Ambulante orthopädisch-traumatologische Rehabilitation: Methodische Probleme einer vergleichenden Ergebnisevaluation |
Journal/Book: DRV-Schriften Band 11/98 Seite 143-144 Interdisziplinarität und Vernetzung 7. Rehabilitationswissenschaftliches Kolloquium vom 10. bis 12 März 1997 in Hamburg Tagungsband. 1998;
Abstract: 1Humboldt-Universität Berlin Institut für Rehabilitationswissenschaften 2Infratest Epidemiologie und Gesundheitsforschung München 3BAGUV München Seit Dezember 1995 wird eine Evaluation der ambulanten orthopädisch-traumatologischen Rehabilitation durchgeführt. Die Untersuchung berücksichtigt in Anlehnung an Donabedian (1978) die Aspekte der Strukturqualität der Prozeßqualität und der Ergebnisqualität. (vgl. Beitrag von Törne et al. in diesem Band). Grundlage der Ergebnisevaluation ist eine quasi-experimentelle Längsschnittstudie die eine vergleichende Bewertung des Behandlungserfolges von Patienten mit ausgewählten Indikationen aus ambulanten Rehabilitationszentren und Rehabilitationsklinken unternehmen soll. Dieses Vorgehen wirft jedoch methodische Probleme auf. Neben dem üblichen Problem möglicher mangelnder Vergleichbarkeit der Untersuchungsgruppen das jede quasi-experimentelle Studie mit sich bringt stellt sich bei der vergleichenden Ergebnisevaluation der ambulanten orthopädisch-traumatologischen Rehabilitation noch ein besonderes Problem und zwar die mangelnde Vergleichbarkeit von ambulanten und stationären Patienten als Folge einer möglichen differentiellen Indikation. Um empirische Hinweise auf die Existenz dieses Problems zu erhalten wurde im Rahmen der ersten Zwischenauswertung der Basisdokumentation (vgl. Beitrag von Törne et al.) das Diagnosenspektrum in den ambulanten Zentren ausgewertet (n = 436) und mit dem in Rehabilitationskliniken verglichen (Datenbasis: Routinestatistiken des VDR Angestelltenversicherung). In den ambulanten orthopädisch-traumatologischen Zentren finden sich mit Abstand am häufigsten Erkrankungen des Rückens (ICD 722: 14.7% 723: 9.2% 724: 9.8%) sowie Knieverletzungen (844: 11.2% 717: 6% 836: 2.1 %). Zu den 12 häufigsten orthopädisch-traumatologischen Diagnosen zählen außerdem Arthrosen (715: 5%) Verstauchungen/Zerrungen des Fußes/Fußgelenkes (845: 3.2%) sonstige Gelenkerkrankungen (718: 2.3%) Oberarmfrakturen (812: 2.3%) und Wirbelsäulenfrakturen (805: 2.1%) sowie Affektionen der Weichteile (729: 2.1%). Das restliche Drittel der in den Zentren angegebenen Diagnosen setzt sich aus insgesamt 49 weiteren Einzeldiagnosen zusammen darunter mit 1% oder häufiger: Tendinitiden Busitiden (727) Wirbelsäulenverbiegungen (737) Affektionen von Knochen und Knorpel (733) Verstauchungen/Zerrungen des Rückens (847) periphere Enthesiopathien u.ä. (726) Knöchelbrüche (824) und Beckenbrüche (808). Während Patienten mit Knieverletzungen in den ambulanten Zentren die zweitgrößte Gruppe ausmachen stellen sie im stationären Bereich nur einen geringeren Anteil der Rehabilitanden im orthopädisch-traumatologischen Bereich (Anteil an stationären Rehabilitationsmaßnahmen und Anschlußheilbehandlungen ca. 1% resp. 3%). Patienten mit Dorsopathien machen 1/3 der Patienten in den ambulanten Zentren und 2/3 der Patienten in der stationären orthopädisch-traumatologischen Rehabilitation aus. In den ambulanten Zentren handelt es sich bei über 50% der Dorsopathie-Gruppe um "unspezifische" Wirbelsäulensyndrome (ICD 723 724) die die größte Gruppe im stationären Bereich bilden. Die Diagnose einer Diskopathie (ICD 722) findet sich in den ambulanten Zentren bei 40% der Patienten der Dorsopathie-Gruppe etwa doppelt so häufig wie im stationären Bereich. Bei 20% der ambulanten Patienten mit dem ICD-Code 722 wurde zusätzlich die Diagnose 724 gestellt was daraufhindeutet daß es sich um chronische Erkrankungen handelt. Patienten mit Knieverletzungen in den ambulanten Zentren sind im Mittel 8-10 Jahre jünger als Patienten in Rehabilitationskliniken. Bei den Rückenerkrankungen hingegen fällt dieser Unterschied erheblich geringer aus: Ambulante Patienten der Diagnosen 722-724 sind im Mittel 3-4 Jahre jünger. Diese Befunde deuten daraufhin daß bei Patienten mit Knieverletzungen eher kein Ersatz einer stationären Rehabilitation erfolgt sondern ein zusätzlicher Bedarf gedeckt wird. Diese Patienten waren bisher auf eine physiotherapeutische Behandlung im Rahmen der Akutversorgung angewiesen und haben nun die Möglichkeit eine Komplextherapie in Anspruch zu nehmen. Eine vergleichende Ergebnisevaluation stößt hier auf Grenzen. Bei Patienten mit Rückenerkrankungen gibt es Hinweise darauf daß auch in den ambulanten Zentren Patienten mit chronischen Krankheitsbildern behandelt werden. Hier soll versucht werden den möglichenden verzerrenden Einfluß unterschiedlicher Baseline-Charakteristika (vor allem unterschiedliche Schweregrade der Erkrankung) auf der Basis einer genauen Beschreibung der Patienten hinsichtlich der klinischen Symptomatik in multivariaten Analysen zu kontrollieren. ___MH
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