Ethische Aspekte der Sterbehilfe - aus katholisch-theologischer Sicht - |
Journal/Book: Z. ärztl. Fortbild. 87 (1993/Heft 1) 55-65. 1993;
Abstract: Professor Dr. Volker Eid Universität Bamberg Fakultät Katholische Theologie Lehrstuhl für Moraltheologie Bamberg 1. Vorbemerkungen Die Diskussion der Sterbehilfe bzw. der aktiven Euthanasie erscheint derzeit weitgehend standardisiert: Bei der Beschreibung der Probleme wie auch der Darstellung der kontroversen Standpunkte der jeweils für wichtig oder ausschlaggebend erachteten Argumente und dann auch der ethischen Schlußfolgerungen kann man -zumindest in den letzten Jahren- keine entscheidenden Modifikationen entdecken. Dennoch bleiben wesentliche Desiderate: - Die Diskussion richtet sich meist zu einseitig auf die Erörterung der "Casus" aus. Zum Beispiel diskutierte man in zugespitzter Kasuistik die Erlaubtheit bzw. Nicht-Erlaubtheit aktiver Euthanasie ohne hinreichend zu berücksichtigen daß in der gesellschaftlichen Diskussion viele Wertungen Ängste und Befürchtungen wirksam sind die mit einer bloßen ethisch- und juristisch-logischen Erörterung nicht erfaßt werden können. Die Auseinandersetzung um die aktive Euthanasie wurde zu wenig von ihrem sozialen Referenz-Rahmen her gewürdigt. - Die jeweiligen selbstverständlichen Wertungsvoraussetzungen (Menschenwürde Wert des Lebens usw.) wurden zu selbstverständlich als plausibel unterstellt ohne daß sie inhaltlich erörtert wurden so daß man in der kontroversen Diskussion nur Option gegen Option setzte aber keine offene Basis-Argumentation betrieb. Der von P. Singer und anderen provozierte Streit um die ethische Reaktion auf entscheidend angeschlagene Lebensmöglichkeit nötigt nun auch die theologisch-ethischen Diskussionspartner dazu ihre Argumentationsbasis nicht als fraglos-gültig einfach vorzustellen deren Gültigkeit vielmehr ausdrücklich zu begründen und zu interpretieren. - Eng ist hiermit verbunden die Notwendigkeit auf allzu sehr beschwichtigende Todesdeutungen (Vertröstung) zu verzichten und zu versuchen das Bewußtsein und die Erfahrung der Endlichkeit redlich also ohne "sprachgeregelte" Sinn-Deutungen zu erfassen. Die christlich-theologische Annäherung an Sterben und Tod setzt eine "anthropologische" voraus und ersetzt diese keineswegs. Sie überwindet sie auch nicht; und wenn sie sie als Glaubensüberzeugung überbietet so ist das nur glaubwürdig wenn der anthropologische Grund-Tatbestand der Vernichtungs-Drohung des Todes bewußt respektiert wird (vgl. den Abschnitt 2). - Die ethische Relevanz des Problems Sterbehilfe bzw. aktive Euthanasie ist natürlich längst erkannt und ausführlich diskutiert. Doch stellt sie sich den Ärzten was sehr begreiflich ist zunächst als eine (straf-) rechtliche dar. Daher wird sie wesentlich als eine eng-kasuistische Problematik aufgefaßt und behandelt. Juristische und auch ethische Kasuistik sind notwendig; doch bleibt das Problem daß juristische und ethische Stellungnahmen relativ stark generalisieren also kasuistisch abstrakt verfahren der Arzt es aber mit einem konkreten Menschen in einer konkreten Situation zu tun hat in der er der Angst überhaupt der seelischen und leiblichen Not dieses Menschen nicht ausweichen kann und darf. Hier verdichten sich Konfliktkonstellationen und Umstände die gewiß auch in den folgenden Überlegungen nicht zu klären schon gar nicht zu "lösen" sind. - Aus der Einschätzung der eigenen Endlichkeit aus der Voraussicht auf das eigene Sterben wirken solch starke subjektive Motive und soziale Wertungen in die Einstellung zur Euthanasie bzw. zur Sterbehilfe hinein daß eine noch so schlüssige kasuistische Argumentation allein nicht greifen kann. Sie ist naturgemäß viel zu abstrakt-hypothetisch auch dann noch wenn sie möglichst viele psychologische und sozialwissenschaftliche Aspekte mitberücksichtigt. So mag die ethische Ablehnung von aktiver Euthanasie prinzipiell noch so gut und überzeugend begründet werden es reichen die Argumente "nur" für die prinzipielle Diskussion aus nicht aber für eine adäquate Würdigung der konkreten Situation eines Menschen mit seinem konkreten Lebensschicksal. ... Stö_
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