Trainingseinfluß auf die rhythmologische Charakteristik der Diastolendauer |
Journal/Book: Nova Acta Leopoldina Bd.46 (1977) Nr. 225. 1977;
Abstract: Forschungsinstitut für Balneologie und Kurortwissenschaft Bad Elster (Direktor: OMR Prof. Dr. med. habil. H. Jordan) Der Aktionstyp der menschlichen Herzschlagfolge ist u.a. durch ein periodisches Schwanken der Herzschlagintervalle gekennzeichnet (Jordan 1963) deren mathematisch erfaßbare Streuung (scattering) als Maßzahl der rhythmologischen Charakteristik der Herzfunktion (Herzperiodenstreuung) gelten kann. Hierbei lassen sich physiologische Streuungsbereiche abgrenzen (Eukymatie) denen verminderte (Hypokymatie) oder erweiterte (Hyper- bzw. Dyskymatie) entgegengesetzt werden können Da organische Herzkranke durch ein hypokymatisches Verhalten ("rhythmologische Starre") gekennzeichnet sind interessierte die Frage ob ein körperliches Training auch in rhythmologischer Hinsicht wirksam werden könnte. Wir entwarfen dazu eine Apparatur die die Herzperioden getrennt nach der Systolen- und Diastolendauer fortlaufend über jede zweite Herzaktion aufzeichnet und über Lochstreifen einer Computerauswertung zugänglich macht (Jordan 1971; Jordan Reinhold und Zelaitis 1973). Da die Diastole denjenigen Abschnitt des Herzzyklus repräsentiert in dem die Energie für die folgende Systole bereitgestellt werden muß interessierte deren Verhalten besonders. Unsere Untersuchungen an 70 Kranken mit ischämischer Herzkrankheit mit und ohne überstandenem Herzinfarkt die einer 4- bis 6wöchigen Kurort-Trainingsbehandlung unterworfen wurden ließen folgende Feststellungen zu: 1. Alle Untersuchten wiesen gegenüber der für Herzgesunde geltenden physiologischen frequenzbezogenen Streubreite der Herzaktionen eine eindeutig hypokymatische Situation auf. 2. Die Streuung der Diastolendauer (sD) repräsentiert mit fast idealer Genauigkeit die Streuung der Herzperioden (sT); die Streuung der Systolendauer (sS) ist sehr viel geringer und praktisch frequenzunabhängig (Tab. 1). (Hfr.: Herzfrequenz). 3. Die Streuung der Diastolendauer wird durch körperliches Training ohne Belastung und bei Ausbelastung deutlich aber nicht signifikant erhöht. Diese Erhöhung der Streubreite der Diastolendauer entspricht der gering erniedrigten Herzfrequenz. Beachtenswert ist daß dieser Trainingsbradykardie ein rhythmologisch begünstigender Effekt der Diastolendauer aber nicht der Systolendauer zukommt (Tab. 1). 4. Die Diastolendauer ist äußerst straff zur Herzfrequenz korreliert die Systolendauer dagegen sehr viel weniger stramm besonders bei Ausbelastung nach dem Training (Tab.2). Tabelle 1 ----------------------------------------------------- Ohne Belastung Ausbelastung ------------------------------- ------------------------------------ vor Training nach vor Training nach --------------------------------------------------- Hfr 73 1 ± 11 0 69 9 ± 11 5 100 7 ± 25 4 96 2 ± 13 1 sT 33 8 36 2 15 4 17 2 sD 31 8 35 8 16 1 18 1 sS 8 8 8 4 8 8 8 9 ------------------------------------------------------------------------------------------------------ Tabelle 2 ---------------------------------------------------------------- Ohne Belastung Ausbelastung ----------------------------------- ---------------------------- vor Training nach vor Training nach ---------------------------------------------------------------- rHfr/D -0 969 -0 937 -0 957 -0 939 rHfr/sD -0 88 -0 99 -0 89 -0 91 rHfr/S -0 642 -0 566 -0 600 -0 235 rHfr/sS -0 15 -0 009 -0 31 -0 01 ----------------------------------------------------------------------------------------------------- 5. Nach dem Training überschreitet auch die Korrelation der Streuung zur Herzfrequenz eben die Signifikanzgrenze (Tab. 2) während die Korrelation Herzfrequenz zu Systolendauer oder deren Streuung besonders unter Belastungsbedingungen schlechter wird. 6. Nach dem Ausmaß der "Trainingsbradykardie" beurteilt nimmt die Streubreite der Diastolendauer entsprechend zu wobei auch die Kranken eine derartige Zunahme aufweisen die keine ausreichende bzw. Trainingsbradykardie unter dem Mittel oder eine Frequenzzunahme aufweisen. Diese gemessen am Skramlikschen Gesetz (Skramlik 1941) frequenzunabhängige Eukymatietendenz der diastolischen Streubreite erscheint in ihrer funktionsanalytischen Bedeutung besonders beachtenswert (Abb. 1). 7. Körperliches Training führt zugleich zu einer signifikanten Zunahme des Quotienten Diastolendauer/Systolendauer (Millahn 1964) und damit zu einer relativen Verbesserung der Zeitrelation Diastole gegen Systole und dies besonders bei den dafür kritischen Herzfrequenzen um 95 bis 100/min bei denen die Diastolendauer etwa der Systolendauer gleich wird (Jordan 1973). Am Trainingsbradykardieeffekt analog Abbildung 1 beurteilt läßt sich eine signifikante Zunahme des Quotienten D/S feststellen (Abb. 2). Ohne Abb. 1 Verhalten der Streuung der Diastolendauer (sD) beurteilt am Bradykardieeffekt nach dem Training. Gruppe A: fehlender Bradykardieeffekt oder Frequenzminderung bis zu 4 Schlägen/min. Gruppe B: Frequenzminderung bis zu 8 Schlägen/min. Gruppe C: Frequenzminderung um mehr als 8 Schläge/min. Leere Säulen: ohne Belastung. Schraffierte Säulen: bei Ausbelastung Ohne Abb. 2 Mittlere Änderung des Quotienten Diastolendauer/Systolendauer (D/S) beurteilt am Bradykardieeffekt und gemessen auf der jeweiligen Ausbelastungsstufe. Gruppierung entsprechend Abbildung 1 8. An all diesen mit dem Trainingseffekt zusammenhängenden Änderungen beteiligt sich die Systolendauer bzw. deren Streuung praktisch überhaupt nicht. Zusammenfassend ergibt sich daß aus der trainingsbedingten Änderung der Herzfrequenz in erster Linie auf eine gleichsinnige Änderung der Diastolendauer geschlossen werden darf und daß die Streuung der Diastolendauer andererseits auch unabhängig von der kardialen Frequenz eine rhythmologisch günstige Beeinflussung der Herzaktion erkennbar werden läßt. Literatur Jordan H.: Die kurzzeitlichen Schwankungen der Herzperiodendauer des Menschen. Schriftenreihe d. Z. ges. inn. Med. Cardiologie 10 136-178 (1963) -: Anwendung der kybernetischen Technik und Elektronik in der Kurorttherapie und Physiotherapie. Kurortol.Physiother. u. Physikal. [russisch] (Sofia) 3-4 170-180 (1971) -: Das rhythmologische Verhalten (Streubreite) der Systolen- und Diastolendauer in Ruhe und unter körperlicher Belastung. Z. ges. inn. Med. 28 394-399(1973) - D. Reinhold and L. Zelaitis: Continuous Measurement of Diastolic and Systolic Phase in Human Heart Action. Digest 10th internat. Conf. med. biol. Engin. (Dresden) p. 362 (1973) Millahn H.-P.: Kontraktionsphasen des jugendlichen Herzens und ihre Beziehungen zur Hämodynamik. Z. Kreislaufforsch. 53 178-187 (1964) Skramlik E. v.: Über Rhythmus und Arhythmie. Forsch. Fortschr. dt. Wiss. 17 188-191 (1941)
Keyword(s): Herz-Kreislauf Diastolendauer Rhythmik
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