Berufshinführung - eine interdisziplinäre Aufgabe in der medizinischen Rehabilitation von Jugendlichen |
Journal/Book: DRV-Schriften Band 11/98 Seite 58-59 Interdisziplinarität und Vernetzung 7. Rehabilitationswissenschaftliches Kolloquium vom 10. bis 12 März 1997 in Hamburg Tagungsband. 1998;
Abstract: Klinik Hochried für Kinder und Jugendliche Murnau Untersuchungen (Vetter 1992 BfA 1994) zeigen daß viele Berufsanfänger ihre Berufsausbildung vor dem Ausbildungsabschluß oder bereits nach kurzer Berufstätigkeit abbrechen weil sie aufgrund ihrer körperlichen Disposition nicht für den gewählten Beruf und seinen körperlichen Erfordernissen geeignet waren. Frühzeitiger Berufsabbruch kann vermieden werden wenn chronisch erkrankte Jugendliche rechtzeitig über die Risiken einzelner Berufe für ihre Erkrankung aufgeklärt und zu einer richtigen Berufswahl gebracht werden. Erhebliche Folgekosten für staatliche Sozialausgaben können so gespart werden. Eine erfolgreiche Berufswahl hat neben anderen auch Gesundheitsaspekte zu berücksichtigen. Eine vorhandene vorwiegend chronische Erkrankung kann die Berufswahl und später die Berufsausführung erheblich beeinträchtigen. Es kann von einer Wechselwirkung zwischen Beruf und Erkrankung ausgegangen werden die in einer fundierten und gezielten Berufshinführung zu berücksichtigen sind. In einer Untersuchung jugendlicher Asthmatiker (Linha Kaiser Schmitz 1996) zeigte sich daß eine notwendige Sensibilisierung jugendlicher Asthmatiker für Einschränkungen in der Berufswahl erstrebenswert ist. Frühzeitige Maßnahmen sind zur Verhinderung einer falschen Berufswahl geboten und dadurch entstehende Folgekosten zu verringern. Neben dem Arzt sind weitere Spezialisten aus anderen Berufsgruppen einzubinden. Dazu wird ein Konzept zur indikationsorientierten Berufshinführung in der medizinischen Rehabilitation für folgende Indikationen entwickelt - Asthma bronchiale - Neurodermitis/Hauterkrankungen - Allergien - Adipositas - Orthopädische Erkrankungen - Epilepsie/neurologische Erkrankungen - Herzerkrankungen. Ausgehend von einer interdisziplinären Diagnostik mit den Fachdisziplinen Medizin Psychologie Sozialpädagogik und Schule bilden die gewonnenen Ergebnisse die Grundlage einer indikationsbezogenen Berufshinführung in Verbindung mit dem Arbeitsamt. So kann ein ganzheitliches Profil vom Jugendlichen mit seinen Potentialen und Handicaps gewonnen und mit beruflich bedingten Auswahlkriterien verglichen werden. Die medizinische Rehablitationseinrichtung arbeitet mit entsprechend ausgebildeten Berufsberatern des Arbeitsamtes zusammen. Diese Berufsberater müssen zu einer sinnvollen Adaption der körperlichen Auswirkungen behinderter Jugendlicher und den spezifischen Anforderungen einzelner Berufe qualifiziert sein. Im Rahmen der indikationsbezogenen Patientenschulung der Rehabilitationsklinik kann die Arbeit des Berufsberaters für behinderte Jugendliche vorbereitet werden. Eine indikationsbezogene Berufshinführung kann folgende Aspekte beinhalten: - bisherige Berufswünsche und -vorstellungen der Jugendlichen - Chronische Erkrankungen als Belastungsfaktoren bei der Berufswahl - Risiken - Folgeerkrankungen - Einschränkung der Berufswahl - Wege der Berufsberatung - Beratungsstellen - Berufsgruppen und ihr Risiko für Erkrankte - hohes Risiko - geringes Risiko - neue Berufsvorstellungen. Allgemeine und indikationsübergreifende Voraussetzung einer vernünftigen Berufswahl ist für den Jugendlichen das Erkennen seiner eigenen Interessen und das Beschreiben von persönlichen Stärken wie Schwächen. Daneben steht das Erfahren von Anforderungen des Wunschberufes und die Notwendigkeit die körperliche Eignung in den Entscheidungsprozeß miteinzubeziehen. Auf die Indikation bezogen bedeutet dies die Erkrankung mit dem Wunschberuf zu verbinden und zu erwartende berufsbedingte Belastungen herauszuarbeiten. So kann für jede Erkrankung eine Liste von Problemberufen entstehen die es individuell mit jedem jungen Patienten zu behandeln gilt. Im Gegenzug kann eine Liste günstiger Berufe aufgebaut werden aus der letztlich ein neuer Berufswunsch gewonnen werden kann. Individuell kann eine vernünftige Berufswahl rechtzeitig angebahnt und über Ausbildungsmöglichkeiten und Hilfen informiert werden. Mit den neuen Erkenntnisse und Einstellungen bereitet sich der chronisch kranke Jugendliche gezielt mit allgemeinen und krankheitsbezogenen Fragen auf Kontakte mit Beratungsstellen des Arbeitsamtes vor sei dies ein Besuch im Berufsinformationszentrum oder das Gespräch mit dem Berufsberater des Arbeitsamtes. Einstellungs- und Wissensänderungen können mittels Befragung festgestellt werden. Sie sind im Arztbrief zu dokumentieren. Ebenso kann das heimatliche Arbeitsamt informiert werden. ___MH
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