Die Zukunft der Heilbäder und Kurorte*) - Perspektiven des Heilbäderwesens nach den Entwicklungen der Sozial- und Gesellschaftsstruktur - |
Journal/Book: H u K 38 12/84 S. 512-516. 1984;
Abstract: Hessischer Staatsbäderdirektor Johannes Lill Wiesbaden *) Vortrag anläßlich des FITEC-Kongresses am 15. Oktober 1984 in Garmisch-Partenkirchen. I. Persönliche Standortbestimmung Von dem französischen Dichter Paul Améry stammt das Wort daß auch die Zukunft leider nicht mehr das ist was sie einmal war. Gilt der Satz dieses intellektuellen Lyrikers für die Zukunft der Heilbäder und Kurorte? Um es gleich vorweg zu nehmen: Ich teile den pessimistischen Hauch der seiner Sicht innewohnt nicht. Gewiß hat die Zukunft noch keine Stimme; dennoch bin ich auf die Gefahr hin auf dem Altare des Irrtums ein weiteres Opfer zu bringen der Meinung daß wir auch jenseits der großen Zukunftsmärkte von Chips Elektronik und Biotechnologie eine respektable Chance haben in zeitgemäßer Form zu bestehen. Für mich steht es gut um unsere Heilbäder und Kurorte; unser Angebot ist gefragt. Wir haben einen Markt mit Chancen: - In einer kranken Welt verkaufen wir Gesundheit; - den Menschen in den Betonburgen unserer Ballungsräume bieten wir Landschaft und Natur; - wir sind Partner der mächtigen Trägergesellschaften unser Solidargemeinschaft nämlich der Rentenversicherer und Krankenkassen. Das sind Perspektiven die wir leider viel zu oft und viel zu leicht vergessen. Statt dessen stellen wir uns immer wieder selbst in Frage oder suchen Kritikern gerecht zu werden die Anforderungsschablonen anderer medizinischer Subsysteme auf uns zu übertragen suchen. Hier werden die Gewichte verschoben; das ist der falsche Weg. Teilaspekte dürfen nicht das Gesamterscheinungsbild verfälschen. Wer aber schon auf die selektive Betrachtungsweise abhebt sollte auch die Kehrseite bedenken. Wir jedenfalls brauchen nicht laufend und gleich dutzendweise Pharmazeutika aus dem Markt zu nehmen die angeblich erforscht und wissenschaftlich durchgetestet waren. Wir geben nicht mehr vor als wir halten können. Wenn wir lediglich Linderung versprechen wie etwa bei dem großen Bereich des Bewegungs- und Stützapparates dann reden wir nicht von Heilung. Dem Anspruch der Linderung und Besserung aber werden wir gerecht und zwar ohne schädliche Neben- und Nachwirkungen. Gewiß sind auch uns in Zeiten des Aufbruchs Fehler unterlaufen; allerdings in ganz anderen Bereichen. Beim Ausbau hat gar mancher überzogen. Strengere Maßstäbe z. B. für Bettenburgen wären im Rückblick angezeigt gewesen. Aber wer die Vergangenheit nicht einfach fortschreibt und verlängert sondern die Gegenwart kräftig neugestaltet der muß seine Grenzen erst suchen gehen. Heute wissen wir schon eher wo Einhalt zu gebieten ist um Tradition Flair Ambiente und Milieu zur Synthese zu bringen mit Fortschritt und modernem Komfort. Um unsere Zukunft ist mir also nicht bange. Ich hoffe ich bin verstanden worden mit welch zuversichtlicher Grundeinstellung ich das Thema der Zukunft unserer Heilbäder und Kurorte anzugehen gedenke. ___MH
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