Kommentar zum Beitrag "Neue Forschungsergebnisse und Überlegungen im Umgang mit Wachkoma-Patienten" von A. Zieger Rehabilitation 37 (1998) 167-176 |
Journal/Book: Rehabilitation 39 (2000) 49. 2000;
Abstract: PD Dr. med. Thomas. W. Kallert Dresden Der Autor behandelt eine Thematik die seit Jahren nicht zuletzt deshalb versorgungspolitische Brisanz besitzt weil bislang keine allgemein akzeptierte fachlichen Richtlinien für die Behandlung schwerst hirnverletzter Patienten etabliert werden konnten. Als erster Schritt einer nötigen Konsensbildung muß eine klare Beschreibung und Begriffsbestimmung des klinischen Zustandsbildes angesehen werden (Kallert 1994). Eine solche liegt dem zu diskutierenden Artikel leider nicht zugrunde vielmehr werden die Termini "apallisches Syndrom" und "Wachkoma" wobei letzterer den Eindruck höherer Reversibilität erweckt als Synonyma verwendet. Ob der verwendete Begriff des Wachkomas den definitorischen Festlegungen von Gerstenbrand (1967) oder den operationalisierten diagnostischen Kriterien der American Medical Association (1990) der American Academy of Neurology (1989) des American Neurological Association Committee on Ethical Affairs (1993) oder denen einer anderen Taxonomie folgt bleibt unklar. Außer acht gelassen wird zudem eine Diskussion des neurologischen Koma-Begriffs (De Giorgio u. Lew 1991 Rappaport et al.1992) bzw. eine Abgrenzung hiervon. - Diese fehlende klare Festlegung des (hier mit dem Wachkoma-Begriff bezeichneten) klinischen Zustandsbildes macht insbesondere die demonstrierten Befunde in den Abbildungen schwer zuordenbar. Hier handelt es sich offenbar - vom Autor selbst so bezeichnet - um Koma- und eben nicht um sogenannte Wachkoma-Patienten. Als letztlich unwissenschaftlich muß die Vermischung berichteter empirischer Ergebnisse und einer ethisch-philosophischen Diskussionsebene bezeichnet werden zumal sie - wie aufgezeigt - auf einer ungesicherten deskriptorisch-definitorischen Basis erfolgt was - zumindest für den Leser - die Gefahr einer Fehleinschätzung der Bedeutsamkeit von Befunden impliziert. Von dieser Kritik völlig unberührt sollen die Erfolge der neurologischen Rehabilitation für die Therapie schwerst Schädel- und Hirnverletzter als unstrittig und eminent herausgestellt werden. Zu unterstreichen ist daß zumindest in der Bundesrepublik Deutschland im letzten Jahrzehnt ein entscheidender Anstoß für die Verbesserung der Versorgungspraxis von einer - zum Teil durch persönliche Betroffenheit getragenen - politischen Ebene ausgegangen ist. In Kenntnis dieser Entwicklung scheint es um so nötiger und für die Glaubwürdigkeit aller Anstrengungen zuträglicher Fachliches nicht mit ethisch motiviertem Versorgungspolitischem zu vermischen was für Publikationen zu dem Thema bedeutet Referenzdaten (i. e. das definitorische Bezugssystem in allen Einzelheiten für jede in der Literatur vorgestellte Untersuchungsgruppe) offen zu legen um transparente Vergleichbarkeit herzustellen. ... wt
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