Hat die Art der eingesetzten Krankengymnastik und Massage bei Rückenschmerzen Auswirkungen auf das Reha-Ergebnis ? Ergebnisse einer zweifaktoriellen randomisierten Studie |
Journal/Book: DRV-Schriften Band 11/98 Seite 346-348 Interdisziplinarität und Vernetzung 7. Rehabilitationswissenschaftliches Kolloquium vom 10. bis 12. März 1997 in Hamburg. 1998;
Abstract: 1 Forschungsinstitut für Balneologie und Kurortwissenschaft Bad Elster 2 Park-Reha-Klinikum Bad Gandersheim Untersuchungziel Wirksamkeitsuntersuchung von Einzel- vs. Gruppenkrankengymnastik und Akupunktmassage vs. klassischer Teilmassage bei chronischem Rückenschmerz während stationärer Reha-Maßnahmen Stand der Forschung Bei chronischem Rückenschmerz wurden gehäuft Kombinationen von vertebraler und muskulärer Insuffizienz gefunden Schmerzbekämpfung und Herstellung der muskulären Kompensationsfähigkeit stellen daher bei der Rückenschmerzbehandlung gleichrangige Therapieziele dar. Methoden Studiendesign - prospektiv kontrolliert randomisiert zweifaktoriell Einzelgymnastik Krankengymnastik Gruppe Akupunktmassage EG / APM-Gruppe KG G / APM-Gruppe klass. Teilmassage EG / TM- Gruppe KG G / TM- Gruppe Fallzahlplanung - ca. n=120 pro Gruppe um geringe bis mittlere Effektstärken (20-30% der Veränderungsvariabilität) mit vertretbaren Irrtumswahrscheinlichkeiten (<0 05; <0 2 vergleichsbezogen) entdecken zu können Zielkriterien (jeweils prä und post Rehabilitation) FFbH-R - Funktionskapazität im Alltag subjektive Schmerzintensität über horizontale visuelle Analogskala - VAS Winkelmessung der LWS-Beweglichkeit (Zwei-Inklinometer-Technik) Auswertungsmethodik - ausführliche Deskription; faktorielle Varianzanalysen Patientenauswahl Einschlußkriterien Ausschlußkriterien chronische Rückenschmerzen (lt. WHO-Kriterien) neurologische Defizite behandlungs-bedürftige Neurosen und Psychosen ausgewählte Behandlungsdiagnosen Finger-Bodenabstand über 40 cm deutschsprechend langdauernde Arbeitsunfähigkeit Freiwilligkeit / Einverständnis zur Teilnahme Rentenantrag / erkennbare Entschädigungswünsche Lebensalter 25 bis 55 Jahre Nichtschwimmer Studienablauf - Durchführung der Studie im Park-Reha-Klinikum Bad Gandersheim - definierte Therapiespezifikation; definierter Meßmethodenabgleich - vorzeitiges Studienende aufgrund seit 1997 veränderter Reha-Zuweisungsbedingungen - Aufnahme von N=190 Patienten bei etwa ausgeglichener Gruppenbesetzung Ergebnisse - Ausgangssituation im Gesamtkollektiv - 61 % männliche Patienten; Altersmittelwert 45 Jahre (Standardabweichung 8 Jahre) - FFbH=66 % (Standardabweichung 18 %); VAS=4 5 cm (Standardabweichung 2 4 cm); - Flexion=49° (Standardabweichung 13°) und Extension 13° (Standardabweichung 7°) - weitgehend vergleichbare Situation in den Behandlungsgruppen zu Reha-Beginn - höhere Schmerzintensität zu Reha-Beginn in EG / APM-Gruppe erforderte Adjustierung auf die Ausgangssituation bei der Analyse der Behandlungseffekte Behandlungseffekte Einzel- vs. Gruppengymnastik - für keines der Zielkriterien signifikante Wirksamkeitsunterschiede - Unterschiede zwischen EG- und KG G-Gruppe: 1 4 % FFbH [95%-KI: -3 5; 6 3 ] und 0 4 cm VAS [95%-KI: -0 3; 1 1 ]. Behandlungseffekte Akupunkt- vs. klassischer Teilmassage - für Akupunktmassage sowohl beim FFbH-Score (p=0 01) als auch bei der Schmerz-VAS (p=0 008) signifikant stärkerer Behandlungseffekt - Unterschiede zwischen APM- und TM-Gruppe: 6 1 % FFbH [95%-KI: 1 2; 11 0] (Effektstärke von 0 35) und 0 8 cm VAS [95%-KI: 0 1; 1 5] (Effektstärke von 0 4). - mittlere Flexions- und Extensionsveränderungen lagen innerhalb der Grenzen der Meßgenauigkeit des Verfahrens; Diskussion der Ergebnisse Zum Anteil einzelner Therapiemaßnahmen an der insgesamt erreichbaren Funktionsverbesserung und Schmerzlinderung bei Rückenschmerz sind den Autoren keine Untersuchungen bekannt. Bei geringen erwarteten Effektunterschieden erscheint der gefundene Wirksamkeitsunterschied zwischen APM und TM nicht unerheblich da während vierwöchiger Reha-Maßnahmen meist moderate Behandlungseffekte berichtet werden (Jäckel 1987/1990; Kohlmann 1996). Die Überlegenheit von APM sollte in ähnlichen Studien geprüft werden. Die verbreitete Annahme der Überlegenheit von Einzel- gegenüber Gruppenkrankengymnastik konnte in unserer Untersuchung nicht gestützt werden. Patientennahe Zielkriterien scheinen bisher den einzigen meßtechnischen Zugang zum Nachweis von Reha-Effekten bei Rückenschmerz darzustellen. Inklinometer-Meßgrößen als klinische Outcome-Parameter erwiesen sich ebenso wie sonst genutzte Maße der WS-Beweglichkeit (FBA Ott Schober...) als ungeeignet (mäßige Wiederholungszuverlässigkeit geringe Sensitivität und Untersucher-Übereinstimmung vgl. Hildebrandt 1995). Literatur Hildebrand J : Reliabilität und Validität der Inklinometertechnik zur Messung der LWS-Beweglichkeit. Manuelle Medizin 33(1995) 11-22. Jäckel WH et al. : Messung der körperlichen und der psychosozialen Konsequenz bei chronischen Kreuzschmerzen. Z. Rheumatol 46(1987) 25-33 Jäckel WH et al. : Überprüfung der Wirksamkeit stationärer Rehabilitationsmaßnahmen bei Patienten mit chronischen Kreuzschmerzen: eine prospektive randomisierte kontrollierte Studie. Rehabilitation 29(1990) 129-133. Kohlmann T Raspe H : Der FFbH zur alltagsnahen Diagnostik der Funktionsbeeinträchtigungen durch Rückenschmerzen. Rehabilitation 35(1996) I-VIII ___MH
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