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December 2024

F. Froehlich J.-P. Vader B. Burnand J.-J. Gonvers zur Qualitätssicherung in der Medizin am Beispiel der Gastroenterologie Sollen wir weniger oder mehr endoskopieren?

Journal/Book: Münch. med. Wschr. 140 (1998) Nr. 17 S. 27. 1998;

Abstract: Priv.-Doz. Dr. med. F. Froehlich Prof. Dr. med. J.-J. Gonvers Universitäts-Poliklinik Lausanne Schweiz; Dr. med. J.-P. Vader Priv.-Doz. Dr. med. B. Burnand Institut für Sozial- und Präventivmedizin Universität Lausanne Schweiz. Zunehmend tritt heute die Herausforderung an uns heran trotz zunehmender Kosten in der Medizin und entsprechendem politischen Druck auch in Zukunft medizinische Leistungen von hoher Qualität zu erbringen. Dabei kommt der Angemessenheit (appropriateness) der Indikationsstellung zu diagnostischen und therapeutischen Eingriffen besondere Bedeutung zu. Angesichts der Tatsache daß Angemessenheit nur in wenigen klinischen Situationen aufgrund kontrollierter randomisierter Studien beurteilt werden kann ist es vorerst notwendig entsprechende Kriterien zu entwickeln. Eines der bestbekannten Vorgehen ist die RAND/UCLA-Methode in welcher ein multidiziplinäres Panel eine große Zahl klinischer Szenarien beruhend auf einer strukturierten Literatur-Übersicht und eigener Erfahrung auf einer 9-Punkte-Skala beurteilt (1-3: unangemessen; 4-6: diskutabel; 7-9: angemessen). Diese Methode entwickelt nicht neue Erkenntnisse macht aber bestehende Kenntnisse der praktischen Anwendung zugänglich. Am Beispiel der gastrointestinalen Endoskopie konnte die Validität der RAND-Methode nachgewiesen werden: so brachten unabhängige Panels in den USA und der Schweiz vergleichbare Kriterien hervor [5] und die diagnostische Ausbeute war in angemessenen Endoskopien signifikant höher als in unangemessenen Untersuchungen [4]. Gemeinhin wurde bislang fast ausschließlich das Problem der Unangemessenheit bzw. des medizinischen Übergebrauchs untersucht wohl als Folge der steten Forderung nach Kosteneinsparungen. Dem gegenteiligen Problem nämlich medizinischem Untergebrauch wurde bis dahin kaum Beachtung geschenkt. So zeigten wir kürzlich erstmals in einer großen prospektiven Beobachtungsstudie an 8135 Patienten daß Übergebrauch der oberen gastrointestinalen Endoskopie bei 5 1% [1] und Untergebrauch bei 4 9% [2] der Patienten besteht die eine allgemeinmedizinische Sprechstunde mit oberen gastrointestinalen Symptomen Ziel muß sein, Unnötiges zu vermeiden (Übergebrauch), Notwendiges aber nicht zu unterlassen (Untergebrauch). aufsuchten. Übergebrauch wurde mittels Kriterien der Angemessenheit Untergebrauch basierend auf Kriterien der Notwendigkeit ermittelt die 1994 nach der UCLA-RAND-Methode für die Schweiz entwickelt worden waren. Diese Studie zeigte erstmals daß medizinischer Über- und Untergebrauch gleichzeitig und in vergleichbarem Ausmaß existieren [3]. Es ist mit großer Wahrscheinlichkeit anzunehmen daß entsprechende Untersuchungen in anderen Gebieten wie der Gastroenterologie ähnliche Resultate ergeben würden. Aus diesen Resultaten läßt sich schließen daß in der Medizin sowohl Über- als auch Untergebrauch erkannt und reduziert werden müssen soll wirklich langfristig Qualität gefördert und sollen nicht bloß spektakuläre Ersparnisse auf Kosten eben dieser Qualität erzielt werden. Am Beispiel der gastrointestinalen Endoskopie könnte das heißen daß wir sowohl weniger endoskopieren sollen wie auch mehr endoskopieren dürfen aber den "richtigen" Patienten der Untersuchung zuführen müssen. Unser Ziel müßte demnach sein Unnötiges zu vermeiden (Übergebrauch) Notwendiges aber nicht zu unterlassen (Untergebrauch). Allerdings führt dies zur folgenreichen Erkenntnis daß sich die Kosten im Gesundheitswesen so möglicherweise nicht reduzieren lassen da die durch die Beseitigung medizinischen Übergebrauchs erzielten Ersparnisse in etwa den Mehrkosten der Durchführung zusätzlicher Untersuchungen zur Beseitigung medizinischen Untergebrauchs entsprechen. Zusammenfassend darf sich das Ringen um langfristige Erhaltung oder gar Verbesserung medizinischer Qualität in einem Umfeld steigenden Kostendrucks nicht auf die Bekämpfung medizinischen Übergebrauchs beschränken. Höchste Vorsicht ist heute geboten wenn Qualität mit hastig und unwissenschaftlich entwickelten Leistungskatalogen vermeintlich erfaßt wird die sorgfältig mit anerkannten Methoden entwickelte Kriterien in keiner Weise ersetzen können. ___MH


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