M. Berger zur Diabetiker-Versorgung Hat uns St. Vincent vorangebracht? |
Journal/Book: Münch. med. Wschr. 140 (1998) Nr. 39 S. 25-26. 1998;
Abstract: Prof. Dr. med. Dres. med. h.c. M. Berger Direktor der Klinik für Stoffwechselkrankheiten und Ernährung (WHO Collaborating Center for Diabetes Treatment and Prevention) Heinrich-Heine Universität Düsseldorf Düsseldorf; Präsident der Europäischen Diabetes Gesellschaft; Vize-Präsident der International Diabetes Federation IDF; Mitglied der dreiköpfigen Executive Group des St. Vincent Declaration Action Project. Auf Initiative von WHO-Europa und der Region Europa der International Diabetes Federation IDF diskutierten vom 10. bis 12.10.1989 Regierungsvertreter Diabetologen Patienten Public-Health-Experten Vertreter von Pharma-Industrie und Krankenversicherungen sowie Gesundheitspolitiker aus ganz Europa und verabschiedeten schließlich die Erklärung von St. Vincent: Diabetes Care and Research in Europe. The St. Vincent Declaration. Anlaß für das Treffen stellte das offensichtliche Versagen der Diabetes-Fachgesellschaften und der Gesundheitssysteme dar wissenschaftlich begründete und praktikable Verbesserungen im Bereich des Diabetes landesweit für den einzelnen Patienten und als Public-Health-Auftrag für das Gesundheitswesen zu implementieren. Neben einer allgemeinen Anmahnung zur Verbesserung von Gesundheitsversorgung und Forschung bei Diabetes ("general goals") stellt der knapp gefaßte Text der Erklärung 15 Einzelforderungen zur Verbesserung von Therapie Prävention Sozialfürsorge Dokumentation und Gesundheitsberichterstattung bei Diabetes auf. Die Realisierung eines Teils dieser Forderungen ist erstmals konkret für einen Zeitraum von fünf Jahren formuliert worden: so die Reduktion der Diabetes-bedingten Erblindungen um 30% des Diabetes-bedingten terminalen Nierenversagens um 30% der Amputationen bei Diabetikern um 50% und die Normalisierung des Schwangerschaftsverlaufs bei Diabetikerinnen. Diese Forderungen sind keineswegs utopischer Natur - sondern ihre Umsetzung in dem genannten Zeitraum ist vielmehr als durchaus machbar einzuschätzen. Entsprechend dem Auftrag der Welt-Gesundheits-Organisation richteten sich diese Forderungen von St. Vincent primär an die Regierungen der (derzeit 51) Mitglieds-Staaten der WHO-Region-Europa; und im September 1991 erfolgte ihre Annahme (WHO-Dokument EUR/RC41/10) durch die Gesundheitsminister Europas; per ministerieller Signatur hat sich damit auch das deutsche Bundesgesundheits- Auch bei uns ist ein positiver Ruck durch die Diabetologie gegangen. ministerium zu seiner Verantwortung bekannt und zu entsprechenden Aktivitäten verpflichtet. Von Regierungsseite erfolgte dann aber in Deutschland denkbar wenig: zunächst ergingen paradoxerweise seitens der Bundesregierung und später auch durch die Landesregierung an mich wiederholt Aufforderungen über den Stand der Bemühungen bei der Umsetzung der Forderungen von St. Vinzent zu berichten - später machte das Bundesgesundheitsministerium deutlich daß es wegen der föderalen Staatsstruktur eigentlich überhaupt nicht zuständig sei. Von seiten der Gesundheitspolitik erfolgten wirklich keinerlei Initiativen im Sinne der Erklärung von St. Vincent. Im Ausland war das anders: immerhin wurden in 46 europäischen Ländern Nationale Arbeitsgruppen und/oder Nationale Diabetes-Programme begründet die der Erklärung von St. Vinzent entsprechen. ... ___MH
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