Lebensqualität - Methoden zu ihrer objektiven Bestimmung |
Journal/Book: MMW-Fortschr. Med. - Nr. 35/ 1990; S. 521/ 27 - 522/ 28; (132 Jg.). 1990;
Abstract: Prof. Dr. phil. D. Vaitl Fachbereich 06 Psychologie Abteilung für Klinische Psychologie Gießen Der Begriff "Lebensqualität" hat heute in der Medizin eine überraschende Popularität erlangt. Seit 1982 erscheinen in medizinischen Fachzeitschriften monatlich etwa 14 bis 15 Publikationen zu diesem Thema. Die Probleme aber die sich der Lebensqualitätsforschung heute stellen sind so mannigfaltig daß sie nur durch interdisziplinäre Anstrengung von Medizin Psychologie und empirischer Sozialforschung bewältigt werden können. Formal betrachtet ist "Lebensqualität" nichts anderes als eine Worthülse. Erst wenn es gelingt die Komponenten dieses Begriffs zu objektivieren besteht Hoffnung auch seinen Stellenwert im medizinischen Handlungsfeld besser zu verstehen. Hierzu einige Überlegungen: 1. Die Lebensqualität eines Patienten sollte immer nur dann erfaßt und objektiviert werden wenn die Notwendigkeit besteht eine Entscheidung zu treffen (z. B. beim Abwägen der Konsequenzen verschiedener chirurgischer Maßnahmen). Andernfalls ist der hohe Aufwand an Entwicklungszeit und -kosten für standardisierte Testinstrumente nicht zu rechtfertigen. Um solche Entscheidungsprozesse rational zu gestalten und nachvollziehbar zu machen stehen heutzutage subtile Methoden aus dem Bereich der Entscheidungstheorie zur Verfügung [3]. Es bedarf also einer präzisen Fragestellung bevor die Objektivierung von "Lebensqualität" in Angriff genommen wird. 2. Lebensqualität läßt sich nicht eindeutig aus objektiven Lebensbedingungen (z. B. Einkommen Gesundheitsstatus) ableiten. Sie ist vielmehr das Ergebnis eines individuellen Bewertungsprozesses. Dies ist auch der Grund für auf den ersten Blick so unplausibel erscheinende Phänomene wie das "Zufriedenheitsparadox" (trotz infauster Diagnosen fühlen sich Patienten wohl) oder das "Unzufriedenheitsdilemma" (trotz bester objektiver Lebensbedingungen sind Menschen unzufrieden). Die "Subjektivität" solcher Bewertungsprozesse verhindert aber keinesfalls deren prinzipielle Objektivierbarkeit; denn auch sie vollziehen sich wie z. B. die Forschungen zur Krankheitsbewältigung gezeigt haben nach überindividuellen Regeln. 3. So subjektiv sie auch sein mögen lassen sich die Urteile von Patienten über ihre Lebensbedingungen dennoch in einer Metrik abbilden und miteinander quantitativ vergleichen (ähnlich wie dies in der Psychologie für die "Intelligenz" geschehen ist). Es geht bei derartigen Objektivierungsversuchen einzig und allein um die Dignität der erhobenen Daten. ... ab
Keyword(s): I1 K1 Lebensqualität
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