Die Aussagefähigkeit biometrischer Methoden zur Beurteilung physiotherapeutischer Ergebnisse unter besonderer Berücksichtigung ihrer reaktionsdynamischen Relevanz |
Journal/Book: Z. Physiother. 36 (1984) 101-111. 1984;
Abstract: Forschungsinstitut für Balneologie und Kurortwissenschaft Bad Elster (Direktor: OMR Prof. Dr. med. habil. H. Jordan Biometrische Methoden sind solche statistische Methoden die sich besonders für die Beurteilung von Meßdaten eignen die von lebenden Organismen bzw. Systemen gewonnen wurden. Denn biologische Systeme und Organismen zeichnen sich durch eine ständige Variabilität ihrer funktionellen Verhältnisse aus die dadurch gekennzeichnet ist daß ihnen eine Biorhythmik von bestimmter Phasenlänge Amplitude und einem mittleren Niveau zukommt. Diese Variabilität bezeichnen wir als "Variationsstreuung" und heben sie damit eindeutig von einer "Fehlerstreuung" ab die durch den jeweiligen Meßvorgang selbst (apparativer und/oder subjektiver Meßfehler) bedingt ist. Diese wird aus unseren Beobachtungen hier ausgeklammert da sie sich im allgemeinen gut konstant halten oder ganz ausschalten läßt. Die "Variationsstreuung" also ist als b i o l o g i s c h e G r u n d s t r e u u n g zu werten und ist unter ungestörten biorhythmischen Verhältnissen durch Plus- und Minusabweichungen von einem individuellen mittleren Wert gekennzeichnet (QUETELET-Prinzip) [3]. Erfolgen diese einigermaßen regelmäßig dann könnte die durch sie bedingte Variationsstreuung auch als eine Art biologische Fehlerstreuung von "state variables" angesehen werden da sie dann nämlich ziemlich genau kreisverteilte Prozesse darstellten und mithin als Verteilungen I. Grades nach GAUSS zu beurteilen sind wie dies für die echte Fehlerstreuung ebenfalls zutrifft. Diese Tatsache hat eine wichtige Beziehung zu der Kritik am Ausgangswertgesetz WILDERS auf die hier aber nur hingewiesen sei. Ohne Abb. 1. Darstellung der Sinusfunktion als Modell des kreisverteilten Prozesses Kreisverteilte Prozesse sind dann gegeben wenn sinusartige Verläufe von Funktionen innerhalb einer Zeitstrecke stattfinden wie dies Abbildung 1 verdeutlicht. Ihre Maxima und Minima können dann als "Perioden" bezeichnet werden. Schon KLAGES hat aber formuliert daß "Periodik" die Wiederholung von Gleichem in gleichen Zeitabständen bedeute während "Rhythmik" eine Wiederholung von Ähnlichem in ähnlichen Zeitabständen sei also eine "modulatio sine metrica ratione" wie man früher sagte. Im Zeitalter der SI-Einheiten sollte man aber auch grundsätzlich zwischen Periodik und Rhythmik exakt unterscheiden. Die Nomenklatur der Biorhythmologie bedient sich - leider möchte man sagen - des Kompromißbegriffes der "zirkametrischen Periodik" womit das Vorliegen "ungefährer" Perioden gekennzeichnet werden soll. Wir können also sagen daß für den menschlichen Organismus gesehen praktisch nie reine Perioden vorliegen mithin auch keine exakten Kreisverteilungen der Funktionskennwerte gegeben sind. Rhythmen müßte man im Vergleich dazu als kreis-spiral-mischverteilte Prozesse auffassen deren Grundtypus also die Spirale wäre. ALBRECHT DÜRERS schöner Holzschnitt 1640 soll eine solche zeigen und erkennen lassen daß eine Spirale dem Typus der ansteigenden oder gedämpften Schwingung entspricht der als Grundvorgang der biologischen Funktion angesehen werden kann (Abb. 2). Ohne Abb. 2. Spirale. Holzschnitt von A. DÜRER aus dem Jahre 1640; aus (2] Es ist klar daß keineswegs alle Menschen bei denen Stichproben von Funktionskennwerten erhoben werden eine gleiche Biorhythmik aufweisen - das widerspräche jeglicher Vernunft. Wir müssen daher sowohl mit einer intraindividuellen als auch mit einer interindividuellen Variabilität der Variationsstreuung rechnen [9]. Bei kollektiver Betrachtung - also bei jedem Therapievergleich z. B. - ist die Gesamtstreuung des Kollektives aus diesen beiden Anteilen zusammengesetzt. Tabelle 1 zeigt an 4 einfachen Meßgrößen wie unterschiedlich solche Variationsstreuungen an sich bereit sein können. Dazu kommt daß - eben aus den Gründen der Rhythmik anstelle einer Periodik - Grundverteilungen solcher Funktionskennwerte praktisch nie einer reinen GAUSSschen Normalverteilung I. Grades sondern einer solchen II. Grades entsprechen. Dies bedeutet aber daß diese Streuungen eine sog. "schiefe" Grundverteilung aufweisen. Eine solche Asymmetrie (s. Abb. 3) muß berücksichtigt werden; es genügt oft wenn man die Verteilung solcher Meßwerte über einer logarithmisierten x-Achse aufträgt (WEBER-FECHNERsches Gesetz); natürlich kann die Schiefe über ein Moment 3. Grades das zur 3. Potenz der Streuung in Beziehung gebracht wird berechnet werden. Es sei hier betont daß eine solche Schiefe zur Dynamik funktioneller Abläufe bzw. ihrer Biorhythmik in gewisser Beziehung steht wie wir soeben erst bei der Bearbeitung von Kurergebnissen aus Bad Doberan bestätigt finden konnten [11). Überträgt man die "Schiefe" einer Häufigkeitsverteilung auf spiralverteilte Prozesse so ergibt sich im Gegensatz zu der archimedischen d. h. durch logarithmische Zunahme der Achsenabstände gekennzeichneten Spirale die Form der periodisch beeinflußten multiplikativen Spirale (Radius abhängig von der Winkelfunktion) wie dies die Abbildungen 4 und 5 zeigen. Tabelle 1. Vergleich der intra- und interindividuellen Streuung: Pulsfrequenz (n = 3042) Körperkerntemperatur (n = 3042) systolischem Blutdruck (n = 6319) und Körpergewicht (n = 8000) nach WAGNER [9] erg. d. JORDAN ---------------------------------------------------------------------------------------------------- Pulsfrequenz Körper- Systolischer Körper- temperatur Blutdruck gewicht (min-1) (1/l0°C) mm Hg (kg) ----------------------------------------------------------------------------------------------------- Interindividuelle Streuung 7 65 3 0 24 9 12 0 Intraindividuelle Streuung 7 2 2 6 13 7 1 1 Ohne Abb. 3. Darstellung einer rechts- bzw. linksschiefen Verteilung von Meßwerten der Pulsfrequenz (oben) bzw. der Körperkerntemperatur (unten) (n = 155); nach [11] Ohne Abb. 4. Archimedische Spirale mit logarithmischer Zunahme der Achsenabstände (multiplikative Progression) als Winkelfunktion (r= Phi) Ohne Abb. 5. Periodisch multiplikativ beeinflußte Spirale ("schiefe" Spiralverteilung) (r=Phi - Phi * sin Phi ) 2 Eine solche Logarithmisierung der x-Achse ist ein mathematischer Eingriff der durchaus erlaubt wenn auch theoretisch noch nicht ganz sicher ausdiskutiert ist. Seit der "zeichnende" Computer zur Verfügung steht lassen sich solche mathematischen Transformationen der Koordinaten schnell demonstrieren. So würde die Figur des für tierexperimentelle Arbeiten bevorzugten "Normal"- (Mini-) Schweines je nach der gewählten Transformation recht unterschiedliche und von der "Norm" wesentlich abweichende Konturen annehmen wie Abbildung 6 beweist. Messen wir nun dasselbe Kollektiv zu zwei verschiedenen Meßterminen - wie dies bei jeder Therapiekontrolle gemacht zu werden pflegt - so erhöht sich die Unsicherheit in der Streuungsbeurteilung dadurch daß die Biorhythmik unbekannt ist die sich zwischen diesen beiden Meßterminen sowohl intra- als auch interindividuell abgespielt hat. So wissen wir eben nicht ob zwischen Meßtermin A und B die ungestörte biorhythmische Grundstreuung fortbestehen konnte oder ob durch irgendwelche Störeffekte - auch der therapeutische Eingriff ist ein solcher Störeffekt im biorhythmischen Sinne - die Situation des Kollektives B eine ganz andere geworden ist als es die von A gewesen war; selbst wenn Vorsichtsmaßnahmen wie Messung zum gleichen Zeitpunkt; gleiche Art der Therapie gleiches Milieu usw. gut eingehalten worden sind. Angesichts dieser Situation müssen folgende Kriterien für die Inangriffnahme biometrischer Bearbeitungen von solchen Messungsergebnissen beachtet werden: - Es ist auf möglichste Homogenität der Zusammensetzung der Kollektive zu achten. Es müssen so viele Beobachtungen vorliegen daß das Meßwertekollektiv nach den wichtigsten intra- und interindividuellen Varianzen aufgegliedert werden kann. Diese sind auf Tabelle 2 dargestellt. - Von jedem Meßwertekollektiv ist die Grundverteilung zu überprüfen (Normalverteilung I. Grades logarithmische Verteilung Schiefe?). Diese ergibt - den Mittelwert und die Streuung. Der Mittelwert kann bei genügend genauer Normalverteilung I. Grades als arithmetisches Mittel berechnet werden bei Vorliegen von Asymmetrie empfiehlt sich ihn als Meridianwert (am besten aus der Summenhäufigkeitsprozentkurve bei logarithmisierter y-Achse oder Ordinate im sog. "Wahrscheinlichkeitspapier" als Kennwert der 50-%-Linie) zu ermitteln. Denn Normalverteilungen II. Grades entsprechen einer geometrischen solche I. Grades einer arithmetischen Progression. Der Medianwert gibt an bei welchem Mittelwert genau 50% der Probanden als jeweils darüber- oder darunterliegend angenommen werden können. Ohne Abb. 6. Computerzeichnung eines "Normal-Schweines" und Zerrbilder desselben durch mathematische Transformationen der x-bzw. y-Achse; entnommen: Münchner med. Wochenschr. 124 (1982) 13 S. 15 Tabelle 2. Die wichtigsten interindividuellen Varianzen für eine Aufgliederung bei der Versuchsplanung bzw. der Ergebnisermittlung von Probandengruppen Alter/Geschlecht möglichst biologisch/soziologische Relevanz Krankheit Diagnose Stadien Situationsdiagnostik Therapieform standardisiert individuell Kombination Milieumerkmale Beruf in- oder outpatients Kurort Chronobiologische Merkmale zirkametrische Periodik Verläufe Dauer Reaktionstyp Ausgangslage reaktive Typik somatische Typik Wir benötigen aber noch eine wichtige Angabe. Die folgenden zwei Abbildungen 7 und 8 demonstrieren [4] daß zwei Meßwertekollektive nicht nur durch Mittelwert und Streuung (als mittlere quadratische Abweichung vom Mittelwert nach bekanntem Vorgehen berechnet) charakterisiert werden sondern noch zusätzlich dadurch daß sich die einzelnen Kollektivmitglieder zwischen den beiden Meßterminen - sagen wir A und B - recht unterschiedlich verhalten. Diese Unterschiedlichkeit wird durch die Korrelation A : B der Meßwerte für jedes einzelne Kollektivmitglied zwischen den Versuchs- oder Meßterminen gekennzeichnet. An ihr ersieht man mit welcher individuellen Unterschiedlichkeit höhere oder tiefere Werte als bei der vorhergehenden Messung eingenommen werden. Die Regressionsgerade dieser Korrelation gibt ein Maß für diese unterschiedliche Bewegung an mit welchem überzufällige gegen zufällige d. h. nicht durch die bereits erwähnte biologische Grundstreuung bedingte Veränderungen abgegrenzt werden können. Die ungenaue Anwendung der Begriffe "Zufallsstreuung" Fehlerstreuung Grundstreuung biorhythmische Normalstreuung u. ä. hat zu einer Reihe von Irrtümern in der Interpretation des sog. a: (a-b)-Effektes nach v. D. BIJL und in Zusammenhang damit zu unberechtigter Kritik an der Gültigkeit der WILDERschen Ausgangswertbeziehung geführt auf die wir a. a. O. genauer eingehen wollen (s. dazu auch JORDAN [4]). Die unterschiedliche Variabilität der Kollektivmitglieder läßt sich nun auch sehr gut dadurch beurteilen daß nicht nur die Mittelwerte und die mittlere quadratische Abweichung vom Mittelwert für das ganze Kollektiv verglichen werden wie bisher besprochen sondern daß die Streuung der in regelmäßigen Abständen vor sich gehenden Änderungen der Meßwerte - am besten wenn tägliche Messungen vorliegen - berechnet wird. Sie kann einmal die Variabilität des gemessenen Kollektivs für jeden einzelnen Meßtermin widerspiegeln wobei z. B. labile und stabile reaktive Verhaltensweisen sichtbar werden können (s. dazu Abb. 9 und JORDAN [5]). Zum anderen kann aber auch für jeden einzelnen Kollektivteilnehmer über den ganzen Versuchszeitraum dessen Streuung der Änderungen von Meßwerten berechnet werden. Wir können damit prüfen wie sich die individuelle tägliche Dynamik verhält und erhalten somit eine Maßzahl für die individuelle Reaktivität nach der dann auch gewisse gleichartige Gruppen zusammengestellt werden können. Wir gewinnen damit ein weiteres Merkmal für die interindividuellen Varianzen wie sie auf Tabelle 2 dargestellt waren. Ohne Abb. 7 und 8: Darstellung eines Meßwertekollektiv an zwei aufeinanderfolgenden Meßterminen (Tagen) zur Demonstration von Mittelwert Streuung und Korrelation; aus [4] Ohne Abb. 9. Methode der "Streuung der interdiurnen Änderungen". Oben: Mittelwerte der Körperkerntemperatur (°C) über 25 Kurtage. Y = Meßtermine der interdiurnen Änderungen. Unten: Streuung der interdiurnen Änderungen (s²Delta x) des gleichen Kollektivs Wie Sie alle wissen gibt es für die Biometrie Prüfmethoden sowohl für Mittelwertdifferenzen als auch für Streuungs- und Korrelationsdifferenzen. Hier soll sofort betont werden daß diese Methoden sich in ihrer Entscheidungsschärfe bedeutend unterscheiden und daß ihre Gültigkeit und damit Anwendbarkeit davon abhängt ob man die Grundverteilungen der Werte kennt aus denen man bei seiner gewählten Stichprobe die Werte entnommen hat. Hiernach unterscheidet man sog. parametrische von nichtparametrischen Tests auch verteilungsgebundene und verteilungsfreie Tests genannt. Verteilungsfreie Tests sollen dann zur Anwendung kommen wenn reine Häufigkeiten auf Differenzen überprüft werden sollen oder wenn es sich um die Auswertung numerischer Meßwerte handelt oder aber um die Differenzen von Rangplätzen bzw. Rangeinteilungen. Ein Unterschied besteht ferner darin ob es sich um voneinander unabhängige oder um korrelierte Stichproben handelt - für unsere Fragestellung liegen immer korrelierte Stichproben vor. Klassische Methoden wie z. B. der t-Test erfordern für ihre Anwendung unabhängige normalverteilte und homogen variante Beobachtungsdaten; diese sind praktisch selten und für das Beispiel der Therapiekontrolle am gleichen Patientenkollektiv nicht gegeben. In Tabelle 3 seien daher einige den parametrischen Tests entsprechende verteilungsfreie Methoden dargestellt (eine Auswahl nach [7]). Tabelle 3. Auswahlübersicht parametrischer und entsprechend nichtparametrischer biometrischer Verfahren und Hinweise zur praktischen Anwendung; zusammengestellt nach [7] --------------------------------------------------------------------------------------------------------------------------- Aufgabe parametrischer Test nichtparametr.Test Besonderheit --------------------------------------------------------------------------------------------------------------------------- Vergl.von Mittel- t-Test (Student) o. Fisher-Pitman-Test Benutzung der Meß- werten abhängiger Differenzen-t-Test U- oder X-Test werte direkt oder unabhängiger Benutzung von Stichproben d(Wurzel)n Vorzeichentest Rangplätzen ---------- Wilcoxon-Test sehr effizient sd (kombinatorischer Rang-Vorzeichentest) Vergleich v. Streuungen t-Test Moses-Test Ausreißer-Test! (Fisher) Kolmogoroff-Smirnoff- s²x/s²y Test Korrelationen von rx y Spearman-Test Rangkorrelat. auch abhängigen/unabhängigen (Pearson) Kendall-Test f.Mehrfachkkorrelat. Stichprobenwerten 4-Felder-((²-Test) Häufigkeiten Einfluß von Variablen Varianz- Friedman-Test für 2fache Streuungs- auf zentraltendenz der analyse zerlegung Stichprobe Einschränkend muß aber gesagt werden daß derzeit nichtparametrische Korrelationsmethoden die auf den Meßwerten selbst - also nicht nur auf Häufigkeitsziffern oder Rangdaten beruhen noch nicht entwickelt worden sind und wir also bei allen Korrelationen auf die herkömmlichen parametrischen Verfahren (Korrelationskoeffizient rx y oder Mehrfachkorrelationen) angewiesen sind. Gerade deshalb sind die eingangs erhobenen Forderungen nach Aufgliederung des Datenmaterials nach Mittel- oder Medianwert Streuung Korrelation und Regression so wichtig. Die Variabilität von Meßdaten zwischen zwei Meßterminen fordert nun stets eine Entscheidung ob es sich dabei um "zufällige" (= aleatorische d. h. in unserer Betrachtung durch die biologische Rhythmik bedingte) oder um "überzufällige" (= determinierte d. h. durch eine therapeutische oder sonstige Einflußgröße bedingte) Ereignisse handelt. Denn die Beobachtung daß z. B. höhere Werte bei der Erstmessung zum Zeitpunkt der Zweitmessung tiefer werden und umgekehrt besagt an sich in dieser Hinsicht noch nichts. Begeht man dabei den Fehler daß man die Differenz der zweiten zur ersten Messung zum Realwert der ersten Messung korreliert so entsteht der von uns schon oft angesprochene sog. "a : (a = b)"-Effekt; einer der Grundfehler der biologischen Statistik. Eine derartige Korrelation besitzt einen sehr hohen Grad von Autokorrelation der besonders bei voneinander unabhängigen Meßgrößen (Beispiel: Würfelzahlen) ausgeprägt ist. So ergeben z. B. solche Berechnungen für das Würfelbeispiel die Korrelation r = -(Wurzel)1/2 = -0 71 [8]; Berechnungen gleicher Art mit reinen Zufallszahlen sogar einen Wert von r = -0 87. Eine graphische Methode hierfür ist das sog. "crossing-over" bei dem die Regressionsgerade die Abszisse ( = Skala der Ausgangswerte) in einem bestimmten Punkt "überkreuzt". Demzufolge erscheinen "tiefe" Ausgangswerte relativ erhöht hohe relativ abgesenkt. Aus bestimmten Gründen (s. WAGNER [10]) sind zumeist die hohen Ausgangswerte stärker erniedrigt als die tiefen erhöht werden. Trotzdem hat diese Methode - und daß muß betont werden - deshalb ihre Berechtigung weil sie zur Demonstration unterschiedlicher kollektiver Verhaltensweisen recht anschaulich benutzt werden kann (z.B. Kollektive mit unterschiedlicher Therapie mit unterschiedlichen "interindividuellen Varianzen"). Des weiteren beweist das Auftreten solcher "cross-over-phenomena" daß die erfaßten Meßgrößen überhaupt einer biorhythmischen Pendelbewegung einer "Regulation" in gewissem Sinne unterliegen; so zeigen beispielsweise Immunparameter bei der Rheumatoidarthritis ein solches Verhalten. Bei der Verwendung von Korrelationen muß man stets bedenken daß der Korrelationskoeffizient r nur im Zusammenhang mit der Funktion 1-r² keinesfalls allein aus seiner Signifikanz beurteilt werden darf. Diese Beziehung 1-r² drückt aus inwieweit bei dem ermittelten Zusammenhang tatsächlich determinierende und zufällige Anteile an dieser Beziehung vertreten sind da ja die Korrelation Beziehungsverhältnisse zwischen zwei streuenden Größen kennzeichnet. Liegt diese Größe 1-r² unter 0 5 so läßt sich behaupten daß dann in mehr als der Hälfte aller untersuchten Fälle die angenommenen "hochsignifikanten" Beziehungen als zufallsverursacht einzustufen sind was umgekehrt bedeutet daß ein Korrelationskoeffizient r < 0 7 kaum Bedeutung hat (1-0 7² = 0 51). Bedenkt man daß beispielsweise ein r = 0 3 schon bei 70 überprüften Fällen mit 1% Überschreitungswahrscheinlichkeit gesichert ist praktisch aber besagt daß in 91 von 100 Fällen nur eine zufällige Beziehung angenommen werden kann dann wird die Bedeutung dieser Funktion sehr klar - in den wenigsten Fällen liest man aber diese Ergänzung der korrelativen Betrachtungen; zumeist bleibt man bei der erwiesenen Signifikanz von r stehen. Dies leitet mich zu einigen abschließenden Bemerkungen zur Aussagekraft der Signifikanz über. Es kann nicht genug betont werden daß eine statistische Signifikanz zunächst nur eine statistische jedoch nicht auch eine sachliche Entscheidung bedeutet. "Signifikanz" heißt nur daß ich mit vorgegebenem Unsicherheitsrisiko eine von mir präzise aufgestellte Nullhypothese verwerfen und die dazugehörige Alternativhypothese annehmen kann. Das ist nur auf die vorliegende Stichprobe anwendbar. Im Fall der Korrelation haben wir eben gesehen was eine Hochsignifikanz ausdrückt oder viel besser was sie nicht ausdrückt. Noch schlimmer ist die Annahme eine nicht erreichbare Signifikanz bedeute die Wertlosigkeit einer Untersuchung. Es gibt Signifikanzen die Befundänderungen bestätigen die als solche aber klinisch ohne alle Relevanz sind. Immer ist daher zu untersuchen was diese Signifikanz denn nun wirklich bedeuten kann. Wenn große Beobachtungsreihen vorliegen lassen sich allgemein schnell hoch gesicherte Differenzen herausrechnen die aber in der Praxis nichtssagend sind (s. dazu Beispiel Tab.4). Tabelle 4. Beispiel einer "hochgesicherten" statistischen Signifikanz und ihre Bedeutung für die praktische Aussage über ein Therapieverfahren ------------------------------------------------------------------------------------------------ Blutdrucksenkende Mittel ------------------------------------------------------------------------------------------------ X Y ------------------------------------------------------------------------------------------------ n = 1000 n = 1000 t = 2 mm Hg = 5 25 x- = 28 mm Hg y = 30 mm Hg Wurzel 64 + 81 sx = 8 mm Hg sy = 9 mm Hg 1000 1000 Ergebnis: "Mittel Y bewirkt eine hochsignifikant stärkere Senkung des Blutdruckes." Kommt eine Signifikanz nicht zustande so deshalb nicht weil entweder die erzielten Mittelwertdifferenzen zu klein oder die beteiligten Streuungen zu groß sind. Zu große Streuungen müssen aber sofort ein Alarmsingnal für eine Überprüfung ihrer Ursachen sein. Nicht selten wird man erst dadurch aufmerksam daß Inhomogenitäten des Meßkollektives - d.h. Versuchsplanungsfehler - vorhanden sind die eventuell noch durch Untergruppierungen gutzumachen sind. Es empfiehlt sich also immer eine genügend große Anzahl von Probanden zu untersuchen. Insgesamt sollte keine biometrische Arbeit mit weniger als 50 Pat. (> 50 <300) angesetzt werden um den sog. alpha- und beta-Fehler überschaubar zu machen. Fehlende Signifikanz ist also keine Beschlußfassung sondern eine Eröffnung der Diskussion! Schließlich sei noch gesagt daß es Problemstellungen geben wird bei denen es sich empfiehlt einen statistisch oder biometrisch bewanderten Ratgeber hinzuzuziehen. Im allgemeinen aber - soweit es sich um eine Effektermittlung einer bekannten Therapieform handelt - genügen die eingangs gestellten Forderungen stets mit der Analyse von Verteilungsform Mittelwert Streuung Korrelation der Paarwerte vor und nach der Behandlung sowie der Berechnung der Regression zu beginnen und dann erst an weitere Berechnungen zu gehen. Die Biometrie die Statistik überhaupt ist und bleibt ein total unbescholtenes Mädchen. Erst in den Händen von bewußten Verführern gewissenlosen Betrügern oder günstigstenfalls sorglosen Dummköpfen wird dieses Mädchen zu dem was man ihm gerne anhängt: die Hure der Wissenschaft zu sein. Zusammenfassung Ausgehend von der biorhythmisch bedingten intra- und interindividuellen Variabilität (=Streuung) der Körperfunktionen und der bei jeder Form einer Therapieforschung vorliegenden Ausgangswert-Endwert-Problematik werden die notwendigen biometrischen Überlegungen zur Planung und Auswertung entsprechenden Datenmaterials erörtert (Verteilung Schiefe kreis- und kreisspiralmischverteilte Funktionen Streuung Korrelation Regression und Abhängigkeit der paarigen Variablen). Dabei werden Aussagefähigkeit und Grenzen der parametrischen und nichtparametrischen Tests vergleichend besprochen. Die Bedeutung und Verwertbarkeit des Begriffes "Signifikanz" wird besonders an der Korrelationsprüfgröße 1-r² erörtert. Mit Hilfe dieser Methode sind statistische Effekte der biorhythmischen Grundstreuung gegen Zufallseffekte [sog. "a:(a-b)-Effekt"] abgrenzbar. Besonders aussagefähig ist die sog. "Streuung der interdiurnen Änderungen" die eine Maßzahl für das individuelle reaktiv-dynamische Verhalten während des Therapieversuches abgeben kann. Literatur 1. BIJL W. V. D.: 5 Fehlerquellen in naturwissenschaftlicher statistischer Forschung. Ann. Meteorol. 4 (1951) 183-212. 2. DÜRER A.: Holzschnitt aus: Opera Alberti Duereri. Arnem 1640 zit. nach R. TIMM: spectrum 8 (1979) 11 Abb.: S.17. 3. GEBELEIN H. und H.-J.HEITE: Statistische Urteilsbildung. Erläutert an Beispielen aus Medizin und Biologie. Springer-Verlag Berlin(W)-Göttingen-Heidelberg 1951 S. 35. 4. JORDAN H.: Kurverlauf und Kureffekt. Ergebnisse eines biometrisch-klinischen Arbeitskreises. Z. Physiother. 24 (1972) 267-302. 5. Ders.: Kurorttherapie - Prinzip und Probleme. Sitz.-Ber. d. Sächs. Akad. d. Wiss. z. Leipzig Math.-naturwiss. Kl. Bd.112 H. 3 S.10 Abb. 2. Akademie-Verlag Berlin 1976. 6. KLAGES L.: Vom Wesen des Rhythmus. Niels Kampmann Verlag Kampen auf Sylt l934 S.32. 7. LIENERT G. 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Wochenschr.10 (1931) 1889-1893. 1) Vortrag auf dem X. Kongreß der Gesellschaft für Physiotherapie der DDR vom 2.-4.11.1982 in Karl-Marx-Stadt
Keyword(s): Biometrie nichtparametrische Tests Therapieforschung
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