Zur Physiotherapie zerebraler Bewegungsstörungen im Kindesalter |
Journal/Book: Zschr. Physiother. Jg. 29 (1977) 101-107. 1977;
Abstract: Aus der Klinik für Rehabilitation (Chefarzt: MR Prof. Dr. sc. med. W. PRESBER) des Städtischen Klinikums Berlin-Buch (Ärztlicher Direktor: Doz. Dr. med. habil. HENDRIK) Entsprechend dem Vorschlag der American Academy of Cerebral Palsy unterscheidet man: Spastik Athetose Ataxie Rigor Tremor. Spastische und athetotische Bewegungsstörungen sind als Folgen frühkindlicher Hirnschäden am häufigsten. MÜLLER-STEPHANN fand bei der Durchsicht von nahezu 7000 Fällen 75 % mit spastischen und 12 5 % mit athetotischen Störungen. Dabei handelt es sich nicht um einfache motorische Ausfälle sondern um einen Komplex zentral gestörter Verarbeitungs- und Kontrollfunktionen. Für sie gilt die von MATTHIASS geprägte Definition einer sensomotorischen Störung von Haltung und Bewegung durch eine permanente nicht fortschreitende Hirnläsion. Die Bewegungsstörung ist eine der möglichen Folgen eines frühkindlichen Hirnschadens dem sich häufig Sinnes- und Sprachstörungen Intelligenzminderungen Verhaltensauffälligkeiten und Anfallsleiden zugesellen. Immer wird die Gesamtentwicklung des Kindes beeinflußt auch wenn Einzelsymptome klinisch ganz im Vordergrund stehen. Das gilt augenfällig vor allem für die Bewegungsstörung. Deshalb hat der Pauschalterminus "Spastiker" so weite Verbreitung gefunden. Im Vordergrund stehen aber der Hirnschaden und die zerebrale Leistungsminderung ohne daß diese grundsätzlich mit einem Intelligenzdefekt einhergehen muß. Entsprechend fordert GÖLLNITZ von prä- peri- oder postnatalen Enzephalopathien mit Bewegungsstörungen zu sprechen deren Häufigkeit zwischen 2 und 4 auf 1000 Lebendgeborene beträgt. Der zeitliche Ansatz für die Physiotherapie zerebraler Bewegungsstörungen wird durch zwei Tatsachen bestimmt: 1. Das ZNS insbesondere das Gehirn ist im frühen Kindesalter funktionell unreif d. h. es zeigt eine stärkere funktionelle Plastizität und ist damit besser trainierbar. 2. Die zerebralen Bewegungsstörungen entwickeln sich regulär erst im Lauf des 1. Lebensjahres: die Spastik wird nach dem 6. Lebensmonat deutlich die hyperkinetischen Störungen häufig erst nach dem 1. Lebensjahr (o. Abb. 1). Da die strukturelle und funktionelle Reifung des ZNS zwischen dem 4. und 6. Lebensjahr ihren Abschluß findet ergibt sich die Notwendigkeit die Behandlung frühzeitig d. h. vor der Manifestierung der motorischen Störung zu beginnen und die Jahre bis zum Vorschulalter falls erforderlich mit maximaler Intensität zu nutzen. In dieser Zeit sind motorische Leistungen trainierbar die danach nicht mehr zu erreichen sind. Hinsichtlich des optimalen Behandlungsbeginns im 1. Lebensjahr sind die Meinungen nicht einheitlich. Der Grund liegt in unterschiedlichen neurophysiologischen Ansätzen der einzelnen Behandlungskonzeptionen. ... ___MH
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