Synoptische Betrachtungen an Hand routinemäßig ermittelter Körpertemperaturen in 5 verschieden gelegenen Tbc- Heilstätten aus dem Gebiet der DDR |
Journal/Book: Angew. Meteorologie 2 (1956) 6 S.169-176. 1956;
Abstract: Dr. H. Wagner Bioklimatischen Forschungsstation Bad Elster; Dr. med. H. Jordan Staatl. Rheumaforschungsanstalten und den Staatl. Kliniken Bad Elster (Chefarzt: Prof. Dr. K. Lühr) Zusammenfassung: Auch mit routinemäßig gewonnenen Körpertemperaturen können einwandfreie meteoropathologische Untersuchungen auf Grund exakter statistischer Überprüfungsmethoden durchgeführt werden. Kollektive Betrachtung ermöglicht dann die in der Grundstreuung enthaltene Variationsbreite festzulegen. Während eines zweimonatigen Zeitraumes wurden 11 Termine ermittelt an denen in 5 Tbc-Heilstätten eine gleichsinnige 24stündige Änderung der Körpertemperatur einen überzufälligen Wert erreicht. Diese Änderungen werden kritisch betrachtet und zu witterungsdynamischen Vorgängen in Beziehung gebracht. Der Ablauf des Luftdrucks der Lufttemperatur und des Wasserdampfdrucks während dieser Zeiten (in Isoplethendarstellungen) erbringt klare überzufällige Zusammenhänge. Die besten Beziehungen lassen sich zum Gang des Dampfdruckes ableiten womit die Verbindung zu den in früheren Arbeiten erörterten "föhnartigen" Verhältnissen offenbar wird. Teil 1 Vorbemerkungen zur Anlage der Arbeit (H. Jordan) Eine Beurteilung biologischer Sachverhalte mit dem Ziel Zufälliges vom Typischen und Krankhaftes vom Normalen zu sondern ist stets davon abhängig in welchem Maße wir befähigt sind genügend zuverlässige Messungen anzustellen - oder wenn dies nicht wünchenswert gewährleistet erscheint - genügend beweiskräftige Überprüfungsmethoden anzuwenden. Sind wir auf "routinemäßig" Untersuchungsformen und ihre Verwertung angewiesen (dies ist etwa im Falle der Körpertemperaturmessungen in Krankenanstalten gegeben) so kann eine Bewertung solcher Beobachtungen nur dann gerechtfertigt sein wenn alles Willkürliche Zufallsfehlerhafte Nachlässige oder Unterlassene das ihnen zugrundeliegt als solches erkannt und ausgemerzt oder aber durch Anwendung statistischer Prüfmethoden auf seinen Aussagewert untersucht wird. Die Unterwerfung des Beobachters unter die gültigen kritischen Gesetze der Statistik verbürgt aber dann daß die ermittelte "signifikante" Aussage nun keinesfalls mehr Angriffen ausgesetzt sein kann die auf die jenen "Routinemessungen" anhaftenden Ungenauigkeiten abzielen [5]. Es bedeutete eine fundamentale Verkennung des Sachverhaltes aus solchen Erwägungen heraus die Verwertbarkeit jener Routinemessungen ablehnen zu wollen wie dies immer wieder einmal geschieht. Werden zum Beispiel Temperaturen von Heilstätteninsassen die selbst messen gefälscht nachlässig abgelesen oder vergessen so wird jeder Heilstättenarzt aus seiner Erfahrung heraus in der Lage sein hier Zufälliges von Böswilligem Wahrscheinliches von Unwahrscheinlichem zu trennen. Die Statistik will nichts anderes. Ihr gewonnenes Ergebnis ist hingegen um so stichhaltiger je kritischer es erstellt und je eindeutiger es trotzdem geworden ist vorausgesetzt daß man in dieser Prüfmethode mehr zu sehen in der Lage ist als eine "Zahlengaukelei" mit der man selbst das Unmögliche möglich machen kann. Eine statistisch signifikante Beobachtung ist als solche einer Debatte enthoben und besitzt eine Realität. Schon im Beginn unserer Untersuchungen über die kollektive Betrachtung von Körpertemperaturen hat der eine von uns (W.) klar ausgesprochen welche Fehlermöglichkeiten den Temperaturmessungen anhaften können [1]. Es erscheint überflüssig sie zu wiederholen ungeachtet der Tatsache daß ähnliche Einwände immer wieder einmal gemacht werden. Es ist für die Berechnung relativ gleichgültig ob beispielsweise auf 5/10° oder 1/10° genau abgelesen wird. Finden sich nämlich nach Überprüfung der Homogenität des Untersuchungskollektivs signifikante Abwandlungen trotz strengster Kritik so wird ein solches Versuchsergebnis nur noch um so überzeugender interpretiert werden können wenn trotz der Meßmängel gleichsinnige oder allgemein erwartete Effekte sichtbar werden. Fehler der Beobachtung vergrößern ja die Fehlerstreuung mit der grundlegend gerechnet wird. Mit vergrößerter Grund-Streuung rechnen zu müssen setzt aber voraus daß versuchsbedingte Änderungen besonders markant sein müssen um in der Rechnung dann in Erscheinung treten zu können; es erschwert weiter die Homogenitätsprüfung die bei wirklich sehr ungenauen Grund-Werten oft einfach nicht mehr durchführbar ist. Grundsätzlich ist eben entscheidend was man von der Statistik erwartet. Etwas anderes als eine letzte streng kritische Instanz in ihr zu sehen setzt unwissenschaftliche Haltung voraus und geht am Kern der Sache vorbei. Jede Messung am Patienten birgt solche Fehlerquellen in sich gleichgültig ob sie in der Methode oder im subjektiven Beobachtungsfehler liegen. Die Entwicklung des Normbegriffes muß über diese Mängel notwendigerweise hinweggehen - und sie kann es einmal über die qualifizierte Empirie zuverlässiger geschulter und kritischer Beobachter zum anderen über die Kritik der statistischen Prüfung. Ist dies gegeben dann sind Streitfragen darüber sinnlos ob beispielsweise eine signifikante Änderung der Körpertemperatur von 36 25 auf 36 33 überhaupt "sein kann" wenn die Thermometer nur auf 1/10° geeicht sind. Signifikant wäre ja nicht diese Zahl 36 33 an sich sondern die (dem Kollektiv eigene) Differenz von 0 08°. Besonders augenfällig werden solche Zusammenhänge wenn sie zwischen mehreren Kollektiven bestehen die voneinander unabhängige Versuchsreihen darstellen wie dies die nachfolgende Mitteilung erweist. Sie entkräftet wohl endgültig die gelegentlich noch geäußerte Meinung daß hier bewußte oder unbeabsichtigte Versuchsfehler eine Rolle spielen können und daß man aus Gründen reservierter Skeptik auf die Verwertung routinemäßig gewonnener Körpertemperaturen verzichten müsse. Wir möchten meinen daß die statistisch exakte Prüfung ein mindest ebenso gutes und in mancher Hinsicht besser verwertbares Resultat ergibt als der Vergleich sorgfältigster Messungen an wenigen oder am einzelnen Patienten. Inwieweit uns aber das Individuell-Typische oder das Kollektiv-Typische der Reaktion genügen oder weiterführen kann entscheidet die wissenschaftliche Fragestellung. Teil 2 Methodik und Bearbeitung des Materials (H. Wagner) Sammlung des Untersuchungsmaterials Während eines neunwöchigen Zeitraumes vom 2. Mai bis 3. Juli 1954 wurden die in fünf weit auseinanderliegenden Tbc-Heilstätten routinemäßig gewonnenen Messungen der Körpertemperatur statistisch verarbeitet und zu meteoropathologischen Untersuchungen herangezogen. Die Angaben entstammen dabei folgenden Anstalten (vgl. Abb. 1): Ohne Abb.1 Übersichtskarte 1. Johanniter Heilstätte Sorge (Bezirk Magdeburg) 2. Heilstätte Bad Berka 3. Beelitz-Heilstätten (Bezirk Potsdam) 4. Heilstätte Lostau bei Magdeburg 5. Heilstätte Stralsund. Die routinemäßig gemessenen Körpertemperaturen wurden dort auf entsprechend vorbereitete Blätter listenmäßig eingetragen und in zwei Zeitabschnitten zur Auswertung an die Bioklimatische Forschungsstation Bad Elster übersandt. Von jeder Heilstätte wurde ein Kollektiv von durchschnittlich 100 Patientinnen in die Untersuchung einbezogen wobei die Körpertemperatur für jeden Patienten in einer besonderen Zeile zu übermitteln war. Die Eintragungen wurden dadurch vereinfacht daß sämtliche Werte auf 36 0 Grad bezogen wurden also indem 36 1 als eins 36 2 als zwei usw. bezeichnet wurden. Täglich wurden zwei Messungen erfaßt die Früh- und die Spätnachmittagstemperatur1) Zur Auswertung lag damit ein vollständig gleichmäßiges und lückenloses Material vor. Auswertung des Materials In einem ersten Arbeitsgang wurde die 24stündige Änderung ermittelt diese für jeden Patienten in einer Reihe fortlaufend aufgetragen und listenmäßig für jede Heilstätte zusammengefaßt. Mit dieser Methode wurde an die früheren Untersuchungen [2] angeknüpft in denen gleichartiges Material mit gleichen Methoden verarbeitet wurde. Der Vergleich der Früh- bzw. Nachmittagswerte von Tag zu Tag greift einen Gedankengang des Klinikers zahlenmäßig auf den dieser bei der Betrachtung des Krankenblattes immer als Nächstliegendes anstellt. Im weiteren Verlauf wurde dann - genau wie früher - von der Einzelbetrachtung abgegangen und das Material synoptisch an den einzelnen Terminen kollekiv zusammengefaßt. Erst nach einer solchen Bearbeitung können die Effekte hervortreten die exogenen Ursprungs sämtliche Glieder in gleicher Weise berühren wobei zunächst darauf verzichtet wird auf die Reaktionsweise des Einzelwesens einzugehen. Diese Werte der kollektiven Körpertemperatur (KKT) lassen sich auf Grund ihrer Streuung statistisch überprüfen. Die notwendige Sicherung kann durch die Beurteilung der Variationsbreite durchgeführt werden. Methode der statistischen Überprüfung Hier liegen dieselben Voraussetzungen vor wie sie Lindner [3] auf Seite 89 für die Feststellung des Einflusses zweier Schlafmittel anwendet. Es wird die Abweichung des an einem bestimmten Termin errechneten Durchschnitts von seinem theoretischen Wert nachgeprüft der sich auch hier dem aus einer großen Zahl gewonnenen Mittelwert Null nähert Aus den Frühterminen wurden in dem Untersuchungszeitraum insgesamt 28141 Einzelmessungen erfaßt ihre Summe beträgt -234 Zehntel Grad auf den Einzelfall umgerechnet bedeutet dies eine Änderung von -0 00836 Zehntel Grad. Nachmittags beläuft sich bei 27246 Werten die gesamte Abweichung +97 Zehntel Grad also +0 00337 Zehntel Grad pro Einzelfall. Die Annäherung an Null ist damit weitgehend vorhanden. Das durchschnittliche Streuungsquadrat sämtlicher Abweichungen erreicht 234975 ²= ------- = 4 242 55386 Nunmehr ist festzustellen ob die an den einzelnen Terminen ermittelten Stichproben mit ihrer Streuung s von diesem theoretischen Nullwert nur zufällig abweichen oder ob ein gesicherter Unterschied vorhanden ist. Ihre Verteilung ist abhängig von der Größe der d Stichproben N. Der t-Wert errechnet sich nach t=-- N wobei s d die durchschnittliche 24stündige Änderung an dem betreffenden Termin bedeutet. Ergebnis der statistischen Überprüfung Aus den 120 Terminen (früh und nachmittags) schälen sich nach dieser kritischen Überprüfung unter Anwendung einer Überschreitungswahrscheinlichkeit von 1% 11 Termine heraus die eine gesicherte Abweichung in einer Richtung zeigen und gewisse Wahrscheinlichkeitsaussagen zulassen. Wird die Sicherungsgrenze auf 5 % heraufgesetzt so erhöhen sich diese Termine auf insgesamt 18 Zeitabschnitte. Es ist leicht einzusehen daß mit diesen 11 Terminen Zeiten erfaßt werden in denen großräumig betrachtet exogene Effekte in gleicher Weise die Körpertemperatur der Patienten aller 5 Heilstätten beeinflussen müssen. Trotz aller Bedenken gegen die Verwendung routinemäßig gewonnener Messungen ist diese Feststellung doch recht auffällig und läßt eine weitere Verarbeitung dieser Werte als durchaus berechtigt erscheinen. -------------------------------------------------------------------------------------------------------------------- Summe Gesamtzahl Summe d. Abweichungen d.Patienten der t-Wert in Zehntel Grad Streuungsquadrate --------------------------------------------------------------------------------------------------------------------- Gruppe A: 5 Termine mit einer signifikanten Abnahme d.KKT an allen 5 Heilstätt. 5.Mai nachmittags -129 475 2116 3 61 22.Mai vormittags -120 466 1370 3 26 10.Juni nachmittags -l58 453 2181 3 37 22.Juni nachmittags -235 450 2145 5 06 27.Juni nachmittags -137 396 2028 3 04 Gruppe B: 6 Termin mit einer signifikanten Zunahme d.KKT an allen 5 Heilstätt. 24 Mai nachmittags +138 423 l564 3 47 9.Juni nachmittags +132 456 2735 2 52 13.Juni vormittags +104 434 1215 2 99 16.Juni nachmittags +218 453 2187 4 75 19 Juni nachmittags +204 446 2130 4 51 25.Juni nachmittags +134 454 2462 3 11 --------------------------------------------------------------------------------------------------------------------- Kritische Betrachtungen der statistisch gewonnenen Ergebnisse Bereits die Tatsache daß alle vom Thüringer Raum bis an die Ostseeküste auseinanderliegenden Heilstätten eine gleichsinnige Tendenz an gewissen Tagen erkennen lassen zerstreut eine ganze Reihe von Einwänden gegen die Verwendung routinemäßig ermittelter Körpertemperaturen. Sicher liegt eine große Reihe von Fehlerquellen in diesen Messungen. Sie gehen aber alle voll in die Fehlerstreuung ein und bei der gegenwärtigen Untersuchung können sie nur eine Rolle spielen wenn sie als eine kollektiv wirkende Fehlerquelle in eine bestimmte Richtung zu einer bestimmten Zeit erfolgen. Unter diesem Gesichtspunkt erscheint der Einwand einer "willkürlichen" Verfälschung vollkommen irrig und unverständlich. Gleichgültigkeit bei der Durchführung der Temperaturmessung würde in der kollektiven Körpertemperatur nur sichtbar wenn sich sämtliche Patienten der oben erwähnten 5 Heilstätten zu einem Verband zusammengeschlossen hätten und dann den Versuch unternähmen organisiert gezielt eine bewußte Täuschung in einer bestimmten Richtung an einem bestimmten Tag zu unternehmen. Das dürfte aber wohl selbst der größte Skeptiker nicht annehmen. Sie wird immer als Nachlässigkeit eine "willkürliche" Handlung bleiben das bedeutet daß sie bei der statistischen Überprüfung als ein Teil der Fehlerstreuung mit in die Rechnung eingeht. Sicher verfahren eine Reihe von Patienten in dieser unverantwortlichen Art und Weise. Aber es gibt an jeder Heilstätte auch eine große Anzahl welche die während der Heilstättenbehandlung geforderten Kontrollmaßnahmen durch Eigenmessung der Körpertemperatur verantwortlich durchführen. Bei der langwierigen Heilstättenbehandlung die heute immer noch eine Grundlage für eine erfolgversprechende Heilung der Tuberkulose darstellt betrachtet es der klinisch arbeitende Lungenfacharzt als eine seiner wichtigsten Aufgaben das Bewußtsein der Patienten so weit zu heben daß sie durch diese Eigenkontrolle der Körpertemperatur den Kurverlauf weitgehend zu erfassen vermögen so daß daraufhin eine Verbesserung der Therapie eingeleitet werden kann und daß sie letzten Endes damit nicht unwesentlich zu einer Verbesserung des Kurerfolges selbst beizutragen vermögen. Dieser Teil der Patienten mit den tatsächlich gemessenen Werten bringt Einblick in den Verlauf der KKT während die übrigen sich nur in einer Erhöhung der ungezielten Fehlerstreuung bemerkbar machen. Auf Grund dieser Überlegung erscheint es noch einmal wichtig wie schon früher darauf hinzuweisen daß das Kollektiv genügend groß gefaßt werden muß um über den Bereich der Fehlerstreuung hinaus gewisse Wahrscheinlichkeitsaussagen machen zu können. Vielleicht könnte noch der Einwand erhoben werden daß immer bestimmte Tage bevorzugt seien an denen im Kollektiv eine Änderung der Körpertemperatur sichtbar würde. Möglicherweise könnte sich das Wochenende oder auch andere Tage in der Woche durch einen signifikant hohen Wert in der einen oder anderen Richtung auszeichnen. Wäre dies der Fall so müßten sich die oben ermittelten Termine in einer bestimmten Gruppierung während der Woche anordnen. Sie zeigen aber folgendes rein zufällig verteiltes Bild: ---------------------------------------------------------------------------------------------------------- So Mo Di Mi Do Fr Sa ----------------------------------------------------------------------------------------------------------- Termine m.signifik.Erhöhung d.KKT (5%) 1 1 1 2 0 1 1 Termine m.signifik.Erniedrigung d.KKT (5%) 2 1 2 2 2 0 2 Hierin findet die Gleichmäßigkeit ihren Ausdruck die bei der konservativen Behandlung der Tuberkulose einen Grundsatz darstellt der in den letzten Jahren durch strenge Liegekuren noch wesentlich mehr betont wird. Unverständlich wirkt unter diesem Gesichtspunkt auch ein Einwand daß sich bereits auf Grund der Chemotherapie ein bestimmter Gang in der KKT abzeichnen könnte [6]. Auch dies würde wie bereits oben ausgeführt nur der Fall sein wenn diese Therapie nicht ganz gleichmäßig über längere Zeiträume Anwendung finden würde sondern wenn sie sich in allen Heilstätten auf bestimmte Tage in der Woche oder im Monat beschränken würde. Bei dieser hier angewandten synoptischen Betrachtung wird aber auch dieser Einwand vollkommen hinfällig da auch etwaige hierdurch hervorgerufene Schwankungen durch ihre Gleichmäßigkeit sich in einer Erhöhung der Variationsbreite des gesamten Kollektivs ausdrücken also in der Grund-Streuung voll mit enthalten sind. Bei der kollektiven Betrachtung genießen auch andere therapeutische Maßnahmen wie Pneunachfüllungen u. ä. nur eine untergeordnete Bedeutung da sie einmal nur einen Teil des Gesamtkollektivs ausmachen zum andern sich aus technischen Gründen meist ebenfalls über mehrere Tage erstrecken. Einen weiteren Beweis für die Realität dieser sich im Gang der KKT abzeichnenden Termine bringt ein Vergleich mit gewissen Witterungssituationen. An diesen Tagen bestehen so viele gemeinsame auch statistisch gesicherte Züge daß angenommen werden kann daß im Gang dieser KKT-Werte exogene Effekte ihren Ausdruck finden. Witterungsdynamische Vorgänge zur Zeit der signifikanten Änderungen der KKT Luftdruck Dampfdruck und Lufttemperatur sollen dabei als drei augenfällige meteorologische Faktoren bestimmte Wettervorgänge kennzeichnen. Diese drei lassen sich für alle Höhenschichten verhältnismäßig einfach und schnell aus den Ergebnissen der Radiosondenaufstiege gewinnen. Um eine gleichwertige Beziehung zu den für die obigen 5 Heilstätten gültigen Änderungen der KKT zu schaffen müssen in gleicher Weise großräumige Wetterumstellungen erfaßt werden die das gesamte Gebiet von Thüringen bis zur Ostsee gleichzeitig berühren oder sich wenigstens innerhalb eines kurzen Zeitraumes in diesem Bereich abspielen. Aus diesem Grunde sind die Werte für diese drei Elemente ebenfalls an mehreren Punkten entnommen welche ungefähr die gleiche Fläche zu charakterisieren vermögen (vgl. Abb.1). Luftdruck und Lufttemperatur wurden dabei aus den Karten des Kissinger Wetterberichtes für die Schichten vom Boden bis 96 mb ermittelt während der Dampfdruck aus den Ergebnissen von 8 Radiosondenaufstiegen vom Boden bis 500 mb errechnet wurde. In gleicher Weise wie bei der KKT wurde auch hier fortlaufend die 24stündige Änderung und zwar für jede Schicht getrennt gebildet. Diese Werte wurden entsprechend den signifikanten Änderungen der KKT in zwei Gruppen zusammengefaßt. Fünf Fälle bilden die Gruppe die parallel mit den Abnahmen der KKT läuft und sechs sind es in der gegenläufigen Gruppe. Die einzelnen Termine liegen dabei genügend weit auseinander so daß sie als unabhängige Werte betrachtet werden können da sie immer eine jeweils neue Wettersituation kennzeichnen. Die Ergebnisse sind in einer Isoplethendarstellung festgehalten wobei zur Vervollständigung des jeweiligen Wetterablaufes die Änderungen des Vortages und des Nachtages mit angefügt sind. Die in den Abbildungen 2-4 wiedergegebenen Zeichnungen sind dementsprechend so zu verstehen als ob sich die angegebenen Änderungen über dem betreffenden Raum im zeitlichen Verlauf abspielen würden. Zwischen den auf Abbildung 3 erfaßten Änderungen des Dampfdruckes und denen des Luftdruckes sind noch gewisse zeitliche Verschiebungen zu berücksichtigen da der Dampfdruck zeitlich genau mit den Terminen der KKT-Änderung synchronisiert ist während in den beiden anderen Fällen der Einfachheit halber die in den Karten des Kissinger Wetterberichtes veröffentlichten Frühwerte zugrunde gelegt wurden. Beziehungen zum Gang des Luftdruckes (Abb. 2) Ohne Abb.2 24stündige Luftdruckänderung (in geop.Dekameter) Auf der linken Seite der Darstellung befindet sich der Luftdruckverlauf während der Erniedrigung der KKT auf der rechten Seite ist die gegenläufige Bewegung wiedergegeben. Da die einzelnen Punkte Mittelwerte aus 5 Fällen links und entsprechend 6 rechts darstellen wurde noch eine statistische Überprüfung durchgeführt und für jeden einzelnen Punkt der t-Wert in der darunter stehenden Darstellung eingetragen. Während bereits ein Vergleich der beiden oberen Darstellungen eine reine Gegenläufigkeit ableiten läßt lenken die darunter markierten signifikanten Abschnitte das Augenmerk auf besonders markante Zeiten. (Bei einer Überschreitungs- wahrscheinlichkeit von 5% ist bei 4 Freiheitsgraden ein t-Wert von 2 776 und bei 5 Freiheitsgraden von 2 571 erforderlich.) Bei der Abnahme der KKT (linke Darstellung) geht eine hochreichende Umstellung der Wetterlage voraus die durch den Druckfall am Boden signifikant hervorgehoben wird aber in der Höhe von einem gekoppelten Druckanstieg begleitet ist. Nach dem Termin beginnt in den unteren Schichten der Luftdruck zu steigen und setzt sich in gleicher Tendenz später auch in höheren Schichten durch. Umgekehrt wird eine Erhöhung der KKT zusammen mit einem Luftdruckfall am Boden verzeichnet. Auch hier laufen wieder Vorgänge bis hinauf in große Höhen parallel wie der auffallend hohe t-Wert für den nachfolgenden Druckanstieg im 96 mb-Niveau aufzeigt. Diese nach der Synchronisierung gewonnenen Einblicke in die statistisch gesicherten Zusammenhänge mit großräumigen witterungsdynamischen Umstellungen stellen wohl den besten Beweis dafür dar daß mit den auf Grund routinemäßig durchgeführten Körpertemperaturmessungen in Tbc-Heilstätten festgelegten Terminen wirklich Zeitabschnitte erfaßt wurden in denen überzufällige Änderungen der KKT in irgendeiner Weise durch exogene Faktoren gesteuert werden. Beziehungen zum Gang des Dampfdruckes (Abb. 3) Ohne Abb. 3 Dampfdruckänderung (mm Hg). Die Isoplethendarstellung zeigt wieder links die Veränderung während der Abnahme der KKT und rechts dieselbe während der Zunahme. Die absolute Gegenläufigkeit tritt bei einem Vergleich hier besonders deutlich hervor. Die Änderung des Dampfdruckes geht in beiden Fällen hochreichend bis hinauf in die obersten Schichten parallel mit der Veränderung der KKT. Die größte Wasserdampfverarmung wird dann registriert wenn die KKT ihre tiefste Erniedrigung erreicht und umgekehrt. Es ist aus den Werten zu ersehen daß die absolut größte Veränderung entsprechend dem höheren Wasserdampfgehalt in den untersten Schichten die höchsten Werte erreicht. Damit wird die Änderung des Dampfdruckes in den bodennahen Schichten zu einem sehr wichtigen Kriterium. Es kann ohne Zweifel als eines der meteorologischen Bodenelemente betrachtet werden das gute Zusammenhänge mit dem mit Hilfe der KKT erfaßten biologischen Geschehen offenbar werden läßt. Alle 11 untersuchten Fälle zeigen hier sowohl in negativer als auch in positiver Richtung am Boden und im 850 mb-Niveau ausnahmslos die gleiche Dampfdruckänderung. Im 700 mb- und 500 mb-Niveau geht nur ein einzelner Fall gegenläufig. Auf ähnliche Beziehungen wies auch Flach [4] hin als er Schmerzattacken bei Rheumatikern mit Bodendampfdruckänderungen in Verbindung bringen konnte. Beziehung zu föhnartigen Verhältnissen Mit diesem parallelen Verhalten zur Änderung des Dampfdruckes wird an die Ergebnisse früherer Untersuchungen angeknüpft die sich mit den Beziehungen zwischen föhnartigen Verhältnissen in der Atmosphäre und der Änderung der KKT befaßten. An großem Material wurde ebenfalls mit überzeugenden statistischen Methoden nachgewiesen; daß föhnartige Verhältnisse in der Atmosphäre die also mit einer Wasserdampfverarmung verbunden sind von einer Erniedrigung der KKT begleitet werden. Umgekehrt bedeutet eine Abnahme der föhnartigen Verhältnisse ein Ansteigen des Wasserdampfgehaltes und in diesen Fällen wurden immer die kritischen Zeiten mit einer Erhöhung der KKT erkannt. Phase A Phase B Abnahme des Dampfdruckes Zunahme des Dampfdruckes Zunahme der föhnartigen Verhältnisse Abnahme der föhnartigen Verhältnisse Abnahme der KKT Zunahme der KKT Während also die früheren Untersuchungen auf Grund witterungsdynamischer Verhältnisse versuchten vertikale Umschichtungen in der Atmosphäre zu erfassen und damit auch indirekt auf den Wasserdampfgehalt der gesamten Troposphäre zu schließen schafft diese Darstellung das Verbindungsglied indem sie auf Grund der tatsächlich aus den Aufstiegsergebnissen entnommenen Feuchtewerten die Zusammenhänge mit dieser früheren Betrachtungsweise aufzeigt. Beziehungen zum Gang der Lufttemperatur Die Änderung der Lufttemperatur in den einzelnen Höhenschichten wurde mit Hilfe der relativen Topographien und ihrer 24stündigen Änderungen erfaßt. Die Darstellung auf Abbildung 4 berücksichtigt dabei nicht die Dicke der durch die Hauptisobarenflächen begrenzten Schichten. Ohne Abb. 4. 24stündige Änderung der relativen Topographie (in geopot. Dekameter). Auch hier lassen beide gegenüberstehende Gruppen wieder ein völlig gegensätzliches Bild ablesen. Obwohl nicht die durchgreifenden Umstellungen wie beim Dampfdruck verzeichnet werden so zeigen sich doch auch hier Zusammenhänge mit hochreichenden witterungsdynamischen Umstellungen. Damit sei durchaus nicht behauptet daß zwischen diesen drei meteorologischen Faktoren und der Änderung der KKT ein ursächlicher Zusammenhang bestünde. Aber es kann als eindeutiger Beweis gelten daß auch die Wärmeregulation eine Veränderung durch irgendwelche exogenen Effekte erfährt. Sie kann dabei in einer zweiphasigen Reaktion antworten wie dies die Zusammenhänge mit der Witterungsdynamik beweisen. Wie bereits in diesem kurzen zweimonatigen Zeitraum nachweisbar ist mit dieser Methode eine synoptische Betrachtung möglich wobei auch das biologische Ereignis ohne Bedenken in die Untersuchung einbezogen werden kann. Mit dieser Bearbeitung dürfte aber auch der Nachweis erbracht sein daß mit Hilfe routinemäßig gewonnener Körpertemperaturmessungen aus Tbc-Heilstätten meteoropathologische Untersuchungen durchgeführt werden können vorausgesetzt daß sie mit geeigneten statistischen Methoden überprüft wurden. Die nunmehr seit längerer Zeit an der Bioklimatischen Forschungsstation Bad Elster durchgeführten Untersuchungen mit Hilfe routinemäßig gewonnener Körpertemperaturmessungen brachten ausnahmslos immer die gleichen Ergebnisse. Es dürfte durchaus die Möglichkeit bestehen mit ähnlichem Material die hier gewonnenen Resultate eines anderen Zeitraumes zu reproduzieren. 1Daß diese Übertragungen reibungslos und ohne jede Schwierigkeit erfolgten ist sicher zum nicht geringen Teil der Aufmerksamkeit der einzelnen Herren Chefärzte zu verdanken denen für ihre freundliche Unterstützung und für ihr bereitwilliges Entgegenkommen an dieser Stelle recht herzlich gedankt sei. Literatur: 1. Wagner Schwingungen im Verlauf der Körpertemperatur und ihre Kopplung mit föhnartigen Verhältnissen. Angew. Met. 1 (1952) 193-202. 2. Wagner und Jordan Das Verhalten der Körpertemperatur unter spezifischen Witterungseinflüssen. Z. ges. Inn Med 9 (1954) 3 3. Linder statistische Methoden für Naturwissenschaftler Mediziner und Ingenieure Basel 195l. 4. Flach Witterungsbedingter Rheumatismus und atmosphärisches Geschehen. 1938. 5. Spangenberg Die Brauchbarkeit von Messungen der Körpertemperatur für bioklimatische Untersuchungen. Angew. Met. 2 (1955) 119-122. 6. Tichy F. Z. Rheumaforsch. 12 (1953) 169.
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