Vorurteile zur Kurorttherapie |
Journal/Book: In Anlehnung an einen Vortrag auf dem Weiterbildungskurs zur Erlangung der Zusatzbezeichnung ".Badearzt" bzw. "Kurarzt" am 22. April 1993 in Bad Elster.. 1993;
Abstract: Univ: Professor Dr. Dr. med. habil. Dipl.-Phys. Jürgen Kleinschmidt München Für die Kurorttherapie werden meist Patienten selektiert die am Wohnort als austherapiert gelten. Damit sind die Erfolgsaussichten von vornherein eingeschränkt; trotzdem treten mit hoher Vorhersagewahrscheinlichkeit dokumentierbare Kurerfolge auf. Auf die Indikations- und Kontraindikationsstellung hat der Badearzt praktisch keinen Einfluß; er muß gegebenenfalls aber Falscheinweisungen mit seinem ärztlichen Know-how auffangen können. Die Kurorte unterscheiden sich voneinander auch durch ihre im Schwerpunkt unterschiedliche Einstellung auf die Bedürfnisse unterschiedlich strukturierter Patienten. De facto treffen dabei im Laufe der Kurortentwicklung in den verschiedenen Heilbädern letztlich die passenden Patienten zusammen und tragen damit zu dessen spezifischer Prägung und dem häufig erstaunlich breiten Indikationsspektrum bei . Über Aufgeschlossenheit zur Unterstützung von Forschungsprojekten durch regionale Heilbäderverbände oder durch spezielle Fördervereine für Kurortforschung kann man sich nicht beklagen. Verständlicherweise wird zunehmend bei der Gewährung von Forschungsmitteln die Überzeugungswirkung der dabei erarbeiteten Ergebnisse vorausgeschätzt. Nachfolgend werden in Form der Diskussion von vier häufig zitierten Vorurteilen gegenüber der Kurorttherapie deren Möglichkeiten und Grenzen dargestellt. Dabei gibt es unterschiedliche Zielgruppen deren Vorbehalten mit der Kurforschung entgegengewirkt werden soll mit der Folge ganz verschiedener Forschungsansätze. Vorurteil 1: Die therapeutische Bedeutung ortstypischer spezifischer Heilmittel (Schwefelbäder Mooranwendungen Soleinhalationen usw.) für den Kurerfolg ist nicht überzeugend nachgewiesen. Ein Kurpatient der sich im Durchschnitt 20 Tage (freie Kuren) oder 28 Tage (stationäre Kuren) an einem Kurort aufhält wäre unterfordert wenn ausschließlich entlastende Therapieansätze wie Schlafkur Kalorienreduzierung oder eine Liegekur im Freien zur Geltung kämen und er wäre einem Kurstreß ausgeliefert wenn von morgens bis abends belastende Therapieverfahren wie aktive Krankengymnastik Moorbäder oder Wanderungen auf dem Programm stünden. Die Kunst des Badearztes ist es ja einen individuell angepaßten Kurplan mit sinnvoller Abwechslung zwischen be- und entlastenden Verfahren aufzustellen. Im Prinzip wären solche Therapiepläne frei transferierbar- wenn eben nicht die Einbindung ortstypischer Therapieelemente für die Kurpatienten so eindrucksvoll wäre daß sie (verständlicherweise!) im nachhinein nur noch diese Besonderheiten in Erinnerung behalten und dann darauf bei der nächsten Kur besonderen Wert legen. Hierauf basieren verschiedene Ansätze den Kurerfolg auch nach Hause mitnehmen zu wollen etwa in Form des örtlichen Mineralwassers von Fangosalben oder von Moorextrakten. Diese und andere Einzeltherapiekomponenten wurden und werden aufwendig als Versandheilmittel hergestellt und zugelassen und müßten von daher die Erwartung in spezifische therapeutische Wirkungen bereits befriedigen.
Keyword(s): Kurorttherapie
© Top Fit Gesund, 1992-2024. Alle Rechte vorbehalten – Impressum – Datenschutzerklärung