Bäderstudienreise des Heilbäderverbandes Baden-Württemberg nach Österreich und Jugoslawien |
Journal/Book: H u K 32 10/80 281-288. 1980;
Abstract: Dr. Josef Licht Geschäftsführer des Heilbäderverbandes Baden-Württemberg e. V. Freiburg i. Br. Erkenntnisse und Zusammenfassung 1. In den österreichischen und jugoslawischen Heilbädern kommt der Medizin eine große Bedeutung zu. a) Österreich: In den meisten der besuchten Heilbäder gibt es in Kurmittelhäusern Ludwig-Boltzmann-Institute die sowohl medizinische Diagnostik bei Kurpatienten als auch balneologische Forschung betreiben. b) Jugoslawien: Der Rehabilitation von Kurpatienten wird ein hoher Rang zuerkannt. Der Schwerpunkt liegt entweder bei Herz-Kreislauf-Erkrankungen bei Rheuma oder bei Stoffwechselerkrankungen. Die Rehabilitation vollzieht sich unter klinischen Aspekten. 2. Die personelle Ausstattung der Kurmittelhäuser ist gut. Der Physiotherapeut (Krankengymnast) hat in Jugoslawien im Rahmen der Bewegungstherapie eine zentrale Funktion; die Vergütung liegt unter der in der Bundesrepublik Deutschland. 3. Überraschend groß ist die Bereitschaft zu hohen Investitionen a) in Österreich: Zum Ausbau von Kur- und Freizeiteinrichtungen durch die Bundesländer oder Kommunen (Wien-Oberlaa Baden Tatzmannsdorf Loipersdorf); b) in Jugoslawien: Zum Bau von klinisch geführten Rehabilitationszentren. 4. Die großen Kur- und Freizeitzentren von Wien-Oberlaa und Loipersdorf in der näheren Umgebung von Großstädten - Wien und Graz (bis zu einer Autostunde entfernt) - bieten ambulante Kurbehandlungen an. Behandlungszeiten (früh und abends) werden den Arbeitszeiten der Berufstätigen angepaßt. Diese werden damit zu einer ernstzunehmenden Konkurrenz für die traditionellen Heilbäder. Neue Thermal- oder Mineralquellbohrungen in der Bundesrepublik Deutschland soweit diese im "Einzugsgebiet" von Großstädten durchgeführt werden ziehen die Planung und den Bau von Kur- und Freizeitzentren nach sich mit der Folge daß sich das Angebot ambulanter Kurbehandlungen für Ballungszentren in den kommenden Jahren zusehends erweitert. 5. Auf die Pflege eines guten Kurort-Flairs unter konsequenter Beachtung der Kurort-Entwicklungsplanung im Heilbad legen Baden bei Wien Bad Gleichenberg und Bad Tatzmannsdorf besonderen Wert. Die stationäre Kur genießt Priorität. 6. Der Mineralbrunnenversand (mit oder ohne Zusätze) in Bad Vöslau für Osterreich und in Radenci für Jugoslawien verfügt über ein gut organisiertes Verteilersystem auf Länderebene. 7. In Jugoslawien arbeiten die Kurbetriebsunternehmen in der Organisationsform von sogenannten Arbeiter-Selbstverwaltungen. Dieses System besagt daß nur die Beschäftigten des jeweiligen Unternehmens fiktive Eigentümer sind und zum Beispiel monatlich nach dem jeweiligen Betriebsergebnis - allerdings bei Gewährung einer bestimmten Garantie - entlohnt werden. 8. Der Anteil an deutschen Kurgästen ist in Österreich höher als in Jugoslawien. Dabei handelt es sich fast ausschließlich um Privatzahler. Deutsche Krankenkassen übernehmen nur in seltenen Fällen (zum Bedauern dieser Heilbäder) die anfallenden Kurkosten (eine Folge des Kostendämpfungsgesetzes und des Petitums des Deutschen Bäderverbandes). 9. Das im Vergleich zur Bundesrepublik zumeist günstigere Kurangebot steht wohl in ursächlichem Zusammenhang mit niedrigeren Tarifen für das medizinische Personal. 10. Das Personal ist gut ausgebildet und sehr freundlich im Umgang mit den Gästen. Die Bereitschaft zu jedweden Auskünften ist groß. 11. Die österreichischen und jugoslawischen Heilbäder sind am technischen "Know-how" der Bundesrepublik und an deren medizin-technischen Geräten sehr interessiert. 12. Eine Verstärkung des Austausches von Forschungsergebnissen auf den Gebieten der Balneologie und der Klimatologie zwischen Osterreich Jugoslawien und der Bundesrepublik wäre wünschenswert. Zu diesem Zwecke empfehlen sich Einladungen an Ärzte Techniker Geologen und Wissenschaftler der Fachrichtungen Balneologie und Klimatologie. Initiativen sollten deutscherseits von Heilbäderverbänden und ggf. auch vom Deutschen Bäderverband ausgehen. Die Bäderstudienreise des Heilbäderverbandes Baden-Württemberg stand unter der Gesamtleitung von Präsident Otto Weissenberger Bad Dörrheim. Sie geht auf eine Anregung von Professor Dr. Kurt Sauer dem Präsidenten des Geologischen Landesamtes Baden-Württemberg zurück der auch die wissenschaftliche Leitung der Studienreise übernommen hatte. Dankenswerterweise nahm an der Studienfahrt auch der neue Direktor des Balneologischen Instituts der Universität Freiburg Professor Dr. Eberhard Bassenge teil. ___MH
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