G. Nissen zum Thema: Delinquenz bei Kindern und Jugendlichen |
Journal/Book: Münch. med. Wschr. 141 (1999) Nr. 16; S. 201/25 - 26/ 202. 1999;
Abstract: Univ.-Prof. em. Dr. med. Nissen G.; Würzburg Die Statistik ist eindeutig: Die Delinquenz bei Kindern und die Kriminalität bei Jugendlichen in Deutschland nimmt zu. Bei Kindern zeigt die Polizeiliche Kriminalstatistik 1997 im Vergleich zum Vorjahr eine Zunahme um 10 1%. Von den Jugendlichen von 14 bis 18 Jahren wurden 1996 wegen Straftaten 27% mehr als 1991 verurteilt. Dabei ist jedoch zu berücksichtigen daß es sich bei dieser Statistik um eine Anzeigenstatistik handelt d. h. es werden nur solche Taten erfaßt die bei der Polizei gemeldet werden. Als Kinderdelinquenz wird ein sozial abweichendes Verhalten von Kindern vor dem 14. Lebensjahr bezeichnet. Kinder dieser Altersgruppe gelten seit dem Jugendgerichtsgesetz von 1923 als nicht schuldfähig und damit strafrechtlich als nicht kriminell. Dennoch stellt die Kinderdelinquenz ein sehr ernst zu nehmendes Problem dar vor allem als mögliche Vorstufe einer späteren Kriminalität. Delinquentes Verhalten von Kindern ereignet sich vorwiegend in Gruppen und überwiegend in Großstädten; Einzeltäter sind eher selten. Delinquenz beginnt oft mit Schulschwänzen Ladendiebstählen aggressiven Handlungen (z. B. gewaltsames Wegnehmen von Designer-Kleidungsstücken) oder schwereren körperlichen Auseinandersetzungen mit anderen Kindern. In den letzten Jahren wird ein starkes Ansteigen zunehmend brutalerer Handlungen von Kindern und Jugendlichen beobachtet. Für Raub und Erpressungen werden vermehrt Schlag- oder Stichwaffen eingesetzt. Die Hemmschwelle zu solchen gewalttätigen Handlungen und das Mitgefühl für die Opfer ist anscheinend geringer geworden. Die Familie - der stärkste Präventiv - wie auch der stärkste Risikofaktor Ebenso wie bei vielen anderen psychischen werden auch bei dissozialen Störungen motivierende Anlässe und Auslöser sehr häufig mit den ihnen zugrundeliegenden Ursachen verwechselt. Im Hinblick auf Delinquenz und Kriminalität bei Kindern und Jugendlichen heißt das daß motivierende Anlässe nur insoweit für die Begehung einer Tat bedeutsam sind als eine "innere Bereitschaft" eine zum Tatzeitpunkt bestehende Persönlichkeitsentwicklungsstörung vorliegt. Es gibt zahlreiche Studien die zum Verständnis delinquenten und kriminellen Verhaltens in dieser Altersgruppe beigetragen haben. So wird Stehlen als ein Sport eine Mutprobe angesehen die zur Erlangung eines sozialen Gruppenstatus zur Überwindung von Langeweile und innerer Leere beitragen solle. Die durch die Medienwerbung hervorgerufene frühe Fixierung auf Markenartikel führe besonders bei Kindern benachteiligter Gesellschaftsschichten zum "Abzocken" zum Wegnehmen von Luxusartikeln. ... ab
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