Die motorische Förderung körperbehinderter Kinder als zentrale Aufgabe der Behindertenpädagogik und der Rehabilitation |
Journal/Book: Z. f. Phys. Med. 1 /80 S. 44-46 - 84. Kgr. Dtsch. Ges. Phys. Med.. 1980;
Abstract: Anschr. d. Verf.: Prof. Dr. rer. nat. Hans-Jürgen Dordel Arbeitsbereich Bewegungslehre am Institut für Leibesübungen der Universität Hannover Klagesmarkt 29-31 3000 Hannover 1 Die Körperbehinderung ist nicht als eine in sich stabile Andersartigkeit gegenüber Nichtbehinderten zu verstehen die durch den somato-motorischen Defekt umschrieben ist. Vielmehr entwickelt sich die erlebte Behinderung im Zusammenhang mit Prozessen der biologischen Reifung und Involution sowie in Abhängigkeit von sozialen Einflüssen. Dies bedeutet daß sich jede Körperbehinderung in der Wachstumszeit und im späteren Alternsgang durch biomechanische Veränderungen des Bewegungsapparates oder durch den nicht mehr kompensierbaren Verschleiß infolge abnormer mechanischer Belastung verschlimmern kann. Die motorischen Möglichkeiten werden damit im Zusammenhang mit denen der allgemeinen Lebensgestaltung eingeengt oder zumindest verändert. Das heißt aber auch daß die geistige und seelische Verarbeitung des körperlich-motorischen Andersseins entwicklungs- und umweltbedingten Veränderungen unterliegt und daher mit unterschiedlichen psychischen Belastungen verbunden ist. Da Haltung Bewegungsvermögen und Körpersprache wichtige Komponenten der Individualität sind und da weiterhin die Wahrnehmungsfähigkeit Intelligenzleistung und das Sozialverhalten durch den motorischen Entwicklungsgang beeinflußt werden kann davon ausgegangen werden daß das Kind mit motorischen Störungen in starkem Maße der Gefahr ausgesetzt ist eine deviante Entwicklung zu erleiden. Die motorische Förderung körperbehinderter Kinder und Jugendlicher wird auch heute noch vorwiegend dem medizinisch-krankengymnastischen Bereich überlassen und in der Behindertenpädagogik vernachlässigt. Damit wird man nicht der Tatsache gerecht daß die motorische Entwicklung des jungen Menschen weitgehend den Verlauf und das Ergebnis der Persönlichkeitsentwicklung in ihrer Gesamtheit bestimmt. Eigene langjährige Beobachtungen und Untersuchungen zeigten bei körperbehinderten Kindern und Jugendlichen einen körperlichen und motorischen Rückstand von mehreren Jahren. Vielseitige Bewegungsangebote helfen den Bewegungsmangel auszugleichen und wirken im Sinne einer Nachentwicklung. In gleichem Maße ist das Sozialverhalten bei diesem Personenkreis verglichen mit gleichaltrigen Nichtbehinderten in einer größeren Zahl von Fällen auffällig. Sportunterricht der in die schulische oder rehabilitatorische Gesamtmaßnahme eingebettet ist und vor allem Eltern Geschwister Spielkameraden usw. mit einbezieht reguliert das (Bewegungs-)Verhalten im Umgang mit Partnern und in Gruppen. Generell gilt daß sich behindertenpädagogische Maßnahmen vermehrt auf die körperlichen und motorischen Gegebenheiten und Bedürfnisse der Kinder und Jugendlichen einstellen müssen. ___MH
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