Evaluation der Variabilität der Aufklärung und des Informationsstands der Diagnose "Krebs" |
Journal/Book: DRV-Schriften Band 11/98 Seite 413-414 Interdisziplinarität und Vernetzung 7. Rehabilitationswissenschaftliches Kolloquium vom 10. bis 12. März 1997 in Hamburg Tagungsband. 1998;
Abstract: Cecilien-Klinik Bad Lippspringe Hintergrund Die Diagnose "Krebs" bedeutet für viele noch immer ein Todesurteil. Stigmatisierung mangelnde Aufklärung und schlechte Lobby sind theoretisch anzuschuldigen. Gerade bei der Diagnosemitteilung können für die weitere Krankheitsbewältigung und den kompetenten Umgang mit etablierten Therapieformen entscheidende Anstöße gegeben oder auch viel Schaden angerichtet werden. Fragestellung Aufgrund vieler an die Ärzte in Rehabilitationskliniken gerichteter Basisfragen zur Krankheit "Krebs" und unrealistischer Erwartungshaltungen wurde die Hypothese aufgestellt Patienten seien unzureichend über ihre Diagnose aufgeklärt und informiert worden. Diese Hypothese sollte mittels eines Fragebogens und gerichteter Hilfestellung geprüft werden. Methodik Es wurde ein 39 Punkte umfassender selbstkonstruierter Fragebogen mit teils zweiseitiger Fragestellung (ja/nein) teils offenen Fragen 86 Patienten einer onkologischen Rehabilitationsklinik für 2 Tage ausgeteilt und von Ärzten mit der Frage ob Hilfen bei der Ausfertigung benötigt würden wieder eingesammelt. Ergebnisse Insgesamt betrug der Rücklauf 89%. Der zeitliche Abstand zwischen der Primärdiagnose und der Aufnahme in die Klinik betrug bei den Patienten (65% männlich Durchschnittsalter 59 Jahre) in Abhängigkeit von dem 1. 2. oder 3. Heilverfahren 19 Monate die häufigste TNM-Klassifikation T2N1M0. Die Tumorerkrankungen betrafen vor allem solche aus dem HNO- urologischen und Bronchialkarzinombereich. 80% der Patienten befanden sich in einem Erstaufenthalt. In der Regel hatte der Hausarzt oder der Oberarzt seltener der Chef oder Stationsarzt die Diagnose dem Patienten mitgeteilt. Hierbei betrug die Dauer des Gesprächs zwischen 5 und 10 Minuten (Spanne 30" bis 60'). Einige Patienten gaben an das Gespräch habe sich über mehrere Tage erstreckt. Sehr häufig (45%) wurde geäußert dies sei "zwischen Tür und Angel" geschehen während sonst (40%) das Gespräch in entspannterer Atmosphäre im Sprech- oder Patientenzimmer stattfand. Die Mehrheit (60%) fühlte sich zwar ausreichend aufgeklärt dennoch wurde praktisch kaum dem Patienten die Frage gestellt ob er sich um die Zukunft Sorgen mache. Ebenfalls selten (5%) konsultierte der Patient einen zweiten Arzt. In aller Regel sind in dem Intervall zwischen Diagnosestellung und Heilverfahren ausreichend Erläuterungen über die Diagnose und die Prognose der Erkrankung eingeholt worden doch kann nur ein kleiner Teil der Patienten die Bedeutung der aktuellen Prognose einschätzen. Nur die Hälfte der Befragten äußerte den Wunsch in der Rehabilitationsklinik mehr Informationen zur Krankheit zu erhalten obwohl auch wiederum nur die Hälfte über Beihilfemöglichkeiten ausreichend informiert zu sein schien. Obwohl praktisch alle Patienten wissen daß Krebs nicht ansteckend ist und nichts mit Tuberkulose zu tun hat haben viele noch nicht von Chemotherapien gehört die gut verträglich sind und halten eine Strahlentherapie in der Regel für besser verträglich als eine Chemotherapie. Auch können sich die meisten Patienten nicht vorstellen daß Patienten mit einer Krebserkrankung eine höhere Lebenserwartung haben können als Patienten mit Herz- oder Nierenschwäche oder gar daß man an einem weit fortgeschrittenen Krebsleiden das nicht zu operieren ist unter Umständen jahrelang beschwerdefrei leben kann. Alternative Krebsheilverfahren werden zwar allgemein begrüßt doch kann sich kaum ein Patient darunter etwas vorstellen (Heilpflanzen? visuelle Bilder? Beruhigung? Mistelbehandlung?). ... ___MH
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