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April 2024

Differentialdiagnostische Erwägungen in einem Fall von stark bradykardem Atrioventrikularrhythmus

Journal/Book: Z. ges. inn. Med. u. Grenzgeb. 08 (1953) 6 273. 1953;

Abstract: Aus den Kliniken der Staatlichen Rheumaforschungsanstalt des Staatsbades Bad Elster (Chefarzt: Doz. Dr. med. habil. K. Lühr) Am 3.9.1952 wurde uns der Patient P. R. geboren am 12.7.1906 zur Kurbehandlung (! ) mit der Diagnose "totaler Block" überwiesen. A n a m n e s e : Als Kind Masern und Di. 1935/36 Typhus abdominalis mit Bauchdeckenphlegmone. 1936 Gelenk- und Muskelrheumatismus ohne Fieber anschließend Tonsillektomie wegen gehäuft auftretender Tonsillitis. 1943 rechtsseitige Herniotomie. Anläßlich einer Wehrmachtstauglichkeitsuntersuchung 1944 "Herzfehler" festgestellt. 1945 Granatsplitterverletzung im linken Oberschenkel und links am Gesäß im gleichen Jahr Malaria tertiana. April 1952 Grippe. Dabei stellte Pat. trotz der Temperaturen erstmalig einen langsamen Puls fest nachdem er etwa 5 Tage erkrankt war. Subjektive Herzbeschwerden bestanden nicht. Pat. klagt über Druckgefühl in der Herzgegend Kurzluftigkeit starkes Herzklopfen bei körperlichen Anstrengungen; seine Arbeitsleistung als Maurer sei ganz erheblich herabgesetzt. Es besteht kein Wunsch für Invalidisierung. B e f u n d: Fast vollständige Zahnprothese. Nicht schmerzhafte Kieferwinkeldrüsen bds. Asymmetrischer Thorax rechts stärker vorgewölbt als links mit Schulterhochstand links. Lungen ohne Besonderheiten Cor: nach links verbreitert Töne leise rein gedoppelter 2. Ton über Spitze und Basis allgemeine Betonung der 2. Töne nicht klingend Aktion sehr langsam und regelmäßig. Blutdruck 140/80 Puls 40/min Leber eben tastbar. S-förmige Skoliose mäßigen Grades der ganzen WS Senk-Knick-Spreizfuß. Ein rechtsseitiger Karotisdruckversuch ändert an der klinisch registrierten Pulszahl nichts. Eine orientierende kurze Kreislaufprüfung ergibt: Puls im Liegen 35/min im Stehen 41/min nach 20 Kniebeugen 90/min geht in Viertelminutenabständen laufend bestimmt wie folgt zurück: 15-17-15-12-11-13-11-1O-11-10-12-10-9-12-11-12-11-11-11-11-11-11-11. Nach dem Hinlegen und 1 Minute Pause im Liegen: 9-8-9-8: Rückkehr zum Ruhewert nach 7 Minuten. Ekg von 4. 9. 1952: RR-Abstand 1 62 Sekunde P-Zacken nirgends nachweisbar ST leicht durchgebogen verlaufend Rechtstypus. TIII abgeflacht TP-Strecke völlig glatt. Diese Befunde verlangen zunächst die Entscheidung ob es sich hier um eine im Sinusknoten oder in tieferen Abschnitten des Reizleitungssystems verankerte Bradykardie handelt. Ein Morgagni-Adams-Stokesscher Anfall hat nicht vorgelegen. Eine Lues wird vom Pat. negiert. Vorhofspfropfungen lassen sich bei der Untersuchung nicht mit Sicherheit ermitteln wie sie bei einer Koinzidenz von Vorhof- und Kammersystole erscheinen. Eine Hunger- oder Trainingsvagotonie (Bohnenkamps Mitteilung eines hochleistungsfähigen Sportlers mit einer Ruhefrequenz von 28/min) ist nicht zu vermuten. Die symptomatische Bradykardie bei einer chron. Myokarditis dürfte o h n e Leitungsstörungen einen solchen Grad nicht erreichen (Mackenzie). Frustrane Kontraktionen bestehen nicht. Diskutabel bleibt damit die habituelle Bradykardie Gibsons eine Vagusdruckbradykardie neurotischer oder aber neurologischer Natur und die Tatsache daß die Richtung und vor allem die Größe von P im Ekg von der Lage der Elektrode und anderen elektrophysiologischen Gegebenheiten abhängig ist. Die isoelektrische Strecke T-P oder T-Q ist in unserem Ekg zu geradlinig als daß man ein Vorhofflattern oder -flimmern (bei dem die Vorhofwellen mitunter kaum sichtbar sind) annehmen muß - vorausgesetzt daß zugleich eine Automatie vorläge. Vorhofflattern beim totalen Block wurde erst kürzlich von Smith und Smith bei 25000 Ekg nur 3mal gefunden. Franco teilt Vorhofarrhythmien beim Block mit. Auch an die Möglichkeit des Stillstandes der Vorhöfe beim Block muß gedacht werden (Frey und Schittenhelm). Nach Brugsch vermag nun weder Erregung Atmung noch Arbeit die Schlagzahl der automatisch arbeitenden Kammern zu steigern. Wir schrieben also zunächst das Ruhe- und Belastungs-Ekg. Es zeigt sich daß im ersteren jetzt P-Zacken auftreten deren Abstand vom Beginn P bis zum Beginn des Kammerkomplexes 0 14-15 Sekunden beträgt. Sie sind in Ableitung I und II positiv in III negativ werden in der Spezialableitung für die Vorhöfe nach Schellong und Zarday gleichermaßen positiv sichtbar und verschwinden im Belastungs-Ekg (15 Kniebeugen) vollständig. Die Frequenz steigert sich; RR-Abstand in Ruhe 1 72 Sekunde nach Belastung 1 25 Sekunde. Die Frage ob eine Sinusbradykardie vorliegt war damit noch unentschieden. Halten wir an der Blockannahme fest - dies wurde bisher stets von den Voruntersuchern angenommen - so müßten ganz abnorme Verhältnisse vorliegen: Die Sinuserregung müßte im strengen 2:1-Verhältnis zu der der Kammer stehen und außerdem einen 2:1-Block aufweisen. Obwohl in bestimmten Fällen (Hagen). ein reguläres Sinuskammerschlagverhältnis vorhanden sein kann sind doch allgemein solche Situationen für den Block absolut uncharakteristisch. Ein langdauerndes Fehlen jeglicher "Dissoziation" d. h: jeglicher Interferenz ist schon rein mathematisch fast unmöglich: Zieht man die Experimente Bethes am Glimmlampenkippschwingungsmodell zum Vergleich heran so wird eine solche Annahme überhaupt undenkbar. Wir erstrebten deshalb eine lange Frequenzkontrolle und schrieben nunmehr für die Dauer von etwa 5 Minuten ein synchrones Extremitäten-Ekg. Insgesamt wurden dabei 130 Kammerschläge von 1 74 Sekunden RR-Abstand im Mittel registriert. Hierbei zeigte sich die P-Zacke ständig vor dem Beginn des Kammerkomplexes in gleicher Richtung und gleichem Abstand von Beginn P bis Beginn QRS von 0 145 Sekunde. Die weiterhin aus diesem Ekg berechnete Pulszeitstreuung der Kammerschläge ist - gemessen an der Bradykardie für die sie sehr hoch sein müßte (Fleisch und Beckmann) - sehr klein; sie beträgt 4 54/100 Sekunden. Wir dürfen damit getrost von einer "Isorhythmie" der Kammern sprechen wenn auch Brauch eine solche (bei etwa normalem Frequenzbereich) erst unterhalb der Streugrenze von 3/100 Sekunden annimmt. Die Kammerautomatie zeigt ohne Vorliegen der sonst häufiger zu beobachtenden Extrasystolen (Edens) - eine solche "Isorhythmie" wie Brauchs und unsere eigenen (Jordan) Ergebnisse zeigen. Brauch definiert gerade die Isorhythmie überhaupt als "gewissermaßen eine Blockierung gegenüber extrakardial zugeleiteten Impulsen einen Zustand den man als supra- (oder extra-) kardiale Blockierung beschreiben könnte". Mit dem Befund dieser Isorhythmie war demnach die Frage der Kammerautomatie unseres Falles wieder in den Vordergrund gerückt. Diese "regulatorische Aktionsstarre" (W. R. Hess) veranlaßte zu weiteren Fahndungen. Zunächst sollte das Ösophagus-Ekg weiterhelfen. Diese - leider technisch nicht ganz einwandfreien - Kurven ergaben aber doch eine deutliche Vorhofserregung wiederum etwa 0 15 Sekunde vor der Kammerhauptschwankung gelegen; die RR-Abstände betrugen hier etwa 1 8 Sekunde (Schaltung dieser Ekg nach H. Franke; 8 und 14 cm oberhalb des Zwerchfelles nach Schaltung A und B). Die ferner über C1-6 (Wilson-Elektrode) abgenommenen Streifen ergeben sichtbare P-Zacken mit 0 145 Sekunden Abstand vor der Hauptschwankung nur über C1-3 nicht über C4-6; RR: Abstand hier nicht über 1 82 Sekunde. Am gleichen Tage sind in Ableitung I und II positive in Ableitung III negative P-Zacken 0 15 Sekunde vor QRS zu finden. Die nochmalige Kontrolle nach Schellong ergibt P mit 0 15 Sekunde vor den Kammerschwankungen die etwa 1 8 Sekunde auseinanderliegen. Bei der Ableitung nach Zarday tritt plötzlich eine gut sichtbare P-Zacke auf die positiv spitz negativ oder auch gar nicht erscheint und wiederum 0 15 Sekunde vor den Kammerhauptschwankungen liegt. Hier interessiert nun die Frage: ist dann wenn im Ekg keine Vorhofszacken erscheinen der Vorhof inaktiv oder ist das Fehlen der P-Zacken projektionsbedingt? Fehlen doch die P-Zacken über C4-6 während sie über C1-3 nachweisbar sind! Wir schrieben nunmehr in Ruhe und nach Belastung ein Ekg mit 3 Ableitungen Karotispuls und Herzschall synchron. Die Ergebnisse in Ruhe sind: RR-Abstand 1 845 Sekunde elektrische Systolendauer 0 475 Sekunde mechanische Systolendauer 0 475 Sekunde Austreibungszeit 0 385 Sekunde Anspannungszeit 0 09 Sekunde (Bestimmung nach Blumberger) der Blumbergersche Quotient beträgt 4 28. Es fällt bei dem sonst normalen Schallbild auf daß dann wenn eine P-Zacke im Extremitäten-Ekg sichtbar wird das Vorsegment des 1.Tones stärker ausgeprägt ist. P liegt wenn vorhanden 0 14-15 Sekunden vor Q. Die bei sehr weicher Membranspannung der Pulskapsel aufgenommene Karotispulskurve zeigt beim Auftreten der P-Zacken eine kleine aber deutliche Vorwelle vor dem Anstieg der Karotiskurve die bei fehlenden P-Zacken nicht in Erscheinung tritt. Das erwähnte deutliche Vorsegment entsteht fast gleichzeitig mit dem ansteigenden Schenkel von R. Ein Vorhofston liegt also nicht vor. Nach Weber setzt nun das Vorsegment gleichzeitig mit der Anspannungszeit (- abzüglich der "elektropressorischen Latenz" von Cerletti und Weissel? -) ein. Man könnte sich vorstellen daß durch die Vorhofsaktion tritt sie einmal ein eine stärkere Reflexionsschwingung des Blutstromes mit ihrer mechanischen Auswirkung auf die Zipfelklappen (Weber) vor der eigentlichen Ventrikel in der Kammer nach sich zieht. Vielleicht läßt sich das Auftreten des Vorsegments beim Vorhandensein der P-Zacken so erklären. Kalkuliert man nun die Verspätungszeit ein die für die Karotispulswelle gilt (nach dem Schultzeschen Verfahren die Zeitdifferenz zwischen Beginn des 2.Tones und Inzisur der Karotiskurve) so rückt die beschriebene Vorwelle in der Karotispulskurve genau an das Ende von P und könnte somit einer "Vorhofswelle" entsprechen. Sind diese Argumente auch nicht absolut stichhaltig so geben sie uns doch den Anstoß im vorliegenden Falle bei nicht vorhandenen P-Zacken auch realiter das Fehlen einer Vorhofskontraktion anzunehmen. Nach der Belastung (15 Kniebeugen) wird folgendes beobachtet: Hämodynamisch und elektrokardiographisch sind keine veränderten Verhältnisse zu beobachten dagegen vergrößern sich die RR-Abstände. Dabei bleiben diesmal die P-Zacken r e g e l m ä ß i g 0 15 Sekunde vor den Kammerhauptschwankungen sichtbar in Ableitung I positiv Ableitung II isoelektrisch Ableitung III negativ. Die RR-Abstände (Mittelwerte) ändern sich wie folgt: 10 Minuten nach Belastung 1 82 Sekunde 30 Minuten nach Belastung 1 84 Sekunde 50 Minuten nach Belastung 1 78 Sekunde 60 Minuten nach Belastung 1 90 Sekunde. Es werden stärkere Streuungen der Pulsperiodendauer bemerkbar als oben angegeben: Das P erscheint bis 60 Minuten nach der Belastung mit Regelmäßigkeit. Dieser jetzt fehlende Frequenzzuwachs nach Arbeitsbelastung steht auffällig gegenüber den bisher bei Belastung erhobenen Befunden. Ist er ein Charakteristikum für die Annahme einer Automatie ? Die vegetative Steuerung der Periodik des Herzschlages schien uns nunmehr mit einer Atropinbelastung näher deutbar. Pat: erhielt 0 001g Atropin. sulfur. abkutan injiziert. Sofort nach der Injektion betrug der mittlere RR=Abstand 1 86 Sekunden. Dabei sind die P-Zacken noch stellenweise in bisher beobachtetem Abstand sichtbar: Es erfolgte nunmehr eine Belastung mit 14 Kniebeugen. Danach änderte sich die Pulsperiodendauer (Mittelwerte) wie folgt: 1 Minute nach Atropin 1 31 Sekunde 2 Minuten nach Atropin 1 16 Sekunde 5 Minuten nach Atropin 1 03 Sekunde 10 Minuten nach Atropin 1 05 Sekunde 20 Minuten nach Atropin 1 09 Sekunde 30 Minuten nach Atropin 0 98 Sekunde. 2 Minuten nach Atropin wird P noch einmal sichtbar dann bleibt es für immer verschwunden. Dabei wird TIII allmählich negativ. Eine absolute Isorhythmie tritt auf. Wir stellen also fest: Atropin steigert die Herzfrequenz nach Belastung in unserem Fall fast um das Doppelte und setzt eine sehr auffällige Isorhythmie. Unter Atropin verschwinden ferner die Vorhofszacken. Im Zusammenhang mit den vorherigen Überlegungen die sich aus dem Schall- und Puls-Ekg ergaben müßten wir nunmehr folgern daß das Atropin einen Verlust der Vorhofserregung verursacht. Leider wurden für diesen Atropinversuch keine synchronen Schall-Puls-Ableitungen angefertigt die auch aus technischen Gründen nicht nachgeholt werden konnten. Darauf wird weiter unten noch einmal kurz einzugehen sein. Zu diesem Atropinversuch ist folgendes zu bemerken: Die Auslösung einer stärkeren Isorhythmie nach Atropin ist von Brauch nach großen Dosen beobachtet worden; Fleisch und Beckmann erzielten jedoch (bei normalen Versuchspersonen!) mit großen Atropindosen (1 0 mg) eine Dispersionsverminderung während kleine Dosen eine Dispersionsvergrößerung erzeugten. Brauch hat Ergebnisse mit 0 5 mg Atropin mitgeteilt; vielleicht kehren sich bei kleineren Dosen die Wirkungseffekte um wie überhaupt die Wirksamkeit vegetativer Pharmaka von der Dosisfrage abhängig ist. Atropin schaltet normalerweise den negativ-dromotropen Vaguseinfluß aus und muß also Leitungsstörungen beseitigen können (Brugsch). Gegebenenfalls verschlechtert es aber auch die Reizleitungsstörungen beim Herzblock wie Edens und Weese mitteilen. Dies erklärt auch z.B. den therapeutischen Mißerfolg den Tourniaire und Bret seinerzeit am digitalisvergifteten Herzen beobachteten. Nach Edens vermag Atropin die Frequenz der automativen Zentren erheblich zu steigern. Andere Mittel wie Suprarenin oder Barium (Rothberger) mit positiv- dromotroper Reizwirkung haben wir nicht untersucht. Die experimentellen Beobachtungen von Egmonds am Hundeherzen sprechen nun dem Atropin einen frequenzsteigernden Einfluß auf die vollständig blockierte Kammer ab zeigen aber daß ein günstiger Einfluß auf die atrioventrikuläre Reizleitung mit Steigerung der Kammerschlagzahl einsetzt. Gilchrist konnte in solchen Fällen eine Zunahme von 2-47 Schlägen/min feststellen. Die o. a. Angabe Edens bezieht sich auf den Knotenrhythmus auf den also Atropin frequenzsteigernd wirkt. Nach Eckl kann Atropin einen Nodalrhythmus selbst erzeugen aber auch beseitigen (Carr). Die Diskussion eines Knotenrhythmus liegt also in unserem Falle nahe. Wir wissen daß der AV-Knoten nicht als einheitliches Automatiezentrum anzusehen ist wie schon Ganter und Zahn 1912 feststellten. Einen AV-Rhythmus oder eine "reine" (Edens) ventrikuläre Automatie nur nach dem Grad der Bradykardie zu differenzieren ist nicht verläßlich wie die Beobachtungen erwiesen haben (Brugsch Edens Winterberg). Es gibt wenn auch seltener stark bradykarde Nodalrhythmen - in einem Fall von Edens mit 25 Schlägen/min. Dagegen ist die Deformierung der Ventrikelkomplexe im Ekg ein Kriterium für tiefer sitzende Antomatievorgänge. Die völlig normalen Kammerkomplexe lassen den höheren Sitz der Automatie vermuten jedenfalls oberhalb des Hisschen Bündels (Winterberg Edens). Die älteren Beobachter (Cowan Flemming und Kennedy 1912) fordern für die Diagnose des Knotenrhythmus allerdings ein Vorhof-Kammerintervall von höchstens 0 1 Sekunde. Allerdings waren wohl seinerzeit die Vorstellungen über den Nodalrhythmus und dessen begriffliche Determinierung noch nicht ganz geklärt wie man den Darlegungen des Pathologen Mönckeberg entnehmen darf. Sicherlich ist aber ein Nodalrhythmus auch bei einem Zeitabstand von 0 15 Sekunde zwischen der P-Zacke und dem Kammerkomplex möglich. Bei einer solchen zeitlichen Differenz ist aber andererseits im klinischen Bild keine Vorhofspfropfung zu erwarten. Für Fälle mit sehr langsamer AV-Schlagfolge machte schon Frey myokarditische Veränderungen wahrscheinlich. Cowan Flemming und Kennedy haben wie Mönckeberg entzündlich Veränderungen des AV-Knotens selbst nachgewiesen. Die abschließende Betrachtung des Falles führt uns also zu der Meinung daß hier ein extrem langsamer permanenter Knotenrhythmus vorliegt. Das inzwischen eingetroffene Ekg des Pat. vom 8.4.und 8.7.1952 zeigt nun auch neben der bradykarden Frequenz (RR=1 76 bzw.1 80 Sekunde) unregelmäßig ausgeformte P-Zacken teils positiv teils negativ in und hinter dem QRS-Komplex. P liegt nur ein einziges Mal mit 0 14 Sekunde vor dem Kammerkomplex. Die Myokarditis - eine solche muß man im Zuge der Grippe des Pat. annehmen - hat also zunächst zu einem Ausfall der Sinusreize zum Zusammenbruch der Sinuserregung bzw. der Sinusvorhofleitung geführt. Lebensrettend sprang die atrioventrikuläre Automatie ein deren Ursprungsort innerhalb des Knotens offenbar wechselte. Ein solches Wechseln ist an sich bei der uneinheitlichen Situation des Knotenzentrums verständlich möglicherweise ist auch der Ablauf der Myokarditis selbst daran beteiligt. Ist nun die Einschränkung der Leistungsbreite des automativen Herzens infolge des normalen Minuten- aber stark gesteigerten Schlagvolumens (Lundsgaard) mit nachfolgender Hypertrophie plus Dilatation evident (Stollreiter) so liegt in unserem Falle noch eine Komplikation darin daß die Frage der Vorhofsaktion noch offenbleibt. Wir müssen nach unseren Befunden annehmen daß die Vorhöfe zeitweise nicht arbeiten. Dafür spräche auch die Beobachtung daß einmal nach Belastung die P-Zacken im Ekg verschwanden - möglicherweise ein Ausdruck der geschädigten Rückleitung des automativen Reizes in die Vorhöfe die nach Belastung (hypoxämisch? - Pat. zeigte eine deutliche Dyspnose bereits nach 15 Kniebeugen!) eintritt. Zur Entscheidung dieser prognostisch und gutachterlich wichtigen Frage bleibt aber zu bedenken; daß nach Belastung oder auch nach Atropin die P-Zacke in die Kammerkomplexe verlagert sein kann und sich die Vorhofsaktion somit dem Beobachter des Ekg entzieht Außerdem ergaben sich im Belastungs-Ekg gemessen an der Anspannungs- und Austreibungszeit k e i n e wesentlichen Änderungen gegenüber den Ruheverhältnissen: Wir möchten uns also hinsichtlich der Hämodynamik von Vorhof und Kammer nicht entscheiden. Weitere Pulsaufnahmen die aus technischen und zeitlichen Gründen während des Kuraufenthaltes nicht durchführbar waren müßten hier weiter klären. Rechnet man aber mit dem wirklichen Ausfall der Vorhöfe so wäre dem Atropin vielleicht noch eine Hemmung der Reizrückleitung auf die Vorhöfe zuzuschreiben. Zusammenfassung. Es werden differentialdiagnostische Erwägungen in einem Fall von stark bradykardem Atrioventrikularrhythmus im Rahmen einer kasuistischen Mitteilung beschrieben die sich aus der Besonderheit der einzelnen Untersuchungsbefunde ergeben. Literatur Bethe A. Pflügers Arch. 244 1 (1940). Blumberger K. J. Erg. inn. Med. 62; 424(1942). Bohnenkamp H. Der Kreislauf in: Lehrbuch spez. Pathol. und Physiol. Fischer Jena 1951. Brauch Fr. u. K. Pressler Dtsch. Arch. klin. Med 198 588 (l951). Brugsch Th. Lehrbuch für Herz- und Gefäßkrankheiten. Hirzel Leipzig 1947. Carr F. B. Axner. Heart J. 7 668 (1932). Cerletti A. u. W. Weissel Helvet. Physiol: Acta 8 C 14 (1950). Cowan I. G. B. Flemming u. A. M. Kennedy Lancet 182 277 (1912). Eckl zit. nach Edens und Weese. Edens E. Die Krankheiten des Herzens und der Gefäße J. 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Keyword(s): Herz-Kreislauf Herz bradykardem Atrioventrikularrhythmus


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