Spannungskopfschmerz - phänomenologische somatische und psychosomatische Aspekte bei der Behandlung des emotionell bedingten Kopfschmerzes |
Journal/Book: Z. Phys. Med. Baln. Med. Klim. 12 (1983) 31-32. 1983;
Abstract: Anschr. d. Verf.: Dr. med. Harald Trettin Chefarzt der Abt. für Neurologie u. Psychosomatik Kurklinik Damp Der Spannungskopfschmerz zählt neben dem Kopfschmerz vaskulärer Genese zu den funktionellen Kopfschmerzsyndromen die bei weitem die größte Zahl aller Kopfschmerzformen ausmachen (Soyka Barolin). Der Begriff "Spannungskopfschmerz" ist nicht einheitlich definiert. Während im deutschsprachigen Schrifttum unter "Spannungskopfschmerz" überwiegend nur der "psychogene Kopfschmerz" verstanden wird verwenden angelsächsische Autoren (Friedmann Lance) den Begriff "tension headache" vielfach auch für die Cephalaea vasomotorica. Synonym ist auch die Bezeichnung "muscle contraction headache" gebräuchlich (Wolff). Ätiologisch liegen diesem Schmerzbild nocizeptive Afferenzen aus der kopfnahen Nackenmuskulatur der Galea aponeurotica und der Halswirbelsäule zugrunde. Bei der Pathogenese spielen außer organischen Veränderungen an der Halswirbelsäule vor allem psychisch-emotionale Vorgänge wie Angst Überforderung oder anhaltende Depressivität eine große Rolle. Die Kopf- und Nackenmuskulatur reagiert auf chronisch emotionale Belastungen mit unwillkürlicher schmerzhafter Dauerkontraktion die ihrerseits eine Irritation der Halswirbelsäule der Arteria vertebralis über den Halssympathikus sowie eine Irritation oberer Zervikalnerven hervorruft. Durch die enge neurophysiologische Verknüpfung der nocizeptiven und proprioceptiven Afferenzen mit Rezeptorfeldern des Hirnstammes des Zwischenhirns und des limbischen Systems besteht eine Rückkopplung zu den vegetativen Steuerungszentren. Vermehrter Vagusreiz Schwindelerscheinungen und Störungen der Vasomotorik sind häufige Begleitreaktionen des Spannungskopfschmerzes. Die Therapie des Spannungskopfschmerzes muß darauf abzielen zunächst die Eigendynamik einer autonomen sich selbst unterhaltenden Schmerzspirale im Nacken-Kopf-Bereich zu durchbrechen. Der erste Behandlungsschritt ist daher passiv-schmerzlindernd mit einer rein symptomatischen lokalen Schmerzbehandlung durch physikalische Maßnahmen wie Lockerungsmassagen Ultraschall Wärmeapplikation Bindegewebsmassage. Auch die Verordnung von muskelrelaxierenden Medikamenten und Sedativa kann hilfreich sein um den Schmerzkreis zu durchbrechen. Der zweite Behandlungsschritt leitet von der passiven in die aktive Therapie über mit gezielter krankengymnastischer Übungsbehandlung wie Traktionsmassage der HWS und isometrischen Spannungsübungen. Auch eine allgemeine vegetative Umstimmungstherapie mit Kneipp´schen Anwendungen und körperlichem Aktivtraining kann unterstützend wirken. Erst jetzt kann als dritter Behandlungsschritt eine individuell auf den Einzelfall abgestimmte Entspannungstherapie wie das autogene Training oder die Technik der progressiven Relation nach Jacobsen als kontrolliertes Muskelentspannungstraining wirkungsvoll eingesetzt werden. Besonders zu beachten ist der Spannungskopfschmerz als Ausdruck einer larvierten Depression oder einer tiefgreifenden neurotischen Störung. Hier stehen entsprechende psychotherapeutische Verfahren sowie eine medikamentöse antidepressive Behandlung ganz im Vordergrund des therapeutischen Vorgehens. Literatur beim Verfasser ___MH
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