Der subjektiven Wahrnehmung des Patienten Respekt zollen Das Konzept "Lebensqualität" verändert die Medizin |
Journal/Book: MMW-Fortschr. Med. - Nr. 41/ 1999; S. 57/ 697; (141 Jg.). 1999;
Abstract: Priv.-Doz. Dr. rer. soc. Herschbach P.; München Medizinisches Handeln wird heute oft an der "Lebensqualität" des Patienten gemessen. Dieser Begriff führt in Studien gelegentlich zu paradoxen Ergebnissen weil er eine starke Subjektivität beinhaltet. Auch in der Praxis wird diese Beurteilung immer stärker Eingang finden. Der Begriff "Lebensqualität" hat etwa 1975 Einzug in die Medizin gehalten und nimmt seitdem kontinuierlich an Bedeutung zu (bis heute ca. 20000 Publikationen). Eine Ursache dafür mag der wachsende Anteil chronischer Erkrankungen sein bei denen Erfolgskriterien wie Laborwerte Heilungsraten oder Überlebenszeiten nicht mehr hinreichen. Wir definieren "gesundheitsbezogene Lebensqualität" heute als die subjektive Einschätzung des Befindens in mindestens psychischen sozialen und physischen Dimensionen des Erlebens durch den Betroffenen. Es handelt sich somit um ein subjektives Phänomen das in der Regel mit standardisierten Fragebögen am Patienten abgefragt wird. Zwar gibt es auch Arzteinschätzungsskalen doch hat die Erfahrung gezeigt daß Arzt-Fremdeinschätzung und Patienten-Selbsteinschätzung sehr divergieren können. Die Lebensqualität der Patienten wird heute in vielen medizinischen Bereichen untersucht in klinischen Studien zur Bewertung von Therapiemaßnahmen zum Vergleich der Folgen verschiedener Krankheitsbilder und zunehmend auch bei gesundheitsökonomischen Fragen und im Qualitätsmanagement. Weniger verbreitet ist ihre systematische Erfassung bisher in der klinischen Praxis. Die Ergebnisse die in entsprechenden Studien gewonnen werden erscheinen nicht selten paradox. So finden sich z. B. Patienten mit schweren Erkrankungen wie Krebs die eine bessere Lebensqualität als leichter Kranke oder gar Gesunde aufweisen! Oder es zeigt sich manchmal daß radikale oder verstümmelnde Operationsverfahren nicht notwendigerweise mit einer schlechteren Lebensqualität einhergehen als schonende weniger radikale Verfahren. Immer wieder irritiert wenn objektive Faktoren wie Krankheitsschwere und Behandlungsradikalität sich nicht direkt in der gemessenen Lebensqualität der Betroffenen niederschlagen. Extreme Subjektivität der Wahrnehmung Der Grund liegt darin daß die Messung tatsächlich auf einem subjektiven Patientenurteil beruht in das zwar objektive Einflüsse vor allem aber subjektive psychische Faktoren eingehen. Wenn z. B. ein Tumorpatient nach belastender Therapie und Todesängsten in ein rezidivfreies Intervall kommt kann sich sein gesamtes inneres Wertesystem ändern. ... ab
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