J. Martinius zum "Jahrhundert des Kindes" Es bleibt noch viel zu tun |
Journal/Book: Münch. med. Wschr. 140 (1998) Nr. 45 S. 23. 1998;
Abstract: Prof. Dr. med. J. Martinius Institut und Poliklinik für Kinder- und Jugendpsychiatrie und Psychotherapie der Universität Klinikum Innenstadt München. Es war die schwedische Pädagogin Ellen Key die im Jahre 1900 mit ihrem Buch "Das Jahrhundert des Kindes" die Welt auf die Vernachlässigung der Bedürfnisse von Kindern aufmerksam machen und zum Handeln auffordern wollte. Sie war eine engagierte Kämpferin die leidenschaftlich Kinderarbeit Mißhandlung Heimatlosigkeit und schulischen Drill anprangerte. Am Ende dieses Jahrhunderts muß Bilanz gezogen werden. Sie sieht nicht so aus wie Ellen Key sie als Vision einer besseren Zukunft herbeisehnte. Zwar ist es in wohlhabenden Ländern um die körperliche Gesundheit und Entwicklung von Kindern besser bestellt als je zuvor. Aber die Kluft zwischen arm und reich tut sich wieder stärker auf. Auf der einen Seite ist das Bildungsangebot vielfältig und offen. Vom alten Drill ist kaum noch etwas zu spüren. Auf der anderen Seite sinken aber die Chancen eine erhaltene Ausbildung beruflich zu nutzen. Bemühen um die seelische Gesundheit unserer Kinder als Investition in die Zukunft Und das seelische Wohl von Kindern? Die Prävalenz psychischer Erkrankungen und Störungen im Kindes- und Jugendalter ist wie epidemiologische Untersuchungen zeigen gleichbleibend hoch. Suizidalität und fremdaggressives Verhalten Jugendlicher haben zugenommen. Die Ursachen liegen nicht nur in der Familie und in den Lebensumständen vor allem aber dort. Natürlich gibt es Kinder die zuviel Behütung und Kontrolle erfahren und so in ihrer Autonomieentwicklung gehemmt werden. Sie sind aber in der Minderzahl gegenüber den vielen die alleingelassen und vernachlässigt sind. Es existiert ein fundiertes Wissen über das was Kinder brauchen um sich gesund zu entwickeln. Zwischen Wissen und Anwendung stehen jedoch oft Umstände die den Brückenschlag verhindern. Es liegt an uns das Bemühen um die seelische Gesundheit unserer Kinder als Investition in die Zukunft zu begreifen und mehr für die Anwendung vorhandenen Wissens zu tun. Wenn das ausgehende Jahrhundert schon nicht das des Kindes geworden ist dann könnte bei einigem guten Willen das nächste es werden. ___MH
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