wachsende Globalisierung mit zunehmendem Wettbewerbsdruck ferner durch tiefgreifende technologische Veränderungen (von der Industriegesellschaft zur Informationsgesellschaft) verbunden mit massiven Herausforderungen für die Beschäftigung und die Frage der Finanzierung sozialer Sicherheit und schließlich durch eine stetig weiter alternde Gesellschaft mit abnehmendem familiären Zusammenhalt. - Es ist ein Wandel in der Sozialgesetzgebung zu beobachten: Obwohl Prävention und Rehabilitation einen wachsenden Markt darstellen obwohl ihre Instrumente als Produktivfaktor anerkannt sind weil sie nachhaltig zur Ausgabenminderung im sozialen Bereich beitragen nimmt das finanzielle Engagement der öffentlichen Sozialsysteme in diesem Sektor stetig weiter ab. Dem stehen veränderte persönliche Bedürfnisse der Menschen gegenüber die dazu führen daß Prävention Rehabilitation und Pflege an Nachfragepriorität gewinnen. Maßnahmen zur Prävention und Reha werden zunehmend vom einzelnen bezahlt. ... ___MH
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