Die Schrothkur |
Journal/Book: Aus: "Bunte Deutsche Illustrierte" 16.7.1960 S. 49. 1960;
Abstract: von Dr. Fabian Der Bauer Prießnitz in Gräfenberg glaubte alle Krankheiten mit kaltem Wasser heilen zu können. Sein ehemaliger Schulkamerad Schroth (1800-1850) Bauer und Fuhrmann aus dem schlesischen Ort Lindewiese machte sich über die Heilung von Krankheiten ganz andere Gedanken. Sie entstanden seiner Meinung nach durch verschiedenartige Ablagerungen von krankhaften Stoffen im Körper und durch Blutstauunngen. Er sah in seiner Reinigungskur die einzige Möglichkeit die Rückbildung und Aufsaugung dieser Schlacken zu erzielen und sie zur Ausscheidung zu bringen. Diese Entziehungs- und Trockenkur bestand aus einer derartig strengen Diät daß sie nur von sehr kräftigen und herzgesunden Personen überstanden werden konnte. Es war nicht allzu selten daß sie den Kranken dem Verhungern nahebrachte. Prießnitz und er waren Konkurrenten. Es geschah oft genug daß ein Patient von einem zum anderen überwechselte weil er sich dort mehr versprach. Schroth schimpfte über die Wasserkur Prießnitz dagegen schaute sieh die von der Fastenkur völlig erschöpften Patienten kopfschüttelnd im und riet ihnen sich nach dem Hungern erst einmal einige Monate vernünftig zu ernähren. Mit Halbverhungerten könnte er nichts anfangen. Die wurden seine Wasserkur nicht überstehen. Schroths Kur richtete sich gegen veraltete Syphillis und die als Folge ihrer Behandlung aufgetretenen Quecksilbervergiftungen. Er versuchte aber auch Gicht und Gelenkentzündungen Verdauungsstörungen Neurasthenie und hartnäckige Hautausschläge mit ihr zu heilen. Seine Diät ist sehr streng. Sie erlaubt nur gut ausgebackene alte Semmeln. Dazu gibt es dicke Suppen und Grieß- Reis- Hirse- Hafermehl oder Sagobrei. Die Flüssigkeitsaufnahme ist stark beschränkt. Dreimal in der Woche an den sogenannten T r o c k e n t a g e n darf überhaupt nichts getrunken werden nur Semmeln und getrocknete Pflaumen sind erlaubt. An zwei Wochentagen den kleinen T r i n k t a g e n werden geringe Mengen (etwa ein halber Liter) naturreinen Landweins verabreicht dazu gibt es mittags Brei mit Obstsaft. An den beiden großen T r i n k t a g e n kann ein Liter Landwein neben der Breikost getrunken worden. Der Genuß von Wasser ist bei der strengen Form der Schrothkur überhaupt verboten. Nachts wird der Körper in feuchte Ganzpackungen gelegt. Die Behandlung beginnt mit einer einwöchigen Vorkur. In dieser Zeit der Patient allmählich seinen bisherigen Tafelgewohnheiten entwöhnt. Dann folgt die strenge vierwöchige Hauptkur. In der Zeit kurz vor dem Kriege und in den ersten Nachkriegsjahren war die Schrothsche Kur fast völlig in Vergessenheit geraten. Der allgemeine Lebensmittelmangel zwang die gesamte Bevölkerung sich einer unfreiwilligen Fastenkur zu unterziehen. Dieses ungewollte Experiment hat aber den Wert der Fastenkuren und die Richtung der Schrothschen Ansicht bestätigt. Die sogenannten Stoffwechselkrankheiten wie Gicht erhöhter Blutdruck Zuckerkrankheit und Fettsucht mit allen ihren schädlichen Folgen traten in jener Zeit kaum auf. Sie vermehrten sich jedoch rapide mit dem fortschreitenden Wirtschaftswunder und dem damit verbundenen ansteigenden Fett- und Fleischkonsum. Jetzt wurden diese Entschlackungskuren wieder notwendig. ... ___MH
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