Konzept zur stationären Rehabilitation von Kindern und Jugendlichen bei der Indikation Mukoviszidose |
Journal/Book: DRV-Schriften Band 8 1998 S. 88-100. 1998;
Abstract: 1. Einleitung Die Mukoviszidose (Cystische Fibrose CF) zählt zu den häufigsten erblichen Stoffwechselkrankheiten. In der Bundesrepublik ist mit 1 CF-Kind auf 2000 - 3000 Lebendgeburten zu rechnen. Aufgrund von Hochrechnungen die die durch Gesetz erfaßten Krankheitsfälle an Mukoviszidose in der früheren DDR berücksichtigen wird geschätzt daß in Deutschland 5000 - 8000 CF-Patienten leben. Zwei Drittel der Patienten sind jünger als 18 Jahre. Die Lebenserwartung der Patienten konnte in den letzten 2 Jahrzehnten infolge der verbesserten Therapieansätze deutlich gesteigert werden. Das Therapiekonzept umfaßt neben der ständigen Betreuung in Spezialambulanzen und in Akutkliniken auch die stationäre medizinische Rehabilitation in 1-2-jährigen Abständen. Die Versorgung durch niedergelassene Ärzte nimmt einen insgesamt eher geringen Raum ein. Bei der Mukoviszidose handelt es sich um eine Erbkrankheit deren Defektgen mit verschiedenen Mutanten seit 1989 bekannt ist. Der Gendefekt führt zur Bildung eines ungewöhnlich zähen Sekrets in allen sekretorischen Drüsen. Die Erkrankung manifestiert sich hauptsächlich in den Atmungsorganen und im Verdauungstrakt. Die pulmonale Form führt zur Anschoppung eines zähen Sekretes in den Bronchien mit bakterieller Infektion insbesondere durch Staphylokokkus aureus und durch Pseudomonas-Arten. Der Verlauf des chronisch-fibrotischen Gewebeumbaus in der Lunge wird durch andauernde bakterielle Infektionen beschleunigt. Akute Komplikationen sind Pneumonien Pneumothorax und Hämoptoe. Langfristig kommt es infolge einer Degeneration des Lungengewebes zu einer Erhöhung des Blutdruckes im kleinen Kreislauf mit nachfolgender (Rechts-)Herzinsuffizienz. Die abdominelle Form ist durch eine mehr oder minder stark eingeschränkte Sekretion der Bauchspeicheldrüsen-Enzyme: Lipase Protease und Amylase sowie von Bicarbonat gekennzeichnet. Daraus resultiert eine mangelnde Verdauungsleistung des Darmes die zu Untergewicht bis hin zur Auszehrung führt. Akute Komplikationen sind Darmverschlüsse Bauchspeicheldrüsen-Entzündungen und Gallenverschlüsse. Auch in der Bauchspeicheldrüse ist der durch die Grundkrankheit bedingte cystisch fibrotische Umbau des Drüsengewebes langfristige Ursache für Komplikationen wie Diabetes mellitus chronische Lebererkrankung und Blutdruckerhöhung im Pfortaderkreislauf mit Venenstauung besonders in der Speiseröhre. Bei der Behandlung der Mukoviszidose ist die mehrmals täglich durchzuführende Reinigung des Bronchialsystems von dem zähen infizierten Sekret ebenso lebensnotwendig wie die hochkalorische Ernährung und die kontinuierliche medikamentöse Versorgung. Die Behandlung muß teilweise trotz Fehlens akuter Krankheitssymptome sorgfältig und regelmäßig täglich mit erheblichem Zeitaufwand durch den Patienten durchgeführt werden. In den Einrichtungen zur Akut- und Spezialversorgung der Patienten ist es nicht möglich die notwendige Zeit für das Einüben solcher Techniken einschließlich des dafür geschulten Personals vorzuhalten. Hier hat die stationäre Kinderheilbehandlung ihren festen Stellenwert. Dabei soll das vorliegende indikationsspezifische Konzept in Verbindung mit dem Rahmenkonzept zur medizinischen Rehabilitation von Kindern und Jugendlichen in der gesetzlichen Rentenversicherung Anwendung finden. Das Rehabilitationsverfahren selbst hat zum Ziel eine langfristige Verbesserung des pulmonalen Gasaustausches durch eine der jeweiligen Krankheitssituation angepaßte individuelle Physiotherapie Sporttherapie und Diättherapie einschließlich der notwendigen medikamentösen Behandlung und damit eine Verlangsamung des Krankheitsfortschrittes zu erreichen sowie soziale Integration durch Kontakte zu anderen Patienten mit der gleichen Krankheit oder anderen Krankheiten zu ermöglichen. Der Patient soll je nach Alter in die Lage versetzt werden durch eine optimale umfassende Therapie möglichst uneingeschränkt am Schulbesuch und an der Berufsausbildung teilzunehmen um in das Berufsleben hineinzuwachsen. Mukoviszidose-Patienten stellen wegen ihres unterschiedlichen Infektionsstatus hinsichtlich Pseudomonas- und Staphylokokkus-Arten eine besondere Herausforderung für Rehabilitations-Kliniken dar Pseudomonas- und Staphylokokken-infizierte CF-Patienten sind mögliche Infektionsquellen für andere CF-Patienten nicht aber für Patienten mit anderen Krankheitsbildern. Eine besondere Aufgabenstellung erwächst der stationären medizinischen Rehabilitation im Kindes- und Jugendalter in der Vor- und Nachbereitung von Organtransplantationen die bei CF-Patienten in den letzten Jahren einen erheblichen Fortschritt auch in Hinsicht auf Arbeitsfähigkeit erbracht haben. ___MH
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