Psychose und Fahreignung - Entwicklung von Kriterien zur klinischen Beurteilung |
Journal/Book: Rehabilitation 33 (1993) 3 S.155-161. 1993;
Abstract: Rheinische Landesklinik Bonn Zusammenfassung Die rechtlichen Grundlagen zur Fahreignungsbeurteilung bei psychiatrischen Krankheitsbildern sind im Gutachten "Krankheit und Kraftverkehr" des Beirates für Verkehrsmedizin beim Bundesverkehrsminister (1985) aufgeführt. Bei den endogenen Psychosen wird nach einer stationären Behandlung in jedem Falle eine psychiatrische Begutachtung gefordert wobei allerdings bis heute reliable und valide Kriterien - abgesehen von einer standardisierten Fahrprobe - noch weitgehend fehlen. Ziel unserer Studie die in den Jahren 1989 bis 1991 mit Unterstützung der Bundesanstalt für Arbeit im Rahmen einer Arbeitsbeschaffungsmaßnahme (ABM) sowie der Bundesanstalt für Straßenwesen durchgeführt wurde war deshalb die korrelationsstatistische Identifizierung von möglichst validen Prädiktoren der Fahreignung bei Patienten mit Zustand nach schizophrener Psychose (ICD 295.3). Die Fahreignung der Patienten kurz vor der Entlassung wurde zum einen mit einer Reihe psychologischer Testverfahren zum anderen mit einer 1stündigen praktischen Fahrprobe im Autobahn- und Stadtverkehr überprüft. Das Fahrverhalten während der Fahrprobe wurde nach relevanten Kategorien fortlaufend protokolliert und die Gesamtfahrleistung am Ende nach einer Selbsteinschätzung vom Fahrlehrer auf einer Schulnotenskala von 1 bis 6 bewertet. Unter Bezug auf einschlägige Studien umfaßte unsere Testbatterie Testverfahren zur Überprüfung der visuellen Wahrnehmung der Reaktionsfähigkeit der selektiven und geteilten Aufmerksamkeit der Persönlichkeitsstruktur Ängstlichkeit und Risikobereitschaft. Die Ergebnisse der Fahrbeurteilung (bei nur 2 Patienten von insgesamt 21 wurde die Fahrleistung als nicht ausreichend bewertet) sprechen zunächst für eine relativ gute Bewährung ehemals psychotischer Patienten im Straßenverkehr und schränken Spekulationen bez. einer möglichen erhöhten Verkehrsgefährdung deutlich ein. Andererseits bestätigen die Testbefunde eine durchweg erhöhte interindividuelle Variabilität in vielen Funktionsbereichen was zunächst eine sorgfältige Begutachtung im Einzelfall impliziert. Die korrelationsstatistischen Befunde weisen u. a. auf die Bedeutsamkeit der selektiven Aufmerksamkeit hin während der Extremgruppenvergleich zusätzlich die Bedeutung der Fehler bei der geteilten Aufmerksamkeit aufzeigt. Konsequenzen für die klinische bzw. gutachterliche Beurteilung im Einzelfall werden abschließend erörtert.
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